Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
zwicken.«
Arrant grinste breit. Garis’ Reittier hatte sehr viel Spaß daran, seinem Reiter in die in Sandalen steckenden Zehen zu kneifen. Er starrte eine Weile weiter auf den Graben, beinahe überwältigt von der bloßen Schwierigkeit, ein solches Hindernis zu überwinden. » Es gibt eine gepflasterte Straße von Madrinya nach Ordensa, oder?«, fragte er. » Wieso nehmen die meisten Reisenden aus anderen Ländern diesen Weg durch Sandmurram, wenn es doch bedeutet, diese unangenehme Reise durch den Graben auf sich zu nehmen?«
» Ordensa ist ein kleiner Hafen für Fischerboote an einer stürmischen Küste. Sandmurram hat einen großen natürlichen Hafen, der durch Inseln meistens vor heftigem Seegang geschützt ist. Dort braucht man nicht einmal einen Damm. Es ist auch näher an unseren wichtigen Handelspartnern, die im Süden und nicht im Westen liegen. Das ist der Hauptgrund, weshalb Tyrans überhaupt daran interessiert war, uns zu erobern, weil es auf ihrer Handelsroute nach Osten liegt. Wer immer Sandmurram kontrolliert, kontrolliert diese Route. Die meisten von unseren wichtigsten Städten– Gastim, Idenis, Asadin– liegen auf diesem Handelsweg zwischen Sandmurram und Madrinya. Die Straße zwischen Madrinya und Ordensa dagegen führt durch keine einzige wichtige Stadt.« Er grinste Arrant an. » Auch wenn meine Tochter da vielleicht nicht zustimmt. Unser Heim befindet sich in Asufa, was etwa in der Mitte zwischen der Hauptstadt und Ordensa liegt. Sie geht dort zur Magor-Akademie des Heilens.« Er lächelte. » Das war eine gute Frage, Arrant.«
» Ich hatte die besten Lehrer.« Aber die besten Lehrer zu haben hatte ihn auch nicht weise gemacht. Verdammt. Wieso brachte alles Erinnerungen zurück, die am besten in Vergessenheit gerieten? » Dann wirst du in Madrinya deine Tochter gar nicht sehen?«
» Nein. Ich freue mich sehr darauf, nun nach Hause– nach Asufa– zu gehen.«
» Oh.« Sein Mund wurde trocken.
Garis schien seine Bestürzung nicht zu bemerken. » Nehmen wir uns ein Zimmer in dem Wegehaus und schauen, was es dort zu essen gibt. Ich muss dich vorwarnen: Die nächsten zwei Nächte werden unangenehm werden, also solltest du die Behaglichkeit hier genießen. Auch wenn der Hüter dieses Wegehauses so verrückt wie ein Fisch in einer Wolke ist. Mashet. Armer Kerl; es heißt, er ist da unten verrückt geworden, als er den Graben durchquert hat. Er hört immerzu Stimmen in seinem Kopf, die ihm sagen, dass er verrückte Dinge tun soll, und niemand kann ihn davon überzeugen, dass es keine echten Befehle von echten Leuten sind. Ich vermute, für ihn sind sie echt. Einmal hat er deinen Vater zu Boden geworfen, weil er dachte, dass ein vollkommen unschuldiger Händler ein tyranischer Attentäter wäre.«
Garis hatte recht, entschied Arrant ein bisschen später. Mashet war tatsächlich verrückt. Als Garis ihn vorstellte, packte der Mann Arrants Hand und hielt sie fest. » Magor«, flüsterte er. » Du musst vorsichtig sein. Da sind Leute, die dir schaden wollen. Sie jagen dich durch die Nacht. Sei vorsichtig! Pass auf! Nimm dich in Acht!«
Später an diesem Abend beim Essen hörte Mashet nie auf, seinen Blick durch das Zimmer schweifen zu lassen, als suche er nach dem unsichtbaren Angreifer. » Ich werde Wache stehen«, sagte er zu Arrant, der mit Garis zum Schlafen hinaufging. » Ich werde dich beschützen, während du schläfst. Ich werde an deiner Stelle sterben, während ich den Magor verteidige.«
Als Arrant und Garis am nächsten Morgen aufstanden, stellten sie fest, dass ihre Zimmertür von außen mit Möbeln verbarrikadiert war. Sie mussten andere Reisende herbeirufen, die die Möbel beiseiteräumten und sie herausließen. Mashet schien sich nicht zu erinnern, was er getan hatte, und gab ihnen ihr Frühstück mit einem sonnigen Lächeln, während er bemerkte– als wäre es ein alltägliches Vorkommnis–, dass die Stimmen in seinem Kopf ihn gewarnt hätten, dass Krokodile den Graben hinunterflogen und Felsbrocken auf nichtsahnende Reisende warfen.
Arrant war froh, das Wegehaus wieder verlassen zu können, aber die zwei Nächte in den Wegehäusern des Grabens waren sogar noch unangenehmer. Die Häuser waren unbesetzt, feucht und schmutzig. Der Wind heulte die ganze Nacht wie Numina, die um ihre Brüder weinten, und der Ritt über den Grabengrund entwickelte sich zu einem der schlimmsten Tage, die Arrant jemals auf dem Rücken eines Tieres verbracht hatte. Sie reisten mit einer Karawane
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