Der Bund der Illusionisten 1
Gift immer verraten. Aber es versuchte ohnehin nie wieder jemand, mich zu vergiften; alles Essen, das mir gebracht wurde, war genau so, wie es hätte sein sollen.
Unglücklicherweise konnte ein Schutzzauber, der mit einem Schwert gezogen worden warâ so wie der, der mich gefangen hieltâ, nicht von der Person gebrochen werden, die das Ziel des Zaubers war. Die Tür zu meinem Zimmer blieb verschlossen. Alle anderen konnten nach Belieben kommen und gehen und durch sie hindurchgehen, aber wenn ich es versuchte, prallte ich gegen eine Barriere, die so fest war wie das Horn der Gorklaks.
Der erste Monat meiner Gefangenschaft verging, dann auch der zweite. Das Leben in mir wuchs weiter; ich spürte es, obwohl es noch zu früh war, richtige Bewegungen wahrnehmen zu können. Ich machte keine Anstalten, Temellin davon zu erzählen. Ich wollte den Magoroth keine Rechtfertigung geben, mich zu töten.
Temellin kam ohnehin nicht mehr wieder. Manchmal fragte ich mich, ob er wohl wusste, wie einsam es war, so eingesperrt zu sein, und wenn er es wusste, ob es ihn kümmerte. Ich sehnte mich danach, von ihm zu hörenâ ein Wort, irgendeinen Ausdruck der Besorgnis oder seines Interessesâ irgendetwas aber es verging ein Tag nach dem anderen, ohne dass etwas geschah. Wenn ich besonders deprimiert war, kam es mir so vor, als hätte die Welt da drauÃen meine Existenz vergessen, und ich wäre dazu verdammt, eine Art Randexistenz zu führen. Ich war jemand, der den Hauptstrom des Lebensâ jenen Bereich, wo Dinge geschahenâ nie betreten konnte und der daher nur halb am Leben war. Für jemanden, der einst die Macht geliebt hatte, der es einmal geliebt hatte, Dinge in Bewegung zu setzen, war das eine bittere, üble Situation.
Als schlieÃlich Caleh mich besuchte und aufmunternde Nachrichten von Brand mitbrachte, musste ich mir Mühe geben, vor Dankbarkeit über ihre Gegenwart nicht zu weinen. Allerdings fühlte sie sich trotz der Erlaubnis mich zu sehen ganz offensichtlich unbehaglich, als wäre sie unsicher, wie viel sie mir erzählen sollte. Brand ging es gut, sagte sie, und er bat mich, mir keine Sorgen um ihn zu machen; Temellin ging es auch gut, aber er geriet allmählich in den Ruf, immer häufiger schlechte Laune zu haben. » Er weià nicht, was er mit dir tun soll«, sagte sie weise, » und die Leute sagen, dass ihn der Gedanke an deine Gefangenschaft belastet. Oh, Magoria, Brand sagt, dass du Kardiastan wirklich dienen wolltest, und ich glaube ihm. Er ist zu klug, um sich täuschen zu lassen.« Sie schüttelte traurig den Kopf, als sie wieder ging, und sagte: » Ich weià nicht, wie das alles enden soll.«
Ich wusste es auch nicht.
Der einzige andere Mensch, mit dem ich regelmäÃig Kontakt hatte, war Reftim, der nur selten sprach. Er war höflich, und vielleicht war es auch eher mein Fehler, dass er so schweigsam war, denn wenn ich zuerst etwas sagte, antwortete er immer. Meistens allerdings wich er sogar meinem Blick aus, und ich vermuteteâ und hoffteâ, dass er sich wegen seiner Beteiligung an dem Versuch, mich zu vergiften, bitterlich schämte. Ich fragte mich manchmal, ob er absichtlich niemandem von meiner Bibliothek erzählt hatte, um es wiedergutzumachen; ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass Pinar, hätte sie davon gewusst, mir den Zugang zu all diesen Büchern gelassen hätte.
Eine andere Person, mit der ichâ wenn auch verborgenâ Kontakt hatte, war Garis. Nach den ersten zwei oder drei Tagen meiner Kerkerhaft lieà er mir durch Reftim einen Blumenstrauà schicken, was er danach alle paar Tage tat. Nie war eine Nachricht dabei, aber es berührte mich. Ich hoffte, es war ein Zeichen dafür, dass er nicht von meiner vollkommenen Niederträchtigkeit überzeugt war.
Zwei Tage nach Calehs Besuch bemerkte ich, dass Reftim aufgeregt war, und ich fragte ihn, was los sei. » So schlimm kann es doch sicher nicht sein, oder? Du siehst aus, als wenn dein Schwiegervater in dein Schlafzimmer geplatzt wäre!«
Er sah mich mit bekümmerten Augen an, die in seinem Clownsgesicht so gänzlich fehl am Platz wirkten. » Die Verheerung ist in die Stadt gekommen«, sagte er. » Sie hat während der Nacht mehrere Häuser im Süden verschluckt, einfach so.« Er schnippte mit den Fingern, als wollte er es näher verdeutlichen. » Vier Familien sind verschwunden.«
Ich
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