Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
Gelegenheit ergreifen, wie sie sich uns bietet.«
Arnoan schwieg eine Weile, nagte nachdenklich an der Unterlippe und nickte schließlich. »Es ist ein riskanter Schachzug, mein Lord. Aber was wird aus Understone? Wir haben so sehr gekämpft, um es einzunehmen.«
Tessaya zuckte mit den Achseln und sah hinaus. Der Palisadenzaun war fast fertig, und überall standen Wachtürme. »Es hat seinen Zweck erfüllt. Wir waren hier sicher, und unsere Krieger waren beschäftigt. Es droht keinerlei Gefahr, dass wir den Pass wieder verlieren könnten. Die Kollegien haben nicht mehr die Kraft dazu, seit Julatsa gefallen ist, und Styliann ist fort. Wir werden den Ort aufgeben.«
»Zugunsten von Riasu?«, fragte Arnoan.
»Nein.« Tessaya schüttelte den Kopf. »Wir werden kein Gebäude stehen lassen.«
»Und was wird aus unseren Gefangenen?«
Lord Tessaya seufzte und strich sich mit einer Hand übers Gesicht. »Wir sind Krieger, keine Gefangenenwärter. Es darf ihnen nicht erlaubt werden, sich wieder in den Kampf einzuschalten.«
»Mein Lord?« Arnoan erbleichte.
»Sie haben keinen Wert für uns, und sie sind uns sogar hinderlich. Ich wünsche unbeschwert zu reisen.« Tessaya stand auf und ging hinaus auf die Straße zum Understone-Pass. Sein Herz war keineswegs so kalt, wie seine Stimme vermuten ließ. Er hatte nicht gewollt, dass es so weit kam. Doch jetzt war vieles in Bewegung gekommen, und das erste Ziel musste die schnelle Eroberung des Landes sein. Er blieb stehen und drehte sich um. Sein Blick fiel auf die Baracken, in denen die Gefangenen festgehalten wurden. Er schnaufte schwer und marschierte hinüber, um die Befehle zu geben.
Vielleicht spürte er, dass sie es eilig hatten, oder er tat es aus eigenem Antrieb. Jedenfalls trieb Jatha die Rabenkrieger und die unwillkommenen Gäste an und führte sie rasch um mehrere Biegungen der künstlich angelegten Höhle, bis sie eine kahle Mauer erreichten. Er blieb kurz stehen, sah sich über die Schulter um und winkte sie weiter, dann drang er in die Wand ein und verschwand. Der Rabe blieb wie angewurzelt stehen.
»Ilkar?«, fragte der Unbekannte.
Der Elf trat vor. »Eine Illusion, würde ich sagen.« Er legte die Hand an den Stein. Er war fest. »Eine ganz außergewöhnliche Illusion. Ich bin nicht sicher …« Er unterbrach sich und drückte fest gegen die Wand. Dieses Mal sank seine Hand ein Stück weit ein. »Ganz außergewöhnlich.« Denser kam zu ihm.
»Interessant«, sagte er. »Das ist keine Mana-Konstruktion.« Auch Erienne und Styliann kamen zum Ende des Ganges und betasteten die Illusion einer Wand.
»Was haltet Ihr davon?«, fragte Denser.
»Nun ja, es ist Gestein, oder?«, meinte Styliann. »Allerdings verändert.«
»Vielleicht erkennt es nur bestimmte Leute«, sagte Denser. Er stieß eine Hand bis zum Ellenbogen hindurch und spürte, dass seine Finger auf der anderen Seite wieder ins Freie gelangten. »Da gibt es keinen großen Widerstand.«
»Wie kann die Wand mich erkennen?«, sagte Styliann. »Es war nicht die Rede davon, dass ich mitkomme.« Auch er steckte die Hand in den Stein.
»Gutes Argument«, stimmte Erienne zu. »Es fühlt sich für mich flüssig an, auch wenn ich zustimmen würde, dass es im Grunde immer noch Gestein ist. Die Frage ist nur, wie es trotzdem dieses massive Aussehen und seine Form behält.«
»Ich nehme an, es ist eine gebundene Magie. Dem Riss nicht unähnlich«, meinte Ilkar. »Die Wand wurde offenbar absichtlich hier aufgebaut, um den Riss zu verbergen.«
»Und die Höhle gleich dazu«, ergänzte Denser. »Der Rest hat allerdings eine normale Festigkeit.«
Hirad, der sich an eine Wand gelehnt und nachdenklich am Kinn gekratzt hatte, winkte den Unbekannten zu sich und ging ihm lächelnd einen Schritt entgegen.
»All diese Weisheit, und im Grunde habt ihr keine Ahnung, was?«
Die vier erfahrenen Magier drehten sich wie auf Kommando um. Hochmut sprach aus ihren Blicken.
»Hirad, wenn es dir nichts ausmacht, würden wir das gern klären, ehe wir einfach da durchmarschieren«, sagte Ilkar. »So sind wir eben.«
»Oh, sicher«, entgegnete Hirad. Er legte eine Hand an die Mauer und drückte fest. »Aber ihr habt es immer noch nicht verstanden.« Er stieß sich von der Wand ab und lehnte sich wieder dagegen, dieses Mal langsamer, und seine Hand glitt mühelos durch den Fels.
»Oh, nein.« Ilkar verzog das Gesicht. »Du weißt genau, was das ist, oder?«
Hirad nickte.
Ilkar wandte sich seufzend an die anderen
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