Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
» Du bist ungehorsam gegenüber deinem Vater, und dann lässt du ihn dafür bezahlen? Mir gefällt die Art und Weise, wie dein Verstand funktioniert, Arrant Temellin.«
» Und ich mag die Art und Weise, wie dein Körper sich bewegt«, sagte er im Stillen, und dann verfluchte er sich. Wieso kehrte sein Geist immer zu solchen Dingen zurück? Er zwang sich, darüber nachzudenken, was sie taten.
Jemand würde ihnen folgen. Garis wahrscheinlich. Arrant würde sich natürlich weigern zurückzukehren. Der Illusion– Tarran– lief die Zeit davon.
Angst, Müdigkeit, das Bimmeln des Geschirrs, das Heben und Fallen des Reittiers; hinter ihnen Verfolger und vor ihnen das Unbekannte. Die herrliche Freiheit der Straße verengte sich durch die Grenzen der Aufgabe, die er auf sich genommen hatte; die Spannung, die ihn niemals losließ… er wusste das alles. Er war diesen Weg bereits einmal als Kind geritten. Nur trug er diesmal die Verantwortung.
Die Wegehäuser an der gepflasterten Straße waren einen Tagesritt voneinander entfernt, und hin und wieder gab es zwischen ihnen Mietställe. Dank der hohen Qualität ihrer Sleczs erreichten sie das erste Wegehaus um die Mittagszeit. Er bezweifelte, dass sie diese Geschwindigkeit auch weiterhin würden beibehalten können, da die im Pavillon verhätschelten Sleczs gegen Faulpelze aus dem Wegehaus eingetauscht wurden, mit Mäulern, die so hart waren wie der Rachen einer Muschel. Schlimmer noch, sein Slecz hatte die Gangart einer übergewichtigen Gans. Das von Samia hatte Fressarme, die aus den Halsfurchen herausragten und herumwedelten, als hätte das Tier vor zu fliegen.
» Ich komme mir lächerlich vor, auf so was zu reiten«, murmelte sie, während sie aus dem Tor des Wegehauses ritten.
» Ich weiß, dass es dumm aussieht, aber der Sleczpfleger hat gesagt, dass es ein bequemes Reittier wäre. Komm, wir müssen schneller reiten, oder dein Vater pustet mir in den Nacken, und ich bin nicht sicher, ob ich ihm in die Augen sehen und ihm sagen kann, dass ich tatsächlich vorhabe, seine Tochter an den Ort zu bringen, der vermutlich im Moment der gefährlichste der gesamten bekannten Welt ist.«
» Sag ihm einfach, dass ich ein Nein nicht gelten lassen werde. Dann wird er voller Verständnis sein.« Sie lächelte ihn an.
» Götter«, dachte er, » ich liebe sie.«
Als Garis am nächsten Morgen erwachte, wusste er sofort, dass etwas nicht stimmte.
In der Nacht zuvor hatte Temellin ihm vorgeschlagen, im Pavillon des Illusionisten zu bleiben, aber er hatte sich geweigert und war zurück in die Villa seiner Schwägerin gegangen, wo Samia, wie er hoffte, längst schlief. Es war ein gutes Stück nach Mitternacht, als er das Haus betrat, und er hätte gern einen Blick in ihr Zimmer gewagt und sie richtig zugedeckt, wie er es getan hatte, als sie ein Kind gewesen war. Jetzt ging er an ihrer Tür vorbei und bedauerte es, dass sie zu alt dafür war; er fragte sich, wo die kostbaren Jahre ihrer Kindheit geblieben waren.
Zumindest würden sie zusammen frühstücken, denn wer wusste schon, wann sie einander das nächste Mal sehen würden? Als er in dieser Nacht einschlief, galten seine letzten Gedanken der Frage, wie er sie dazu bringen konnte, in Madrinya zu bleiben, auch wenn ihre Fähigkeiten als Heilerin in der Schlacht gegen die Verheerung unschätzbar wären. Vielleicht hatte er nicht das Recht, sie zurückzuhalten. Vielleicht würden Leute sterben, wenn sie nicht da war. Aber, oh, bei seiner illusionslosen Seele– was, wenn sie selbst starb? Wie sollte er sich so etwas jemals vergeben?
Als er vor der Morgendämmerung erwachte, wusste er, dass sie weg war. Jeden Morgen suchte er sie als Erstes mit seinen Ortungsfähigkeiten. Und er fand sie nicht.
Eine Viertelstunde später riss er die Tür zu Saranas und Temellins Zimmer im Pavillon des Illusionisten auf. Sie schliefen beide noch in einem Bett. Sarana lag zur Hälfte auf den Laken. Sie hatte nichts an.
Sie erwachten und rührten sich beide zur gleichen Zeit– und sie taten beide das Gleiche. Sie griffen nach den Schwertern, die an der Wand über dem Kopfende hingen, bis ihre Sinne ihnen sagten, wer da eingedrungen war, und sie mitten in der Bewegung innehielten.
Sarana griff stattdessen nach einem Laken, um sich zu bedecken. » Vortexverflucht, Garis– wird das zur Gewohnheit, dass du mich weckst, wenn ich nackt bin?«
» Zweimal in zwanzig Jahren ist kaum eine Gewohnheit«, sagte er. » Und du siehst immer noch hinreißend
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