Der Bund der Drachenlanze - 12 Tina Daniell
der Welt. »Raistlin war hier, aber er hat angeboten, meinen Platz als Opfer des Nachtmeisters einzunehmen. Ich glaube, sie sind da oben. Wir haben keine Zeit zu
verlieren.« Die Nacht brach herein. »Aber wie erreichen wir
rechtzeitig den Gipfel?«
Wolkenstürmer und die drei anderen Kyrie waren inzwischen gelandet. »Wir können im Nu hinauffliegen«, sagte
der Kyriekrieger.
Kit schien zu zweifeln. Tanis versicherte ihr, daß es möglich war.
»Sturm«, befahl Caramon, »such Flint und sag ihm und
den anderen, daß wir uns zurückziehen. Überlaßt die Minotauren der Armee der Tiere. Verschwindet aus der Ruinenstadt. Wir treffen uns am Lagerplatz von letzter Nacht.«
»Aber – «, protestierte der Solamnier.
»Keine Zeit. Wir haben nicht genug Kyrie, um alle hochzubringen«, warf Tanis ein, »und jemand muß Flint warnen.«
Sturm nickte und rannte davon.
Wolkenstürmer ergriff Caramon und hob ab. Vogelgeist
nahm Tanis. Die anderen beiden Kyrie folgten ihnen mit
Yuril und Kitiara.
Sie brausten hoch zum Dach der Welt.
Die wütende Schlacht ließen sie hinter sich. Heute nacht
würden der Landhai, das Hatori und die Roche sich sattfressen können.
Kapitel 8
Der Zauber für Sargonnas
Der Legende nach war das Dach der Welt während der
Umwälzung zum letzten Mal ausgebrochen. Der vulkanische Todesregen hatte die Stadt Karthay und ihre Bewohner völlig vernichtet. Karthay war seit dieser Zeit unbewohnt gewesen, bis der Nachtmeister und seine Jünger gekommen waren, um ihre geheimen Vorbereitungen zu treffen, damit Sargonnas in die Welt Einzug halten konnte.
Das Dach der Welt stand wie ein riesiger, zerklüfteter
Zahn am Rand der Stadt, wo der Berg eine ausgezeichnete
Barriere nach Norden und Westen darstellte. Seine Hänge
waren von tiefen Schluchten und undurchdringlichen Haufen erstarrter Lava durchzogen. Der Nachtmeister und seine Akolythen hatten Monate damit zugebracht, einen Pfad
zum Gipfel zu brechen, einem schwarzen, leblosen Krater.
Aus der Ferne sah es so aus, als wäre die Spitze des Berges abgeschnitten. Unzählige steile Glutkegel übersäten
den ungewöhnlich breiten Krater. Überall waren Zeichen
vulkanischer Aktivität zu sehen, einschließlich Basaltbrocken, Abdrücken von Baumstämmen und Riesenkreuzkraut, die von inzwischen erstarrter Lava umflossen worden waren. Geysire brodelten. Dampf- und Gasfontänen
zischten aus Bodenspalten empor.
Eine ovale Mulde im Krater war größer und lebhafter als
die übrigen. Das war das Herz des Vulkans, das von abgekühlter Lava überkrustet war. Sein Zentrum bestand aus
einem Felspfropf, der sich tief im Auslaß des Vulkans verhärtet hatte.
Der Nachtmeister glaubte, daß unter der ovalen Vertiefung der eigentliche Vulkankrater lag, dessen Ausbruch
dem Einbruch der Spitze ins Zentrum des Berges vorausgegangen war. Und unter dem ursprünglichen Krater wartete wiederum die Feuerfontäne, die die vulkanische Aktivität erneut entfachen konnte. Seit Wochen hatten die Gefolgsleute des Nachtmeisters zusammen mit den Minotaurentruppen daran gearbeitet, die Öffnung freizulegen.
Von seinem Lager an der aschebedeckten Terrasse der
einst großartigen Bibliothek der alten Stadt war der
Nachtmeister regelmäßig zu einem Bergplateau im Westen
von Karthay gewandert, um die Zeichen zu deuten. Der
Zauberspruch, der Sargonnas rief, würde hier gewirkt
werden, auf dem Gipfel und im Herzen des Vulkans.
Alles war vorbereitet. Die Akolythen und eine ausgewählte Anzahl Minotaurensoldaten lagerten seit Tagen auf
dem Gipfel, wo sie das benötigte Labor aufgebaut, die verschiedenen Zutaten – Talismane, Steine und tote Tiere –
aufgereiht und die Bücher und Spruchrollen bereitgelegt
hatten, die der Nachtmeister brauchen würde, um den
Zauber zu sprechen.
Nach langen, arbeitsreichen Stunden war jetzt die Spitze
des ursprünglichen Vulkans ausgegraben und der Mund
der Feuerfontäne freigelegt. Der Durchmesser der Öffnung
betrug rund ein Dutzend Fuß. Tief unten konnte man feurige, orangerote Lava blubbern und brodeln sehen.
Die Soldaten hatten am Rand der Öffnung ein Holzgerüst
gebaut. Ein Dutzend Stufen führten zu einer Plattform, von
der aus man die Feuerfontäne überblicken konnte.
Die Sterne standen beieinander. Der Tag wich der Nacht.
Alles war bereit, als der Nachtmeister und seine Gruppe
den Gipfel erklommen. In seinen zeremoniellen Pelzen und
Federn schritt der Nachtmeister mit klingenden Glöckchen
stolz auf die ovale Vertiefung zu,
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