Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
sich. »Du wirst mich nie besiegen, denn zu mir kommt das Schwert zu seinem letzten
Kampf.«
Grausam, fast höhnisch, stieß das Ding in die Mitte von
Sturms Schild mit seiner Keule und zwang ihn weiter
rückwärts. Sturms Knochen krachten, als es wieder und
wieder zustieß. Der rückwärts stolpernde Sturm merkte,
wie das Wasser schon bis zu seinen Knien reichte. Das Ding
redete, babbelte weiter auf ihn ein, doch die Worte und
schließlich auch die Silben gingen im Wasser und in Sturms
panischer Angst unter.
Mit zögerlichen, kurzen Bewegungen stieß der verschreckte Sturm mit dem Schwert zu. Der erste Stoß traf die
Rüstung des Monsters und prallte ab; den nächsten und
übernächsten parierte das Ding mit einem beiläufigen
Schlag seiner Keule.
»Löst du alles mit Schwert und Lanze?« höhnte das Eichenwesen, das die Keule über seinem Kopf schwang.
Sturm sah betäubt vor Furcht zu, wie die gewaltige Waffe
im Waldlicht verschwamm und mit dem Schwirren von
tausend Zikaden oder hunderttausend Bienen durch die
Luft sauste.
Verzweifelt krabbelte Sturm aus dem Wasser und stürmte wieder vor, diesmal noch waghalsiger und gegen alle
Regeln. Unter der wirbelnden Bewegung der Keule hindurch stach seine Klinge durch den Brustpanzer und ins
Herz des Baums. Sofort schrie das Wesen auf, als wäre es
getroffen. Sein Schrei klang wie brechende Äste, und die
Keule krachte blitzschnell auf das Armloch des Brustpanzers hinunter, traf heftig auf Muskeln, Fleisch und Knochen
und ließ Sturms Schwert ins Unterholz fliegen.
Ein greller Schmerz zog durch Sturms linken Arm, als
sich der schwarze Dorn in seine Schulter senkte, genau
dort, wo Vertumnus ihn zur Julzeit verwundet hatte. Er
unterdrückte einen Schrei, ließ seinen Schild fallen und jagte seinem Schwert nach, während die Keule des Eichenwesens hinter ihm auf den Boden krachte und die Erde
erbeben ließ. Von soviel Schrecken wachgerissen, ertönten
überall im Wald um sie herum das ohrenbetäubende
Schnattern der Eichhörnchen und die lauten, durchdringenden Schreie von Habicht und Eichelhäher.
Mit der rechten Hand umklammerte Sturm den Griff seiner Waffe und stellte sich wieder seinem Gegner. Auf der
schattigen Lichtung wirkte das Wesen fern und versteckt,
als hätte es den Wald aufgerufen, es zu umgeben. Auf
schwankenden Beinen, die linke Hand vor Schmerzen
nutzlos, seine Schulter von einem abgebrochenen, schwarzen Dorn geschwächt, hob Sturm sein Schwert und erwartete den Angriff seines Feindes.
Doch das Eichenwesen stand still. Regungslos hielt es
seine Waffe hoch. Plötzlich sah es aus wie eine riesige, vielarmige Spinne, deren dünne Glieder sich in der Windstille
jetzt nicht mehr regten. Verwirrt machte Sturm einen
Schritt auf das Ding zu, als der Lärm im Wald sich allmählich legte. Langsam erhob er sein Schwert, ohne die Krone
und die Blätter des Baums aus den Augen zu lassen. Noch
ein Schritt und noch einer…
Und die Wurzeln stießen durch die Erde nach oben,
wanden sich um seine Knöchel und hielten ihn fest. Dann
näherten sich langsam die Äste, während die trockenen
Blätter wie eine Todesrassel zitterten.
Sturm schlug mit dem Schwert nach den Wurzeln, doch
mit der rechten Hand war er unbeholfen und lange nicht so
stark. Wenn eine Wurzel zerriß, schoß eine neue an ihrer
Stelle hoch, und Sturms Schläge wurden schneller, hektischer und gefährlicher. Voller Panik hob er erneut sein
Schwert, blieb jedoch damit in den Ästen hängen, die sich
inzwischen über ihn gesenkt hatten. Er zog die Hand zurück, ließ das Schwert in den dicken, gedrehten Zweigen
hängen und zerrte, außer sich vor Angst, mit bloßen Händen an den ihn festhaltenden Wurzeln.
Gerade als die Zweige und Wurzeln ihn ganz bedecken
wollten, als ein grüner Zweig sich um seinen Hals schlang
und zuzog, griff Sturm verzweifelt nach dem Schwert über
sich. Er fühlte schon, wie ihm die Luft und das Leben abgedrückt wurden, als seine Hand den Handschutz erreichte, und mit der Stärke eines Ertrinkenden riß Sturm die
Waffe aus den Zweigen und stieß sie keuchend und schreiend bis ans Heft in das dunkle Herz des Baumhirten.
Das Wesen stieß einen trockenen, kratzenden Schrei aus,
und die Äste, die Sturm festhielten, zitterten einen Augenblick. Doch das Herz des Monsters war hohl und verfault,
so daß die Äste sich wieder enger zogen und mit erneuter,
verdoppelter Kraft Sturms Hals und Brust umschlangen.
Die Wunde in seiner Schulter pochte, sein Wille
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