Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
und flüsterte:
»Deine größte Gefahr ist immer bei dir.«Jack Derry ritt
um dichte Dornenranken herum, bis er einen Durchgang
fand, und führte die Gruppe auf einen neuen Pfad. Inzwischen brach im Wald der Morgen an, und einzelne Sonnenstrahlen erhellten die Schatten und machten das blasse,
vielfarbige Grün des Waldbodens sichtbar. Sie fanden einen kleinen Teich, an dem sie abstiegen, um die Pferde zu
tränken.
Mara gab schläfrig auf Cyren acht, der in einer etwas entfernten Erle angefangen hatte, sich ein Netz zu spinnen.
Seit sie Dun Ringberg verlassen hatte, hatte die Spinne sicherer, ja, fast mutig gewirkt. Sie schlich nicht mehr halb
versteckt von Blatt und Zweig hinter den dreien her, sondern lief wacker neben Luin, wobei sie glücklich und geheimnisvoll vor sich hin knurrte.
Irgendwo im Westen hörten sie in der Ferne Hunde bellen.
Sturm kniete sich neben Jack Derry, und die zwei beugten sich über das Wasser und tranken durstig. Plötzlich sah
Sturm ihr Spiegelbild, wie sie Seite an Seite von einem Blätterdach umrahmt wurden.
Wieder sah er eine verblüffende Ähnlichkeit, warf aber
schnell einen Stein in den Teich.
Jack sah ihn an. Ihm tropfte noch das Wasser vom Kinn.
Mit fröhlichem, offenem Blick sah er Sturm an, und wieder
machte sich dieses geheimnisvolle Lächeln auf seinem Gesicht breit.
»Das Hundegebell kommt von einer Jagd, die von der
Nähe her von Dun Ringberg ausgehen müßte. Ich nehme
an, die alte Ragnell hat jetzt Wind davon bekommen, daß
du fort bist, und soweit ich sie kenne, läßt sie nach dir suchen.«
»Was können wir machen, Jack?« fragte Sturm. Alle solamnische Großspurigkeit war aus seiner Stimme gewichen.
Jack sah ihn nachdenklich an. Er nickte.
»Ich nehme an, ich kann… mich ein bißchen um den
Westrand kümmern, Sturm Feuerklinge«, sagte er geheimnisvoll. »Ich kann unsere Spuren mit Zweigen verwischen
und mit Rosenwasser und Schnaps die Fährte verdecken.
Damit kann ich eine Stunde gewinnen. Vielleicht zwei
Stunden oder sogar bis zum Mittag, ehe die Hunde deine
Witterung wieder aufnehmen.«
Er blinzelte hinter ihnen in den Wald.
»Nutze die Zeit klug«, flüsterte er.
Sturm nickte dankbar und bückte sich, um noch etwas zu
trinken. Als er aufsah, war Jack Derry verschwunden. Der
Wald hatte den wilden Burschen bereitwillig verschluckt.
Weder Zweig noch Blatt noch Grashalm regten sich, um
ahnen zu lassen, in welche Richtung er aufgebrochen war.
Sturm stand auf und winkte Mara zu.
»Wir sollten lieber weiterziehen«, drängte er, hob die Elfe
in den Sattel und stieg hinter ihr auf. »Bis ins Herz des
Waldes ist es gewiß noch ein ganzes Stück, und Jacks Worten nach ist uns halb Dun Ringberg auf den Fersen…«
Er schwieg, als auch jedes andere Geräusch auf der Lichtung verstummte. Das Vogelgezwitscher hörte auf, und der
Teich, in den die beiden geschaut hatten, sah plötzlich ruhig und klar aus. Sturm wagte nicht hochzuschauen. Er
suchte die Spiegelbilder auf der Wasseroberfläche ab, das
weite Blätternetz, das gefilterte Licht.
Drüben auf der anderen Seite des Teichs stand der
Baumhirte, der riesige Krieger, der schwer auf seinem gewaltigen Hengst thronte. Langsam und entschlossen hob er
seine Keule.
Kapitel 5
Kampf auf der Lichtung
Sturm nahm die Zügel, wendete Luin langsam und
schnalzte der verängstigten, kleinen Stute beruhigend zu.
Er lenkte sie am Ufer des Teiches entlang, um einen besseren Blick auf den Baumkrieger zu haben, doch seine Augen
wurden ständig zum Dickicht jenseits des Riesen hingezogen, wo er einen Pfad suchte, der um diese turmhohe Drohung herumführen konnte. Aber Cyren wählte den
schlimmsten Moment, um neuen Mut zu beweisen. Plötzlich steckten sie in einer dieser Situationen, in denen die
Ereignisse unwiderruflich außer Kontrolle geraten. Die
Spinne sprang mit einem schrillen Geheul aus dem Netz
und setzte über die Lichtung, ohne die zehn Augen von
dem unerschütterlichen Riesen zu lassen. Auf den Hinterbeinen stapfte Cyren mitten durch den Tümpel, während er
die Vorderbeine bei hochgebogenem Rücken drohend erhoben hatte.
Dann kletterte die Spinne das Ufer hoch und glitt wie eine Krabbe seitwärts auf den Riesenkrieger zu. Mara schrie
auf und trieb ihr Pony vor, doch Eichel stand felsenfest und
sicher am Ufer des Teichs. Der gewaltige Ritter machte
derweil nicht viel Federlesens, sondern hob seine Keule zu
einer furchtbaren, wilden Drohung. Mit einer schnellen,
wegwischenden Bewegung – so
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