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Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers

Titel: Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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hier?«, fragte Ilkar, als er Hirad erreichte.
    »Lange genug, um zu erkennen, unter welchem Druck die Verteidigung steht«, sagte Hirad. »Wie geht es dir?«
    »So gut, wie es angesichts dieser gottlosen Morgenstunde möglich ist.«
    »Gibt es etwas Neues von den Dordovanern?«, fragte Hirad.
    »›Haltet Euch bereit‹«, zitierte Ilkar.
    »Das war alles?«
    »Nun ja, sie haben keinen taktischen Einsatzplan übermittelt, mit Standorten der Einheiten, magischen Schutzräumen und Angaben zur Flankenverteidigung, falls du das meinst.« Ilkars Ohren zuckten. »Es war eine kurze Kommunion, keine Diskussion am runden Tisch.«
    »Seltsame Magier seid ihr mir, wenn ihr nicht einmal …« Hirads Belustigung über Ilkars gereizte Stimmung verflog sofort, als Thraun vor ihnen stand.
    Sein Haar war gebürstet und zu einem Pferdeschwanz geflochten. Jemand hatte ihn zurechtgemacht. Hirad erkannte es daran, dass die Frisur nicht sehr ordentlich war. Rot geränderte Augen, die am frühen Morgen ins Leere starrten, blickten aus einem unendlich müden Gesicht. Jede Träne, die Thraun vergossen hatte, war ihm anzusehen, und dazu alle anderen, die noch kommen sollten. Es versetzte Hirad einen Stich, als er sich deutlicher, als ihm lieb war, an seine eigenen Gefühle nach Sirendors Tod
erinnerte. Es gab weiter nichts zu sagen, aber Schweigen war auch nicht richtig.
    »Die Schmerzen werden mit der Zeit vergehen«, sagte er. Thraun sah ihn offen an, bevor er den Kopf schüttelte und wieder zu Boden starrte.
    »Nein«, sagte er. »Ich habe ihn sterben lassen.«
    »Du weißt, dass es nicht stimmt«, wandte der Unbekannte ein.
    »Als Mann hätte ich sie aufhalten können, doch als Wolf hatte ich nur Augen für meine eigene Angst. Ich habe ihn im Stich gelassen.«
    Hirad öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Er verwarf die Antwort und konzentrierte sich auf das nahe Liegende. »Kannst du reiten?«
    Thraun nickte wortlos.
    »Gut. Wir brauchen dich, Thraun. Wir brauchen deine Stärke. Du gehörst zum Raben, und wir werden immer zu dir stehen.«
    Wieder ein Nicken, doch jetzt bebten seine Schultern. »Genauso, wie ich neben Will gestanden habe und ihn sterben ließ?«, quetschte er hervor. Die Kehle wurde ihm eng.
    »Manchmal geben wir unser Bestes, und es ist trotzdem nicht genug«, sagte Hirad.
    »Aber ich habe nicht mein Bestes gegeben. Ich war innerlich gar nicht da, und deshalb ist Will jetzt tot.«
    »Das weißt du doch gar nicht.«
    Thraun starrte sie trostlos an. »Doch, ich weiß es«, flüsterte er. »Ich weiß es.«
    Den ganzen Morgen über blieb die Lage gespannt. Die Wesmen schickten Welle auf Welle in den Angriff, als spürten sie eine Veränderung der Atmosphäre in der Stadt. Mit zunehmender Wildheit und Verbissenheit rannten sie gegen die Mauern an.

    Tausende eilten herbei, um ihre Leitern und Türme gegen die julatsanischen Mauern zu schieben und wurden vom Feuer, vom Wind und vom Hagel vernichtet und vertrieben. Doch sie kamen und kamen, und je mehr die Magier ermüdeten, desto größer wurde die Gefahr, Mann gegen Mann auf den Wehrgängen kämpfen zu müssen.
    In einer kleinen Kampfpause, als die Wesmen sich außer Reichweite der Sprüche neu formierten, stieg der Rabe zu den Befestigungen am Nordtor hinauf, um die Lage einzuschätzen. Julatsa wurde systematisch zerstört, und was an Material noch nützlich war, wurde zu Kriegsgerät umgebaut. Alles andere wurde zerbrochen oder verbrannt. Überall flackerten Feuer, und die eingeebnete Todeszone wurde mit jeder Stunde größer.
    Hirad drehte sich zum Unbekannten um, als Katapultgeschosse vorbeipfiffen und in Gebäude und auf dem verlassenen Hof einschlugen. Er warf kaum einen Blick hinter sich. Der große Krieger starrte gleichmütig zu den unzähligen Wesmen hinaus, schätzte ihre Fluchtchancen ein und beobachtete die Taktik der Wesmen, die die magische Verteidigung Julatsas so sehr beanspruchte.
    »Was denkst du, Unbekannter?«
    »Wir bauen zu sehr darauf, dass die Dordovaner den Angriff stören«, sagte er. »Aber wenn wir nicht gleichzeitig von dieser Seite her angreifen, werden wir die feindlichen Linien nicht durchbrechen.«
    »Bist du sicher?«
    Der Unbekannte sah ihn an. »Es ist realistisch.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Nehmen wir an, die Dordovaner greifen auf einer Linie von der Flagge mit dem roten Bären da drüben bis zu dem Stierkopf dort an.« Er deutete auf zwei etwa siebzig Schritt voneinander entfernte Banner der Wesmen.

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