Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
kindische Geheimnisse mit Ligea geteilt hatte. Die Leute sahen aus wie er. Es tat gut, endlich einmal in die Augen anderer Menschen zu blicken und den gleichen braunen Farbton zu sehen. Endlich wusste er ganz sicher, dass sein Aussehen ihn nicht als ungewöhnlich brandmarkte, als nicht ganz zugehörig.
» Was tun die Jungen da drüben?«, fragte er und zügelte sein Slecz, um mit der Spitze seines Sleczstocks auf einen Jungen etwa in seinem Alter zu zeigen, der zu versuchen schien, einen anderen aus dem Sattel seines Reittiers zu ziehen.
» Oh, das ist ein Spiel, das Dopplhoppl genannt wird. Der Name bezieht sich darauf, dass man doppelt auf einem Slecz sitzt– zwei auf einem. Das Ziel ist, sich vom Boden aus hinter dem Reiter in den Sattel zu ziehen, und zwar im Galopp.« Sie sahen zu, wie der Läufer versuchte, seinen Fuß in die Handfläche des Fressarms des Sleczs zu stellen, während der Junge im Sattel ihn gleichzeitig hochzog. Garis zuckte zusammen, als der Reiter stattdessen zu Boden stürzte, und sagte: » Du wirst das schon bald selbst machen, schätze ich, und ich wette, du wirst besser sein als alle anderen. Es gibt keinen Jungen, der nicht versucht hat, die Technik zu vervollkommnen, und keine Mutter, die mit ihrem Sohn nicht deshalb geschimpft hätte, keinen Vater, der nicht insgeheim stolz gewesen wäre, wenn sein Sohn erfolgreich war.«
Die Worte waren dazu gedacht, ihn zu trösten und zu ermutigen, aber sie erinnerten Arrant nur daran, dass er ein Außenseiter war, der seinen Vater nach einer Zeitspanne von acht Jahren zum ersten Mal wiedersah. Götter, er kannte Garis besser als Temellin. Es war schwer, einen Vater zu lieben, an den er sich kaum erinnerte, abgesehen von jenem Moment, als er ihn zurückgewiesen hatte. Garis wiederum– Garis war in den ersten Tagen nach Brands Tod da gewesen und hatte seine Panik besänftigt, hatte den Schrecken gelindert, den er bei der Vorstellung bekommen hatte, mit dem leben zu müssen, was er getan hatte. Garis hatte ihn ermutigt, als er sich gefragt hatte, ob er auch nur noch einen einzigen Tag weiterleben wollte. Garis war da gewesen, um ihn daran zu erinnern, dass es nur einen Weg gab, um Brands Tod Bedeutung zu geben, und das war, etwas aus seinem eigenen Leben zu machen.
Auf der monatelangen Reise hatte er noch mehr getan: Er hatte Arrant so gut wie möglich auf das vorbereitet, was vor ihm lag. Er hatte Stunden damit verbracht zu beschreiben, wie der Magoroth-Rat arbeitete. » Dein Vater ist der Herrscher von ganz Kardiastan, täusche dich nicht«, sagte er, » aber ein Illusionist braucht in politischen Angelegenheiten die Zustimmung von seinesgleichen. Daher muss jede wichtige Entscheidung vor den Magoroth-Rat gebracht werden, um dort diskutiert zu werden.«
» Und die gewöhnlichen Karden?«, hatte er gefragt.
» Oh, die haben ihre eigenen Bereiche, in denen sie über Autorität verfügen. Sie regeln das tägliche Leben in den Städten und Dörfern zum größten Teil ohne Einmischung, auch wenn jedes Gebiet seinen eigenen Magor-Verwaltungsberater hat, der Temellin Bericht erstattet.«
Am besten war gewesen, dass Garis ihm von den Leuten erzählt hatte, die er treffen würde: wer sie waren, wie sie miteinander umgingen, wer ihm vermutlich Probleme machen würde und wer zu einem Freund werden würde. » Was die Liste der Unruhestifter betrifft«, hatte Garis gesagt, » steht Korden ganz an der Spitze, auch wenn Temellin dieser Einschätzung wahrscheinlich nicht zustimmen würde. Kordens Ziele sind immer ehrenhaft, und er ist Temellin ein guter Freund.«
» Aber?«
» Er hat Sarana nie gemocht, und er verabscheut alle Tyraner zutiefst. Das heißt, er hat dir gegenüber Vorurteile.«
» Das ist albern. Ich bin zum Beispiel gar kein Tyraner.«
» Du bist dort aufgewachsen und wurdest von einer Frau erzogen, die dort erzogen wurde. So sieht er es. Vergiss nicht, fast alle, die er als Kind gekannt hatte, seine Eltern, seine älteren Schwestern– sie alle wurden von Tyranern getötet, als er zehn Jahre alt war. Er wird deine Loyalität anzweifeln, weil du in Tyr aufgewachsen bist. Er wird deine Fähigkeiten in Frage stellen, weil es Gerüchte gegeben hat, dass du deine Kraft nicht kontrollieren kannst. Die Leute sagen, er möchte, dass sein eigener ältester Sohn Firgan Illusionisten-Erbe wird.«
» Aber du magst Firgan nicht.«
» Für jemanden, der keinen funktionierenden Cabochon hat, bist du geradezu unheimlich scharfsinnig, Arrant
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