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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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dich geben. Nicht einmal im Abgrund der Hölle, nirgends. Ich werde dich finden, und ich bringe meine Freunde mit.« Hirad deutete mit dem Daumen zu den Bergen.
    »Und jetzt verschwinde. Und hör nicht auf zu rennen, bis Ilkar sagt, dass du aufhören kannst. Verstanden?«
    Ein drittes Nicken. Hirad drehte sich um und entfernte sich, und das Geräusch rennender Füße ließ ihn grimmig lächeln.

2
    Die ersten Tage an Bord des Schiffs waren die ruhigsten und entspanntesten in Eriennes bewegtem Leben gewesen. Inzwischen war sie sicher, dass sie den Fesseln der Kollegien endgültig entkommen war. Das galt nicht nur für Dordover, sondern für alle. Im spätsommerlich ruhigen Südmeer, wo immer noch eine schöne, trockene Wärme herrschte, konnten sie und Lyanna endlich aufatmen und sich überlegen, was hinter ihnen lag und was noch kommen mochte.
    Im Rückblick hatte sie das Gefühl, die Stimmen in ihrem Kopf seien so vertraut gewesen wie ein Teil von ihr selbst. Sie drängten sie, aufzubrechen und zu ihnen zu kommen. Erienne erinnerte sich noch an die Nacht, in der die Entscheidung gefallen war. Es war eine von vielen Nächten in Dordover gewesen, in denen Lyanna von Albträumen geplagt wurde. Es sollte die letzte sein, wie sich herausstellte.
    Dordover. Der Ältestenrat der Kollegien hatte sie nach ihrem Abschied aus Xetesk zunächst wieder aufgenommen. Man hatte sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und
Abscheu angesichts ihrer turbulenten jüngsten Vergangenheit empfangen. Die außergewöhnlichen Begabungen ihrer Tochter waren gefördert und von Magiern erforscht worden, deren Nervosität die Erregung überwog.
    In dem Jahr, in dem die Dordovaner ihr zu helfen versucht hatten, war freilich nichts herausgekommen, das Erienne und Denser nicht schon selbst gewusst oder erraten hätten. Tatsache war, dass Lyannas Fähigkeiten weit über das begrenzte Verständnis der dordovanischen Magier hinausgingen. Sie konnten ihre Begabungen ebenso wenig fördern, wie sie eine Maus das Fliegen hätten lehren können.
    Eine Magie, ein Magier.
    Die dordovanischen Ältesten hassten diesen Spruch, und sie hassten Erienne dafür, dass sie entschieden daran glaubte. Diese Überzeugung verstieß gegen die Grundsätze der dordovanischen Unabhängigkeit. Zuerst hatten sie Lyannas Ausbildung mit großer Hingabe in Angriff genommen. Nachdem sie aber erkannt hatten, über welche Fähigkeiten das Mädchen wirklich verfügte, hatte sich ihre Haltung verändert, oder – noch wahrscheinlicher – sie fühlten sich durch die Kleine sogar bedroht.
    Doch die ganze Zeit über hatte jemand es verstanden. Leute, die Macht hatten. Ihre Stimmen hatten in Eriennes und, wie sie wusste, auch in Lyannas Kopf gesprochen. Die Stimmen hatten ihr Mut gemacht, ihren Glauben bestärkt und dafür gesorgt, dass sie nicht den Verstand verlor und gelassen blieb. Die Stimmen hatten sie gedrängt anzunehmen, was ihr geboten werden konnte – Wissen und die Macht zu helfen.
    Und dann war diese eine Nacht gekommen. Erienne hatte eingesehen, dass die Dordovaner Lyanna nicht mehr helfen konnten, und dass ihre ungeschickten Versuche das
Mädchen sogar in Gefahr brachten. Sie konnten Lyanna nicht von ihren Albträumen befreien, und sie bekam keinen Raum mehr, um sich zu entwickeln. Ihre Frustration über die Behinderungen hätten unausweichlich in die Katastrophe geführt. Sie war so jung, sie konnte nicht einmal verstehen, was sie entfesselt hätte. Selbst jetzt war sie manchmal hitzköpfig und darin ein genaues Ebenbild ihrer Mutter. Bisher hatte sie ihre Wut noch nie in Form von Magie ausgetobt, aber dieser Augenblick würde früher oder später kommen, wenn sie ihre Begabung nicht zu beherrschen lernte.
    Lyanna war weinend aus einem Albtraum erwacht. Ihre schrillen Schreie hatten Erienne mehr Angst eingejagt als alles andere bisher. Sie hatte das zitternde, verschwitzte Mädchen in den Armen gewiegt und beruhigt, und ihr war bewusst geworden, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit ihrer Tochter, als habe sie es gerade eben erst geführt.
    »Schon gut, deine Mami ist ja da. Niemand kann dir etwas tun.« Erienne hatte ein Taschentuch aus dem Ärmel gezupft und Lyannas Gesicht getrocknet und versucht, das heftig pochende Herz zu beruhigen.
    »Ich weiß, Mami.« Das kleine Mädchen hatte sich an sie geklammert. »Die dunklen Ungeheuer sind gekommen, aber die alten Frauen haben sie weggejagt.«
    Erienne hatte aufgehört, sie zu

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