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Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schattenreiter
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und Maßstab, sich gegen seinen eigenen Vater aufzulehnen, als alles,
was Fürst Emelin den Regeln entsprechend auf der Lichtung getan hatte.
Agion hat den jungen Angriff auf dem ganzen Rückweg
nach Schloß Feuerklinge gehänselt. Er rief ihn ›Treiber‹ und
›Spürhund‹ und ›Alan‹, als ob der Junge bei der ganzen
Jagd nur das Tier aufgespürt hätte. Angriff kochte fast über, aber er schwieg immer noch. Doch ich wußte, daß die
Sache noch nicht ausgestanden war.
Es geschah beim Bankett am Abend zu Ehren von Fürst
Emelin. Alle führenden Familien waren da – die Merkenins, die Jeoffreys, die Celestes –, und es ging um Jagd und
Zeremonien.
Nachdem das Essen aufgetragen war und die Gäste dem
Essen und dem Wein kräftig zugesprochen hatten, ging
Angriff zu seinem Vater. Agion, der links neben Fürst Emelin saß, rümpfte die Nase, als er kam, und sagte viel zu laut:
›Da kommt der Junge, der um seinen Hundeanteil betteln
will.‹«
Sturm hielt den Atem an. Wenn man bei der Jagd ein Tier
abgezogen und zerlegt hatte, überließ man die Eingeweide
und Hufe den Hunden. Agions Worte waren nicht nur beleidigend, sondern schon grausam.
»Emelin drehte sich zu Agion um und sagte etwas in
scharfem Ton, aber man konnte nichts verstehen«, erzählte
Bonifaz, »doch Angriff schien den dicken Flegel nicht zu
beachten. Er stand schweigend vor seinem Vater, bis Fürst
Emelin von dem Streit mit seinem Cousin aufblickte. Dann
fing Angriff an. Seine Rede war sanft und milde und genauestens durchdacht, aber noch nie zuvor oder seither
sind in Schloß Feuerklinge solche Worte gesprochen worden.
›Mein Fürst und Vater weiß‹, sagte er, ›daß Maßstab und
wahre Gerechtigkeit manchmal nicht übereinstimmen. Er
weiß auch, daß – trotz Schwert und Gnadenstoß – mein
Speer Fürst Tück den tödlichen Stoß versetzt hat.‹
Das klang gestelzt und künstlich, aber man hatte ihn verstanden. Ein Murmeln ging durch den Raum, bis Fürst Emelin verärgert aufstand.
›Willst du damit sagen, Angriff‹, fragte er, ›daß dein Vater… daß ich… dir die Trophäe gestohlen hätte?‹
›Gestohlen würde ich es nicht nennen‹, entgegnete Angriff, dessen eigener Ärger durch die ruhige Höflichkeit
hervorbrach. ›Eher erobert.‹
Da holte Fürst Emelin aus und schlug seinen Sohn ins
Gesicht.«
»Schlug ihn ins Gesicht?« fragte Sturm, dessen Stimme
sich vor Empörung erhob. »Vor seinen Freunden bei einem
offiziellen Bankett? Aber… es gibt kein… keine…«
»Keine Antwort auf so eine Demütigung«, erwiderte Bonifaz ruhig. »Anscheinend nicht. Aber Emelin hatte alle
Grenzen überschritten, hatte den Grundsatz des Maßstabs
verletzt, denn ›obwohl die Ehre alle Gestalten und Formen
annehmen kann, muß der Vater seinen Sohn ehren wie der
Sohn den Vater.‹ Seinen Vater zurückzuschlagen, wäre undenkbar gewesen, genau wie jedes harte Wort angesichts
einer solchen Beleidigung. Aber er konnte auch nicht stehenbleiben und den Schlag hinnehmen, ohne seine Mannesehre zu verlieren.
Emelin wurde sofort rot vor Scham. Er wußte, daß er zu
weit gegangen war, aber er konnte den Schlag nicht zurücknehmen. Anscheinend gab es für Angriff keinen Ausweg. Aber hör zu.
Weiß vor Wut stand er vor seinem Vater. Der knallrote
Abdruck von der Hand des alten Emelin war noch in seinem glatten Gesicht zu sehen. Da drehte Angriff sich um
und schlug Agion gezielt aufs Nasenbein.
Es gab ein Geräusch, als wenn ein dicker Ast im Sturm
bricht. Agion fiel schwer hintenüber und knallte auf den
Boden, wo er eine gute halbe Stunde bewußtlos liegenblieb.
Als er aufwachte, brabbelte er etwas über Socken und Rhabarberkuchen.«
»Mein Vater hat Agion geschlagen?« rief Sturm erstaunt
und entzückt aus. »Aber wieso? Und… und…«
»Hör zu«, sagte Bonifaz lächelnd. »Denn jetzt kommt,
was dein Vater gesagt hat: ›Zeig das meinem Vater, wenn
ihr euch mal wieder prügelt. Es war mein Treffer auf ihn,
so wie er Fürst Tück getroffen hat.‹«
Sturm schüttelte bewundernd den Kopf. »Wie ist er darauf bloß gekommen, Fürst Bonifaz? Wie ist er darauf bloß
gekommen?«
Bonifaz machte den Beutel zu seinen Füßen auf und zog
langsam den Brustharnisch und den Schild heraus. »So hat
er eben gedacht, Sturm. Er hat auch daran gedacht, das hier
bei mir zu lassen… damit ich es zu gegebener Zeit an dich
weitergebe.«
Atemlos griff Sturm nach dem Schild.
»Der Eid verpflichtet mich, dir das hier zu geben«, erklärte

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