Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
das Herz ist nur einer dieser Aspekte.« Seldane schüttelte den Kopf.
»Wenn wir nichts tun, dann wird es einen Kampf innerhalb dieser Mauern geben, und ich will nicht, dass Julatsaner in meinem Kolleg gegenseitig ihr Blut vergießen.« Kerelas Augen strahlten eine kompromisslose Kraft aus, doch ihre Tränen verrieten, wie sehr sie litt.
»Wenn wir den Schutz dieser Mauern verlassen, werden wir getötet, und alle, die keine Magier sind, werden versklavt. Mir ist nicht klar, was dabei herauskommen soll, wenn wir uns in ihre Hände begeben und ihnen das Kolleg ausliefern«, wandte Vilif ein.
»Glaube ja nicht, dass wir uns einfach ergeben werden«, sagte Kerela.
»Wenn wir gegen die Wesmen kämpfen, dann werden wir verlieren«, sagte Seldane. »Hier können wir überleben, bis Hilfe kommt.«
»Es wird keine Hilfe kommen«, fauchte Kerela und knallte die flache Hand auf den Tisch. »Seht ihr nicht, was von Anfang an offensichtlich war? Solange der Schirm steht, wird uns niemand zu Hilfe kommen. Wir haben eine undurchdringliche Barriere errichtet. Wir sind in Sicherheit. Niemand weiß, was hier drinnen passiert, und ich sage euch, wenn ich ein Dordovaner wäre, dann würde ich nicht gegen die Schwerter der Wesmen anrennen, ohne zu
wissen, dass mir die helfen, die ich retten soll. Würdet ihr es tun?«
Es klopfte, und Kard trat ein. Er wirkte gehetzt und hatte Schweißperlen auf der Stirn. Sein Gesicht war gerötet, und die Adern traten hervor.
»Gut, dass Ihr kommt«, sagte Kerela. »Bitte nehmt Euch etwas zu trinken, setzt Euch und sagt uns, was draußen los ist.«
Kard nickte und war dankbar für die kurze Erholung. Er hakte seinen Mantel auf und legte ihn über den Stuhlrücken, füllte ein Kristallglas mit Wasser und setzte sich. Er schnaufte laut. Dann leerte er sein Glas und stellte es behutsam ab. Allmählich kehrte die natürliche Farbe in sein Gesicht zurück.
»Ich bin zu alt für so etwas«, sagte er. Hier und dort war am Tisch ein leises Kichern zu hören.
»Das gilt wohl für die meisten hier«, erwiderte Vilif. Der General lächelte leicht.
»Also gut, im Augenblick haben wir die Situation im Griff, aber dieser Zustand lässt sich nicht beliebig lange halten. Diese Leute sind nicht unsere Gefangenen, sie sind nicht entwaffnet, und sie sind zahlenmäßig doppelt so stark wie wir. Nicht, dass dies wichtig ist, weil wir sowieso nicht gegen sie kämpfen werden. Nicht, wenn vor der Mittagsstunde in diesem Raum eine Entscheidung, die richtige Entscheidung, getroffen wird. Wir müssen Senedais Hinrichtungen unterbinden.«
»Wie sollen wir das tun, General?«, fragte Seldane schroff.
»Hebt den Schirm auf …«
»Und dann lassen wir uns einfach abschlachten?«, antwortete Endorr aufgebracht.
»Nein, junger Trottel«, knurrte Kard. Auf einmal sprach er nicht mehr freundlich, sondern hart und militärisch. »Die
Kollegwache von Julatsa wird nicht zulassen, dass die Menschen hier abgeschlachtet werden und die Gebäude den Feinden in die Hände fallen. Hebt Euch Eure scharfe Zunge für Eure magischen Sprüche auf.«
»Ruhig, Kard.« Barras legte dem General beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Wir stehen alle unter großem Druck.«
Kard nickte und rückte seine Uniformjacke zurecht.
»Einige Dinge müssen rasch hintereinander geschehen, wenn wir die Zeit schinden wollen, die wir brauchen. Vieles hängt vor allem von den Magiern ab. Wenn ich meine Empfehlungen ohne Unterbrechung vortragen dürfte?«
Kerela lächelte. »Ich glaube, das können wir Euch versprechen.«
»Gut, gut.« Kard schoss einen scharfen Blick auf Endorr ab. »Ich bin davon überzeugt, dass die Dordovaner sich versteckt halten, vielleicht einen halben Tagesritt oder mehr von der Stadt entfernt, und wahrscheinlich stehen sie auch mit geflohenen Julatsanern in Verbindung. Falls dies nicht zutrifft, sind wir verloren.
Nachdem der Schirm aufgehoben ist, müssen die Magier zwei Aufgaben erledigen, sobald die Wesmen Alarm schlagen, was zweifellos geschehen wird. Zuerst einmal muss eine Kommunion mit allen gehalten werden, die zuhören können, vor allem aber mit den Dordovanern. Wir brauchen sie und alle anderen, die da draußen sind. Sie müssen sich bewaffnen und den Wesmen in den Rücken fallen. Möglicherweise könnten wir sie sogar ohne Unterstützung ein paar Tage abhalten, vielleicht aber auch nicht.
Zweitens muss dieser verfluchte bewegliche Turm zerstört werden. Es ist mir egal, wie es geschieht, aber er bietet den
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