Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
beginnen.
Schließlich habe ich noch ein Dutzend Männer ausgesucht, die versuchen sollen, die Gefangenen zu finden und zu befreien. Es geht vor allem darum, beim Feind Verwirrung zu stiften. Gibt es dazu Fragen?« Kard lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Zusammenfassung wurde allgemein mit Kopfnicken aufgenommen.
»Wir könnten die Kommunion verstärken, wenn wir die
Magier ihre Sprüche im Herzen wirken lassen«, schlug Vilif vor.
»Magier, die weder dem Rat angehören noch über besonders große Erfahrung verfügen, dürfen das Herz nicht betreten«, bemerkte Endorr.
Kerela kicherte. »Dabei bist du selbst noch so jung«, sagte sie. »So eine Bemerkung hätte ich von Torvis erwartet, aber nicht von dir. Es freut mich, dass du so auf unsere Traditionen und Regeln achtest.«
»Allerdings ist dies nicht der richtige Augenblick dafür«, fügte Torvis hinzu.
»Genau das denke ich auch. Wenn es keine weiteren Einwände gibt, befürworte ich die Benutzung des Herzens in diesem Notfall«, sagte Kerela.
Barras nickte und sah Endorr an. Der junge Magier machte ein finsteres Gesicht, sagte aber nichts mehr. Barras empfand ein wenig Mitgefühl für ihn. Seine Arbeit, sein Fleiß und sein Genie hatten ihm den Sitz im Rat mit den entsprechenden Privilegien eingebracht. Es war für ihn schwer zu ertragen, dass diese herausragende Stellung nun verwässert wurde, aus welchen Gründen auch immer.
»Woher werden Eure Männer erfahren, wann sie sich zurückziehen müssen?«, fragte Seldane.
»Sobald der Turm von Wesmen gesäubert ist, werde ich Magier mit Schattenschwingen – drei sollten ausreichen – über der Stadt postieren, die den Aufmarsch der feindlichen Truppen beobachten. Ich will eigentlich nur die Wachmannschaften der Wesmen und nicht die Hauptstreitmacht beseitigen. Und ich will auch nicht Julatsa niederbrennen, um uns zu befreien. Wir haben nicht genug Zeit, und ich glaube ohnehin nicht, das dies etwas nützen würde. Wenn es darauf hinausläuft, dass wir Straßenkämpfe führen müssen, dann wird es für uns als die
kleinere Streitmacht günstig sein, wenn wir auf engem Raum kämpfen.
Sobald die fliegenden Magier Kräfte ausmachen, die stark genug sind, um uns außerhalb der Tore zu überwältigen, ziehen wir uns zurück. Sie wissen, worauf sie achten müssen, und haben die Signale zu deuten gelernt.«
»Warum bringt Ihr überhaupt mit so einem Einsatz Eure Männer in Gefahr?«, fragte Vilif. »Es ist doch sicher besser, sie ausgeruht auf den Mauern zu postieren.«
Kard schüttelte den Kopf. »Da muss ich widersprechen. Ich rechne nicht damit, dass wir lange draußen sind, und der Einsatz wird zwei Auswirkungen haben. Vor allem werden wir es sein, die als Erste dem Gegner Schaden zufügen, und das stärkt unsere Moral. Ich kann Euch versichern, dass es einem Kämpfer – verzeiht mir den Ausdruck – die Seele auffrisst, wenn er untätig auf der Mauer steht und die gegnerische Armee anrücken sieht. Zweitens treffen wir auch ein wenig das Selbstvertrauen der Gegner, wenn wir ihnen Schaden zufügen. Dies und dazu unser Sperrfeuer von Sprüchen gleich am Anfang sollte ihren Kampfesmut ein wenig dämpfen.«
»Wohl kaum«, sagte Vilif. »Sie sind uns beinahe im Verhältnis von zehn zu eins überlegen.«
»Aber ihre Moral ist leicht zu erschüttern. Und wenn sie zugleich von hinten angegriffen werden, nun ja, wir können nur raten, wie sie dann reagieren.«
Barras zog die Augenbrauen hoch. Ja, er konnte erraten, wie die Wesmen reagieren würden. Sie würden ihre Gefangenen abschlachten. Doch eine andere Lösung gab es nicht. Selbst wenn sie sich hundert Tage hinter dem Schirm verschanzten, mussten Menschen sterben. Letzten Endes würden ihre Nahrungsvorräte zu Ende gehen, immer mehr Seelen würden vom Schirm verschlungen werden,
und innerhalb des Kollegs würde eine offene Revolte ausbrechen.
»Was, zum Teufel, haben wir uns eigentlich dabei gedacht, als wir den Schirm errichtet haben?« Er war niedergeschlagen und fühlte sich unendlich müde. Einen Augenblick lang war es still im Sitzungssaal. Dann legte Kerela ihm eine Hand auf den Arm, doch Kard ergriff als Erster wieder das Wort.
»Wir haben Zeit gewonnen«, sagte er leise. »Wir wussten es von Anfang an, auch unser tapferer Freund Deale hat es gewusst. Wir haben die Wesmen daran gehindert, uns einfach zu überrennen. Trotz aller tapferen Worte und Zusicherungen haben wir alle das Gleiche gehofft, nämlich dass
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