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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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pulsierenden Herzen verwandelt hatten.
    Selyn lief ein paar Straßen weit hinein, ehe sie an der Außenmauer eines Lagerhauses hinaufkletterte und sich mitten auf dem Dach zur Ruhe legte. Der Tarnzauber war längst verbraucht, und ihr Puls wollte nicht langsamer werden. Der nächste Schritt war nun, die Pyramide zu erreichen. Da ihr Mana erschöpft war, blieb ihr nur noch die Dunkelheit als Schutz.
     
    Die Dämmerung kam, und Schatten legten sich auf den Berg. Die kleinen, schwachen Lichtflecken der Fenster strahlten heller, und die Geräusche des Tages verklangen. Denser, Erienne und Ilkar saßen mit Laryon, einem engen Vertrauten Stylianns, am Tisch. Er hatte sie vor der Tür von Nyers Gemächern, der Densers Mentor war, abgefangen und in seine eigenen Räume dirigiert, wo er die Gäste zunächst über Nyers jüngste Differenzen mit dem Herrn vom Berge informierte. Nyer hatte sich nach dem Zerwürfnis mit einer Splittergruppe von Magiern zusammengetan, und so blieb es Laryon allein überlassen, einen gefahrlosen Weg zu finden, um den Unbekannten aus der Leibeigenschaft zu entlassen.
    Sol selbst hielt schweigend an der Tür des Arbeitszimmers Wache, und Denser schob seine Befürchtungen hinsichtlich
Nyers Absichten vorerst beiseite und beschränkte sich ausschließlich darauf, die Suche nach Dawnthief voranzutreiben. Auf ein Nicken von Laryon füllte Denser ihre Gläser mit Wein.
    »Das Risiko ist groß«, sagte der Xetesk-Meister. Er lehnte sich zurück, und das Licht der Lampe spielte im kurzgeschnittenen grauen Haar und betonte die Knollennase und den kleinen Mund.
    »Aber es ist möglich«, entgegnete Ilkar.
    »Technisch gesehen ist es möglich«, bestätigte Laryon vorsichtig. »Aber Ihr müsst den Prozess verstehen, durch den ein Protektor erschaffen wird.«
    »Ich glaube, ich verstehe ihn nur zu gut«, sagte Ilkar schroff.
    »Nein«, erwiderte Denser. »Du verstehst es nicht. Und ich möchte darum bitten, dass wir moralische Fragen außen vor lassen. Was du gleich hören wirst, ist nicht angenehm, aber denke bitte daran, dass wir alle versuchen, Sol zu helfen.«
    »Wirklich?« Ilkar kicherte humorlos. »Das würde ich gern glauben, aber ich denke, es geht vor allem darum, Hirad daran zu hindern, mit Dawnthief einfach wegzurennen.«
    »Er würde nicht weit kommen«, sagte Laryon geringschätzig.
    »Wollen wir wetten?«
    »Können wir das nicht mal lassen?« Densers Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. »Ilkar, das ist nicht sehr produktiv, und Euch, Meister Laryon, würde ich empfehlen, eine solche Wette nicht zu riskieren. Ihr habt keine Vorstellung davon, wozu sie fähig sind.«
    Laryon wollte etwas sagen, doch er besann sich und beschränkte sich auf ein vernehmliches Schnaufen.

    »Ein Protektor«, sagte er, »ist ein eigenständig handlungsfähiger Wiederauferstandener mit einem Körper, der aus Erinnerungen der Seele reinkarniert ist. Der entscheidende Punkt bei den Erinnerungen der Seele ist, dass sie viel präziser sind als die Erinnerungen des Gehirns. Wenn das Ritual binnen zwölf Stunden nach dem Tod durchgeführt wird, dann ist die Wiederherstellung der geistigen Fähigkeiten und des Körpers vollständig.«
    »Ich höre hier zwischen den Zeilen einen Vorbehalt heraus.« Ilkar blickte kopfschüttelnd zum Unbekannten.
    »Korrekt. Die Seele tritt nicht wieder in den Körper ein.«
    »Was?« Erienne fuhr auf.
    »Aber wie …«, sagte Ilkar.
    »Was als einzige Möglichkeit, die Leibeigenschaft herzustellen, begonnen hat, wurde eine perfekte Methode der Kontrolle«, sagte Laryon. »Als der Spruch noch im Entstehen begriffen war, konnten wir das Leben nur dadurch erhalten, dass wir Körper und Seele mit der Dämonenkette verbanden – dieser Spruch eint das Massenbewusstsein, wenn viele Dämonen gleichzeitig beschworen werden. Es funktioniert hervorragend. Da die Dämonen unter unserem Befehl stehen, können wir sie genau das tun lassen, was wir wollen. Normalerweise bleibt zwischen Körper und Seele ein Kanal offen.«
    »Normalerweise«, murmelte Ilkar, der allmählich das entsetzliche Gesamtbild zu erkennen begann.
    »Ja«, sagte Denser. »Und die Meister können die Dämonen anweisen, dem Körper oder der Seele alles Mögliche anzutun. Sie können ihnen sogar völlig freie Bahn lassen, und dort beginnt die ewige Hölle. Jetzt kannst du auch erkennen, warum ich es nicht selbst tun konnte.«
    »Es ist barbarisch«, sagte Ilkar.

    »Noch schlimmer«, stimmte Laryon zu.
    »Wo sind nun die

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