Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams
war weder als geduldig, noch als sanft verschrien. Als
Sohn von Bayard Blitzklinge und Lady Enid di Caela, war
Fürst Emelin so hart wie ein Blitzklinge und so, hm, hochnäsig? oder stur? wie ein di Caela.«
Sturm schaute finster drein. Er konnte sich nicht an seinen Großvater Emelin erinnern, aber so kritische Worte
gefielen ihm nicht. Aber Bonifaz war es offenbar gewohnt,
seine Meinung über die Blitzklinges frei herauszusagen.
Der ältere Ritter fuhr fort, die Augen auf das Schwert in
seinem Schoß geheftet. »Nun, das war nie die einfachste
Familie. Angriff fürchtete seinen Vater genausosehr, wie er
ihn respektierte, und in den schwierigen Jahren des Heranwachsens hielt er sich bei formellen Anlässen vom alten
Emelin fern und begegnete ihm lieber auf der Jagd. Denn
dort waren sie gewöhnlich ein Herz und eine Seele, wie es
bei Vätern und Söhnen sein soll.«
Bonifaz streckte sich rücklings auf dem schmalen Bett
aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
»Gewöhnlich«, wiederholte Sturm.
»Ich erinnere mich an diese Jagden«, fuhr Bonifaz fort.
»An den Geruch des Holzrauchs an kalten Morgen wie
heute, wenn wir dem Keiler nachsetzten. Am besten erinnere ich mich an den Winter mit Fürst Tück.«
»Fürst Tück, Sir?« fragte Sturm. Trotz seiner Vorliebe für
solamnische Geschichten und Legenden fiel ihm kein Ritter
namens Tück ein.
Bonifaz schnaubte. »Ein Keiler. Tück war ein Keiler mit
langen Stoßzähnen, der in jenem Winter dreihundertsiebzehn selbst den Besten entwischte. Dein Vater und ich waren siebzehn und für alles gerüstet – bis auf dieses Schwein.
Fürst Tück entkam uns in den Bergen, in den Hügeln und
in den schneebedeckten Ebenen, wo man die Spuren tagelang verfolgen konnte.
Das Julfest verstrich, ohne daß wir ihn erlegten. Erst im
tiefsten Winter konnten wir ihn zur Strecke bringen, nicht
weit von hier, in den Flügeln des Habbakuk. Ich erinnere
mich gut an den Tag. Die Jagd. Wie wir ihn erlegten. Aber
am besten daran war, was hinterher geschah.«
Sturm legte vorsichtig die Beinschienen ab, ohne den alten Freund seines Vaters aus den Augen zu lassen. Bonifaz
schloß die Augen und schwieg so lange, daß Sturm schon
fürchtete, der Ritter wäre eingeschlafen. Aber dann erzählte
Fürst Bonifaz, und Sturm ging ganz in der Geschichte auf.
Sie spielte fünfundzwanzig Jahre früher, weit im Süden des
Turms.
»Fürst Agion Pfadwächter führte uns in die Hügel. Dein
Cousin. Der stämmigste Pfadwächter, der je diesem jetzt
erloschenen Geschlecht entwachsen ist. War nach einem
Zentaurenfreund seines exzentrischen Vaters benannt, dieser Agion. Bester Freund deines Großvaters und ein großer
Raufbold, und wie oft haben die beiden gerauft, sich
gründlich verprügelt und einander die Freundschaft aufgekündigt. Wie sein Namenspatron wirkte Agion, ein breiter Mann, im Sattel wie ein halbes Pferd, wenn er wie der
Südwind über die Hänge der Flügel brauste.
Wir hatten die Spur gleich nach der Morgendämmerung
aufgenommen, nachdem die breitnackigen Alanhunde, unsere besten Jagdhunde, schon allein beim Geruch von Tück
aufgejault hatten. Sie rannten durch die Felsen wie Wasser,
das bergauf schäumt, fächerten sich weit auf und kamen
wieder zusammen, bis sie durch einen engen Paß in ein
struppiges Ewigkeitsbaumwäldchen hetzten, wo der Keiler
wartete. Die Jäger konnten die Meute kaum bändigen. Sie
kläfften und bellten und jagten immer um dieses kleine
Dickicht herum. Tück war da drin, das wußte jeder, aber
wir, hm, hielten uns alle zurück damit, als erster hineinzugehen, um ihn zu begrüßen.«
Sturm nickte und schüttelte sich leicht, denn er hatte letzten Herbst selbst seine erste Wildschweinjagd überstanden.
»Schließlich saßen vier von uns ab und betraten das Dickicht zu Fuß: Agion, Emelin, dein Vater und ich. Angriff
und ich waren mehr oder weniger als Knappen dabei. Wir
sollten die Speere tragen und die Stellung halten und still
sein. Aber Angriff war eben anders. Als Agion durch das
Unterholz brach und den Keiler aus seinem Versteck jagte,
ging dein Vater wie ein Panther auf das Tier los, schnell
und bedrohlich, und traf das Biest nicht nur einmal, sondern gleich dreimal mit seinen Speeren. Tück war alt und
hatte eine dicke Schwarte, und die Würfe deines Vaters
waren die eines jungen Mannes – schnell und gezielt, aber
ohne die Kraft, die Knorpel und Knochen zu durchbohren.«
»Er hat den Keiler also nur gereizt«, stellte
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