Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
Nehmt Verbindung mit den anderen Kollegien auf, aber sagt nichts über die Ereignisse hier oder auf Burg Taranspike. Wir müssen am Triverne-See ein Treffen anberaumen. Umgehend.«
»Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich es nicht mit eigener Nase riechen könnte«, erklärte Sirendor. Er stand neben Hirad an der Theke des Krähenhorsts und betrachtete die Kleidung des Barbaren – Lederhosen, ein eng sitzendes schwarzes Hemd, das den Oberkörper betonte, ein beschlagener Gürtel, an dem das Kurzschwert in der Scheide
hing. Ilkar war bei ihnen, er trug ein schwarz gesäumtes gelbes Hemd und Lederhosen. Hinter der Theke stand der Unbekannte, mit einfachem weißem Hemd und ähnlichen Kniebundhosen bekleidet wie seine Freunde.
»Wovon redest du?«, wollte Hirad wissen.
»Tja, mein guter Freund, in den Stunden, die wir getrennt waren, hast du nicht nur dieses widerliche verschwitzte Lederzeug abgelegt, das du trägst, wenn du mit Drachen plauderst, sondern du hast offensichtlich auch ein Duftbad genommen. Das ist ein wahrhaft denkwürdiges Ereignis.« Sirendor sprang auf den nächsten Tisch und wandte sich an die Gäste. »Meine Damen und Herren – der übelriechende Barbar hat ein Bad genommen!« Es gab Gelächter, und hier und da wurden Hochrufe laut. Hirad konnte sogar sehen, dass Denser lächelte, bevor der Magier, der ein weites schwarzes Hemd und ebensolche Hosen trug, sich wieder daran machte, seine Katze zu kraulen, mit der er dicht vor dem Kaminfeuer in einem Lehnstuhl saß.
»Schwinge du nur vorlaute Reden, Großmaul«, sagte Hirad. Er zielte mit dem Finger auf Sirendor. »Aber nun schau dich selbst an. Deine Kleidung wirft die Frage auf, ob du lieber Männlein oder Weiblein an deinem Gemächt herumspielen lässt. Es wird deiner zukünftigen Braut das Herz brechen.«
»Nennst du mich etwa eine Schwuchtel?«, fragte Sirendor.
»Allerdings.«
Sirendor schmollte und blickte an sich hinab: bestickte, kniehohe weiche Stiefel, vorne verschnürt, darüber eine mit Gold bestickte braune Pluderhose, in die ein wallendes purpurnes Seidenhemd mit offenem Kragen gesteckt war. Am Gürtel hing das Kurzschwert, und die behaarte Brust zierte ein Anhänger mit einem Edelstein.
»Vielleicht hast du ja Recht.« Sirendor sprang leichtfüßig
auf den Boden der Gaststube, die sich rasch gefüllt hatte, sobald bekanntgeworden war, dass der Rabe ein Fest ausrichtete, und schwenkte den Bierkrug in seinen Händen.
Denser erhob sich von seinem Platz am Feuer und ließ die Katze dort in der Wärme zurück. Er drängte sich durch die Gäste zu den vier Kampfgefährten. Ilkar nahm seinen Krug, drehte sich um und entfernte sich.
»Es sieht nicht so aus, als könnten die zwei bald Freunde werden«, bemerkte Sirendor.
»Dir entgeht aber auch rein gar nichts, was?«, gab Hirad zurück. Er grinste breit, als er den sich nähernden Xeteskianer sah.
»Denser.« Der Unbekannte begrüßte den Dunklen Magier mit einem Nicken.
»Es wird voll«, meinte Denser. Er zündete seine Pfeife an.
»Möchtest du Rotwein?« Sirendor hielt eine Flasche hoch.
»Gern.« Denser sah zu, wie Sirendor ihm einschenkte. »Danke.« Er trank einen Schluck und zog die Augenbrauen hoch. »Nicht schlecht.«
»Nicht schlecht?«, wiederholte der Unbekannte. »Das ist ein Roter von Blackthorne, mein Freund. Eine kostspielige Spezialität des Krähenhorsts.«
»Ich bin in dieser Hinsicht kein Experte.« Denser zuckte mit den Achseln.
»Offensichtlich. Du trinkst wohl lieber billigen Fusel.« Der Unbekannte drehte sich postwendend um, suchte in den Regalen zur Linken und wählte eine Flasche aus. Er stellte sie auf die Theke und fischte einen Korkenzieher aus seiner Hosentasche.
Dann hielt er inne und blickte an seinen Freunden vorbei auf die überfüllte Gaststube. Er war, wo er sein wollte, hinter
der Theke, und er fühlte sich ausnehmend wohl. Es war eine ganz einfache Tätigkeit, doch er fühlte sich dabei wohl. Sehr wohl. Hinter seiner Zufriedenheit lauerte jedoch ein Abgrund, den er sich lieber nicht genauer ansehen wollte.
»Na, ist das ein Leben?«, sagte er, während er den Korken aus der Flasche zog und das Meer aus Gläsern, Gesichtern, Farben und Rauchwolken überblickte. Er nahm ein frisches Glas. »Dieses Spülwasser, Denser, geliefert vom Weinberg Baron Corins, ist wohl eher nach deinem Geschmack. Versuche, nicht daran zu ersticken.«
»Ich habe einen Vorschlag für euch«, verkündete Denser auf einmal.
»Oh, wirklich? Noch mehr
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