Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
Hilfe, aber sie konnten nichts für ihn tun. Bei den Göttern, sie konnten nicht einmal etwas für sich selbst tun.
»Wie lange noch?«, keuchte Seldane.
»So lange es nötig ist«, sagte Kerela, doch alle wussten, dass die Frage anders gemeint war.
Eine frustrierte Träne entstand in Barras’ Auge. Sie saßen in der Falle. Endorrs Schild hatte versagt, und sie konnten die Krone nicht mehr loslassen, um einen Haltespruch zu wirken, weil die Dämonen ihnen nicht genug Zeit ließen. Andererseits konnten sie nicht unbegrenzt lange auf den Beinen bleiben, und wenn ihr Mana verbraucht war, dann wäre das Endergebnis dasselbe, als wenn sie ihre Bemühungen sofort einstellten.
Aber sie durften sich den Dämonen nicht so einfach ergeben. Nicht, solange sie noch eine schwache Hoffnung hatten, dass von irgendwoher Hilfe kommen konnte.
Barras unterdrückte die Tränen. So lange hatte er sich darauf gefreut, beschaulich zu altern, geborgen in der liebevollen Umgebung des Kollegs, dem er sein Leben lang gedient hatte. Dann hatten die Wesmen angegriffen, und er hatte sich mit seinem Tod abgefunden. Eine Heldentat, die nötig war, um sein Kolleg zu verteidigen.
Aber dies hier? Dieses schändliche, vergebliche, sinnlose Ende in einem verschlossenen Raum, weit entfernt von frischer Luft und Sonnenschein, ein Ende, das niemandem Hoffnung spendete und in Qualen für sie alle übergehen würde – nein, ein solches Ende war eines Elfen von seinem Format unwürdig. Es war für keinen im Rat ein würdiges Ende. Was sie nun beinahe als unvermeidlich hinnehmen mussten, war auf keinen Fall und in keiner Weise hinnehmbar.
Er hob den Kopf, ohne den inneren Blick vom Manaspektrum zu werden, und wob neue Fäden in die Krone.
»Barras?« Torvis konnte vor Anstrengung kaum noch sprechen.
»Verdammt will ich sein, wenn ich diese entsetzlichen Geschöpfe in mein Kolleg und meine Dimension hereinlasse. Ich will nicht sterben wie ein alter schwacher Mann.« Jedes Wort wurde von einem geistigen Stoß untermalt, mit dem die zerbrechliche Struktur neue Stabilität bekam. Die Kraft der Verzweiflung durchströmte jetzt seinen Körper.
»Bei den großen Göttern der Erde, wir sind nicht hilflos«, knirschte Kerela. »Wer sich noch stark genug fühlt, kann jetzt diesen Bastarden zeigen, wem Balaia gehört. Und ihr anderen: Haltet einfach durch und werdet nicht schwach.« Sie unterstützte Barras, verstärkte die Struktur und ließ sie wieder wachsen.
Erst jetzt bemerkten sie die Veränderung. Unauffällig zuerst und beinahe nicht spürbar. Doch der Eindruck verstärkte sich zusehends. Der Mana-Sturm ließ nach, und die Stimmen der Dämonen, die sie verspotteten und schmähten, klangen verzagt. Es wäre leicht gewesen, dies mit ihren eigenen Bemühungen in Verbindung zu bringen, doch Barras wusste, dass es keinen solchen Zusammenhang gab. Kaum zu glauben, aber das Wunder geschah.
Irgendetwas oder irgendjemand hatte die Dämonen abgelenkt.
»Das ist die einzige Chance, die wir bekommen!« Kerelas Stimme hatte die alte Autorität zurückgewonnen, und sie rief den Rat zum Handeln auf. »Wir haben schon genug von Kards wertvoller Zeit verschwendet. Lasst uns die Stadt von diesem verdammten Schirm befreien.«
Die gerade noch trübe Krone begann wieder hell zu glühen.
Wills Schreie störten die Konzentration der Magier mehr als die anstürmenden, schwärmenden Dämonen, die über ihre Körper liefen. Hirad und der Unbekannte ignorierten ihre eigenen Schmerzen und rissen die Dämonen weg, zerdrückten sie und traten nach ihnen und zerstampften die schrecklichen Puppen, die die schutzlosen Magier angriffen.
Mit einer Hand pflückte der Unbekannte die Dämonen ab, die seinen Blick suchten, mit der anderen fegte er diejenigen weg, die sich den Magiern nähern wollten, und die ganze Zeit musste er sich bücken, um nicht von Sha-Kaans peitschendem, blau geflecktem Schwanz getroffen zu werden.
Hirad hatte eine noch schwierigere Aufgabe. Will hatte seine beiden Kurzschwerter weggeworfen, rollte sich am Boden hin und her, tastete blind mit beiden Händen umher und stieß bei jeder Bewegung heisere Schreie aus. Sein Körper bebte und zuckte unter der Woge von Dämonen, die über ihn herfielen. Hirad wurde es beinahe übel, als er die Krallen und Füße sah, die immer wieder ihr Ziel fanden.
»Will, bleib ruhig!«, rief er. Er schüttelte heftig den Kopf, um einen Dämon zu verscheuchen, der auf seinem
Schädel gelandet war. »Verdammt«, keuchte er.
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