Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
in sich zusammenbrach. Der Staub wallte hoch, und das Glas zersprang. Doch als der Staub sich legte und der Nachhall erstarb, drehte Senedai sich in der Stille um und kehrte auf seinen Kommandoposten zurück. Er wusste genau, dass die Ereignisse, deren Zeuge er geworden war, keineswegs den Untergang der julatsanischen Magie darstellten.
Stolz und schnell waren sie marschiert, Darricks Kavallerie an der Spitze und Blackthorne und Gresse links und rechts neben dem jungen General. Nachdem er dreitausend Mann nach Gyernath abgeordnet hatte, damit sie halfen, die Stadt wieder aufzubauen und den zerstörten Hafen zu verteidigen, reorganisierte Darrick seine Truppe, die jetzt
knapp achttausend Mann zählte. Er teilte sie in Kompanien unter der Aufsicht von jeweils einem Hauptmann ein, und aus den Kompanien bildete er acht Regimenter, die jeweils von einem berittenen Kommandanten geführt wurden.
Die Männer waren entschlossen und zuversichtlich und trotz der schwierigen Lage relativ unbeschwert. Jeder Truppenteil dieser Armee hatte wichtige Siege errungen. Die Verteidiger des Hafens hatten Gyernath gehalten, Blackthorne und Gresse hatten eine viermal stärkere Übermacht daran gehindert, Understone zu erreichen. Darrick hatte bei der Einnahme Parves mitgewirkt, einen Nachschubweg der Wesmen zerstört und außerdem alle Schiffe verbrannt oder übernommen, die er nur finden konnte.
Doch jetzt war die Zeit der Verteidigung und der Verwüstungen vorbei. Jetzt waren die Männer aus dem Osten Balaias auf Angriff eingestellt, und es ging nicht mehr ums nackte Überleben allein. Sie redeten davon, das Land zu befreien. Zwei Stunden hatten sie gebraucht, um vom Strand bis zu den Anhöhen zu marschieren, die Blackthornes Burg und Stadt umgaben. Sie hatten damit gerechnet, auf Wesmen zu stoßen, die sich in der Stadt verschanzt hatten, und sie waren darauf gefasst, die Banner der Wesmen auf zerstörten Mauern und den Zinnen der Burg zu erblicken. Sie hatten erwartet, einen Feind vorzufinden, der hilflos und verängstigt war, und sie hatten damit gerechnet, als Sieger einzumarschieren.
Was sie dann sahen, trieb ihnen das Frohlocken aus den Herzen. Blackthorne war zerstört. Eine Aschewolke von den Bränden, die schon lange erloschen waren, hing noch in der geschützten Senke, in der die Stadt gestanden hatte. Unter dieser dunklen Wolke war kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Hier und dort ragten Balken aus
der Erde, verkohlt und wie zum Trotz aufrecht geblieben, doch von den Mauern war nichts mehr übrig. Die Straßen, die Häuser, die Gaststätten und Geschäfte waren fort. Von der Burg, dem Sitz von Blackthornes Vorfahren, war nur noch zerstörtes Mauerwerk zu sehen. Es war ein Bild der Verwüstung, das einem buchstäblich den Atem raubte.
Gresse ritt zu Blackthorne, stieg ab und stand lange neben seinem Freund, der bleich und schweigsam den Anblick in sich aufnahm. Eine Träne quoll aus seinem linken Auge und zog eine Spur durch den Staub auf seiner Wange. Worte waren überflüssig, es reichte aus, einfach nur beim Freund zu stehen und ihm alle Kraft zu spenden, die man hatte.
Als die Armee den Gipfel des Hügels erreichte, breitete sich das Schweigen aus. Die Männer keuchten erschrocken, Flüche hallten über die tote Stadt, und der eine oder andere von Blackthornes Männern fiel auf die Knie, gelähmt und verzweifelt, weil der Traum von der Rückkehr in die Heimatstadt zerstört war. Blackthorne existierte nicht mehr.
Der Baron starrte reglos auf die Ruinen seiner Stadt hinab. Gresse wusste genau, was ihm durch den Kopf ging und welcher Zorn dort wuchs und um sich griff. Hinter ihnen wartete das Heer.
Schließlich wandte Blackthorne sich um und sprach zu allen, die ihn hören konnten.
»Ich will mich kurz fassen«, hallten seine Worte über die dicht stehenden Männer. »Da unten seht ihr meine Stadt. Sie wurde von den Wesmen zerstört. Unter Euch sind viele, die nur noch Ruinen sehen, wo einst ihre Häuser gestanden haben. Auch mir geht es so. Deshalb müssen wir die Wesmen verfolgen. Wir müssen sie aufhalten, und wir müssen sie ein für alle Mal aus unserem Land vertreiben.
Ja, ich will mich rächen, aber vor allem will ich, dass niemand von euch sich jemals so fühlen muss, wie ich mich jetzt fühle.
Und jetzt, General, wollen wir uns in Bewegung setzen.«
Der Dunst war genau so, wie Hirad ihn in Erinnerung hatte. Wie ein Nebelschleier vor der Sonne, doch dieses Mal war es ein Tag, der von
Weitere Kostenlose Bücher