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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
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Häufigkeit der Gezeiten an der kardischen Küste im Verlauf des gesamten Fünfjahres-Zyklus auflistete. Danach kam ein philosophisches Werk eines früheren Illusionisten, dessen Titel mir nichts sagte; ich vermutete, dass es um die Frage ging, wie moralisch es war, übernatürliche Kräfte bei Leuten anzuwenden, die selbst nicht über solche Fähigkeiten verfügten. Das Problem dabei war: Es fiel mir ganz und gar nicht leicht, Kardisch zu lesen, denn ich hatte nur wenig Möglichkeiten gehabt, es zu lernen.
    Nun, ganz sicher hatte ich jetzt sowohl die Zeit als auch die Gelegenheit. Ich dankte den Illusionierern im Stillen für ihre großzügige Reaktion auf meine Bitte und begann in den folgenden Tagen, die Bücher durchzugehen. Dabei sortierte ich sie in zwei Gruppen: in die, die mich gar nicht interessierten– wie zum Beispiel das Buch mit den Gezeitentabellen–, und jene, die ich gern lesen würde. Ich fragte mich, ob sie es mir wohl wirklich gestatten würden, die Bibliothek zu behalten. Aber sofern Reftim irgendjemandem davon erzählt hatte, geschah zumindest nichts. Ich begriff schnell, dass das mangelnde Interesse mir nur nützte. Hätten die Magori von dem Schatz gewusst, den ich jetzt besaß, hätten sie ihn mir sicherlich weggenommen. Unter den vielen Büchern befanden sich nämlich auch zweiundzwanzig Bände, die sich mit der Macht der Magori befassten.
    Zweiundzwanzig Bände, die von verschiedenen Magoroth geschrieben worden waren und zum Teil bis in die Zeit vor dem tyranischen Einmarsch zurückreichten– einige davon waren vor mehr als fünfhundert Jahren verfasst worden. Manche waren als Handbücher für Studenten gedacht gewesen, andere behandelten verschiedene Aspekte der Künste der Magori. Einen Teil von dem, was ich las, kannte ich bereits, aber der Rest raubte mir den Atem, als ich das mögliche Ausmaß der Macht der Magori begriff. Ein vollständig ausgebildeter Magoroth konnte eine örtlich begrenzte Windböe herbeirufen, die stark genug war, um ein Slecz umzuwerfen; er konnte Luft im Körper bewahren und unter Wasser laufen oder die Todesstarre nachahmen; er konnte Schmerz von sich fernhalten und nichts spüren; er konnte Licht herstellen, ein Kind abtreiben, einen Menschen töten und ein Feuer entfachen– all das mit seinem Cabochon. Er konnte ein zweihundert Schritt von ihm entfernt geflüstertes Wort hören oder das Blinzeln im Auge des Turmfalken sehen, während der sich in die Lüfte erhob.
    Ein Kind abtreiben.
    Es war leicht. Ich konnte das Kind einer anderen Frau oder mein eigenes einfach dadurch abtreiben, indem ich den Cabochon auf meinen Unterleib legte und die richtigen Worte auf die richtige Weise sprach.
    Ich lernte die Worte. Ich studierte die Schriften, um sicherzugehen, dass verschiedene Bücher die gleiche Methode beschrieben, und das taten sie. Der Gedanke an Mutterschaft ließ keine mütterlichen Instinkte in mir aufsteigen, die meine gewöhnliche Gleichgültigkeit beeinflusst hätten. Da war auch keinerlei Sorge um das ungeborene Kind, dessen eigenes Leben noch kaum begonnen hatte, die meinen Selbsterhaltungstrieb hätte überwältigen können. Es würde leicht sein. Ich konnte leben. Ich konnte der drohenden Gefahr, dass man mir ein Kind aus dem Leib riss und mich gegen meinen Willen opferte, um einen Handel zu erfüllen, bei dem ich nicht um meine Meinung gefragt worden war, ein Ende bereiten.
    Ich legte meine Hand auf die richtige Stelle und öffnete den Mund, um die Worte zu sagen– und konnte es nicht.
    Ich, die ich in all den Jahren als Kamerad der Bruderschaft mehrfach jemandem ein Messer in den Körper gestoßen hatte und dann ohne jegliche Gewissensbisse davongeschlendert war, konnte das Leben nicht töten, das in mir heranwuchs. Es waren nicht die Illusionierer, die mich davon abhielten. Es war der Gedanke, dass dies Temellins Kind war. Ich konnte seinen Sohn nicht töten.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, dachte ich über all das nach. Ich dachte daran, was Brand über die Frau gesagt hatte, die ich gewesen war. Nach dem Frühstück wandte ich mich den Büchern zu, blätterte einen Band nach dem anderen durch und suchte nach Hinweisen auf die Verheerung. Die meisten Autoren, die sie erwähnten, folgten der Theorie, sie sei eine Krankheit. Die Illusionierer, so lautete besagte Theorie, waren lebende Wesen

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