Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
riesige Hände und breite Schultern, die das locker sitzende Hemd gut füllten. Unter der Stirn funkelten wache Augen, und der Mund lächelte oft. Er hatte vieles an sich, das Hirad an den Wirt Tomas im Krähenhorst erinnerte.

    So hatten sie zugestimmt, im Haus zu wohnen, und es war gewiss eine Wahl, die ihrer Bequemlichkeit entgegenkam. In dem zwei Stockwerke hohen Gebäude gab es genügend Betten, damit jeder ein wenig Abgeschiedenheit genießen konnte. Auf dem Herd in der Küche standen stets Töpfe mit heißem Wasser und Essen bereit, und nachdem sie ausgeruht und sich entspannt hatten, entdeckten sie, wie müde sie eigentlich waren. So spielte sich nicht viel ab außer leichtem Schnarchen und hin und wieder einer Runde Kartenspiel.
    »Mir fallen mehrere Dinge ein«, sagte Jandyr. »Das Haus ist leicht zu verteidigen. Wir haben gute Sicht und eine lange Vorwarnzeit, und die Betten wurden direkt vom Himmel geschickt.«
    Hirad lehnte sich lächelnd zurück und legte die Arme hinter den Kopf. »So sehe ich das auch. Was machen die anderen?«
    »Will schläft, Thraun liest eins von Evansons Büchern. Der Mann hat eine ganz ordentliche Bibliothek.«
    »Erzähle mir etwas über Thraun«, sagte Hirad.
    Gestaltwandler waren für ihn bisher nur Sagengestalten gewesen. Bis jetzt. Nun hatte er mit eigenen Augen einen gesehen, und er wusste nicht recht, ob er Angst haben, Abscheu empfinden oder staunen sollte.
    Jandyr nickte. »Er gibt sich große Mühe, es zu verbergen.«
    »Wie ist es denn dazu gekommen?«, wollte Hirad wissen.
    »Es ist ein Überbleibsel der alten dordovanischen Magieforschung. Thraun stammt von Magiern ab, die versucht haben, ihre Kraft, Beweglichkeit, ihr Auge, ihr Ohr und was auch immer zu verbessern, indem sie sich mit verschiedenen Tieren verbanden. Thrauns Vorfahren ging es um Stärke und Schnelligkeit, daher die Wolfsgestalt.«
    »Aber …«

    »Ich weiß schon, was du sagen willst«, fuhr Jandyr fort. »Das Problem war, dass sie nicht recht verstanden haben, was sie taten. Statt zu verstärken, was sie bereits besaßen, ersetzten sie es durch etwas anderes. Manche lebten fortan nur noch in der Gestalt der Tiere, mit denen sie sich verbunden hatten. Andere stellten fest, dass sie es steuern konnten, und gaben das Wissen über Generationen weiter.«
    »Warum redet er nicht darüber?« Hirad hatte die Vorzüge der Wolfsgestalt, die Kraft und die Schnelligkeit, durchaus erkannt.
    »Es hat mit den Vorurteilen der Leute zu tun«, erklärte Jandyr. »Viele Menschen glauben, alle Gestaltwandler seien entsetzliche Geschöpfe, die getötet werden müssen. Deshalb hat er Angst zuzugeben, was er ist.« Jandyr stand auf. »Hör mal, du musst begreifen, dass Thraun ein Mann wie jeder andere ist. Doch er hat noch eine andere Seite, die er lieber nicht hätte. Du musst ihn nicht fürchten, du solltest ihn eher bedauern. Behandle ihn einfach wie einen Mann. Mehr will er nicht.«
    »Ich verstehe«, sagte Hirad.
    »Ich glaube, keiner von uns kann es wirklich verstehen«, sagte Jandyr.
     
    Denser öffnete die Tür, als er das leise Klopfen hörte. Ihm drohte keine Gefahr. Da Sol den Gang bewachte, der zu ihren Gemächern führte, waren sie in Sicherheit. Er wusste ohnehin, wer es war.
    So stand sie nun vor ihm, und der erste Gedanke, der ihm kam, da sie all den Schmutz von der Reise abgewaschen hatte und ein weiches, locker fallendes Kleid trug, war der Gleiche wie bei ihrer ersten Begegnung. Sie war eine sehr attraktive Frau.
    Seine Lenden regten sich plötzlich, und er unterdrückte
ein Lächeln. Er fragte sich, ob sie es in seinem Gesicht lesen konnte. Ja, er wollte es genießen. Er zog die Tür weit auf.
    Erienne schwebte lächelnd herein. »Heute Abend werde ich ein Kind empfangen.« Ihr Gesicht war von ihm abgewandt, ihre Stimme verriet keine Regung.
    Er kicherte. »Ist das wirklich alles, was du willst?«
    »Wir haben einen Handel abgeschlossen. Dies ist die Gegenleistung, die ich verlange. Was sonst könnte es noch geben?« Doch ihr Lächeln verriet ihm ihre wahren Gedanken.
    Denser schloss die Tür und trat zu ihr, sein Blick wanderte im flackernden Feuerschein über den Schatten ihres Körpers unter dem weißen Kleid.
    »Es könnte doch sein, dass dir die Gegenleistung eine gewisse Freude bereitet«, sagte er. Seine Augen funkelten, die Pupillen waren geweitet.
    »Deshalb habe ich den Handel nicht abgeschlossen«, gab sie rasch zurück. »Aber die Dinge, nun ja, sie haben sich eben entwickelt.« Denser

Weitere Kostenlose Bücher