Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
Haar, das mit Haarnadeln nach hinten gesteckt war, jedoch frei um ihren Hals spielen konnte. An einer Seite des Halses hatte sie ein schwarzes Mal. Die große, schlanke Gestalt war mit Hosen aus weichem Tuch, einem dunklen Hemd und einem knappen Lederwams bekleidet. Einen dunkelroten Umhang hatte sie sich um die Schultern gelegt. Der Unbekannte schüttelte den Kopf. Sirendors Anziehungskraft war anscheinend unwiderstehlich, ob seine Verlobte nun anwesend war oder nicht. Er wurde ein wenig neidisch. Nein. Sehr neidisch sogar.
Der Blick der Frau wanderte zu einer Gruppe von Markthändlern, die gerade mit ihren Krügen anstießen und einen Trinkspruch brüllten, und dann weiter, bis sie dem Blick des Unbekannten begegnete. Dem Krieger gefror das Blut in den Adern. Die Augen in diesem hellen Gesicht mit den vollen Lippen und der entzückenden Nase waren kalt, dunkel und voller Bosheit. Sein Blick wanderte automatisch zu ihren Händen, und dort sah er Stahl blitzen. Zwei Männer saßen am Kamin, und der Unbekannte war absolut sicher, dass die Frau sich nicht für Sirendor Larn interessierte.
»Bei den Göttern«, murmelte er. Er lockerte das Kurzschwert im Gürtel, tauchte unter der Theke durch und bahnte sich einen Weg durch die Gäste.
»Sirendor! Sirendor! Pass auf!«, rief er. Er warf einen Blick zu der Frau, die sich rasch zum Kamin vorarbeitete. »Sirendor. Links von dir, verdammt, links von dir.« Sirendor sah ihn stirnrunzelnd an, als jemand sich zwischen sie schob. »Geh mir aus dem Weg, verdammt! Sirendor, die Frau, roter Mantel, rotbraunes langes Haar, links von dir.«
Das Herz des Unbekannten raste. Er spürte, wie sich die Atmosphäre im Schankraum veränderte, er sah die Frau, die den Dolch jetzt gezückt hatte, rasch zu ihrem Ziel vordringen. Sie war nahe. Sie war viel zu nahe, und Sirendor, der sich umsah, während er sich, die Hand auf den Schwertknauf gelegt, vom Sessel erhob, hatte sie noch nicht bemerkt.
Der Unbekannte würde zu spät kommen. Die Mörderin hatte Sirendor schon fast erreicht. »Halte sie auf, Sirendor. Um Himmels willen, lasst mich vorbei!«
Endlich sah Sirendor, der sich vor Denser aufgebaut hatte, die Angreiferin. Als sie zuschlug, blockte er den Hieb mit dem Arm ab. Ihr Dolch schlitzte seinen Ärmel auf und riss
eine Wunde in sein Fleisch. Im nächsten Augenblick fuhr die Klinge des Unbekannten tief in die Schulter der Frau. Sie starb auf der Stelle und ging ohne einen Laut zu Boden. Ihr Blut spritzte ins Feuer und verdampfte zischend.
Es wurde totenstill im Schankraum. Die Gäste machten Platz, als Hirad, Ilkar, Talan und Richmond zum Kamin stürzten. Sirendor hatte sich wieder gesetzt, er hob die Hand und rollte den Ärmel hoch, um die Schnittwunde freizulegen. Sie war tief und blutete stark.
»Danke, Unbekannter, ich habe sie nicht gesehen. Ich … was ist denn überhaupt los?«
Der Unbekannte kniete vor dem Leichnam der Frau und hatte schon ihren Dolch hochgehoben, um die Klinge zu untersuchen.
»Nein, nein, nein, nein, verdammt!«, sagte er und kratzte sich mit der freien Hand am Kopf.
»Unbekannter?«, fragte Hirad.
Der Unbekannte warf einen kurzen Blick zum Barbaren. Ihm standen die Tränen in den Augen. Er schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an Sirendor.
»Es tut mir leid, Sirendor. Ich war zu langsam. Es tut mir so leid.«
»Kannst du mir nicht verraten, worüber du da redest, Unbekannter?« Sirendor lächelte, dann musste er plötzlich würgen. »Bei den Göttern, ich …« Er wandte sich ab und übergab sich ins Feuer. »Mir ist kalt«, sagte er. Seine Stimme war kraftlos und leise. Die Augen, auf einmal blutunterlaufen, richteten sich ängstlich auf Hirad, der den Unbekannten zur Seite stieß und sich vor Sirendors Sessel kauerte. »Hilf mir.«
»Was ist los?« Hirads Herz schien in seiner Brust zerspringen zu wollen. »Was hat das zu bedeuten?« Eine Hand wurde auf seine Schulter gelegt.
»Er wurde vergiftet, Hirad. Es ist ein Nervengift«, sagte der Unbekannte.
»Dann holt einen Heiler!«, rief Hirad. »Holt sofort einen Heiler!« Die Hand auf seiner Schulter drückte ein wenig stärker.
»Es ist zu spät. Er stirbt.«
»Nein, er stirbt nicht«, knurrte Hirad.
Sirendor drehte das schweißüberströmte Gesicht zu seinem Freund herum und lächelte, obwohl Schauer durch seinen ganzen Körper liefen und Tränen über seine Wangen rollten.
»Lass mich nicht sterben, Hirad. Wir müssen alle überleben.«
»Ruhig, Sirendor. Atme ruhig. Es wird
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