Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
und traf die Rüstung eines Reiters. Der Mann war außer Atem und wollte sein Pferd herumreißen, doch das sterbende Tier reagierte nicht mehr und brach unter ihm zusammen. Der Unbekannte zerrte den Mann auf den Boden herunter, wo Hirad ihn erledigen konnte.
»Ilkar, jetzt wäre ein guter Moment, etwas zu unternehmen.«
Der Magier reagierte nicht sofort, dann sagte er: »Schild unten. Der Rabe, bückt euch.«
Der Unbekannte gehorchte sofort. Ilkars Spruch donnerte über seinen Kopf hinweg. Ein Kraftkegel knallte in die Überreste der ersten Reihe und trieb die Pferde zurück. Sie prallten mit den Pferden zusammen, die folgten, und die Reiter wurden aus den Sätteln gefegt.
Ein reiterloses Pferd, das gerade hochgestiegen war, wurde umgeworfen, und im Sturz streiften seine Hufe die Schulter und das Kinn des Unbekannten. Er brach auf dem nassen Boden zusammen und sah Sterne, das Schwert wurde ihm aus der Hand gerissen, und er keuchte unter den starken Schmerzen in der Schulter. Er rollte sich sofort nach links ab und sah, wie die Dordovaner sich neu formierten. Hirad rief ihn. Er war in der
vordersten Reihe und verwundbar, sein Schwert lag ein paar Schritte entfernt. Er kam in die Hocke hoch, der Schmerz schoss durch seine Schulter und zum Hals hinauf. Er kroch rasch hinüber und schnappte sich die Klinge, richtete sich auf und wollte sich wieder in den Kampf einschalten.
»Unbekannter, links!« Hirads verzweifelter Ruf drang zu ihm durch. Er drehte sich nach links um und hob instinktiv das Schwert mit der rechten Hand.
Das Pferd war wie aus dem Nichts gekommen, es bewegte sich quer zur Kampflinie, und als er sich mit einem Sprung in Sicherheit bringen wollte, beugte sich der dordovanische Kavallerist vor und schlug hart und weit unten mit der Axt zu. Der Hieb traf die ungeschützte Hüfte des Unbekannten.
Er spürte die Schmerzen, er nahm wahr, dass er fiel, und er spürte noch den Aufprall seines Gesichts auf dem Stein.
26
Das Rudel drängte sich verängstigt zusammen, als ringsum die Explosionen zu hören waren. In der Nähe ging ein Gebäude der Menschen in Flammen auf, es gab Geräusche wie von umstürzenden Bäumen. Männer schrien, der heulende Wind zerstörte den Gemeinschaftsgeist des Rudels. Die Wölfe rannten weg.
Thraun konnte sehen, wohin sie liefen, in die Schatten und dorthin, wo es still war, doch er wusste, dass es der falsche Weg war. Dort gab es weder Antworten noch Sicherheit. Beides konnte man nur beim menschlichen Rudelbruder finden. Es dauerte lange, bis er das Rudel beruhigen konnte, und noch länger, bis sie ihm gehorchten.
Er bellte und heulte und drängte sie, ihre wilde Flucht einzustellen. Nacheinander taten sie es und zogen sich in den Schutz eines schmalen Durchgangs zwischen den hohen, von Menschen gebauten Mauern zurück. Hier waren die Geräusche der Zerstörung nur noch gedämpft zu hören, und der Gestank der Brände, von Blut und von Tod wich dem Geruch nach verfaulenden Pflanzen und Schlamm, den der Regen angeschwemmt hatte.
Thraun hörte das hektische Keuchen des Rudels, er sah die hängenden Zungen, die weißen, weit aufgerissenen Augen und die flach an die Köpfe gelegten Ohren. Sie sollten nicht hier sein, mitten in der Welt der Menschen. Er verstand, welche Angst sie vor dem Feuer hatten, das ringsum vom Himmel fiel, und dazu der Brandgeruch, die Schreie der sterbenden Menschen, die einstürzenden Gebäude. Er durfte nicht zulassen, dass diese Angst die Oberhand gewann.
So blieb er stehen, während sie verzagt am Boden kauerten. Er wartete, bis ihr Atem wieder ruhiger und tiefer war, bis sie ihn Hilfe suchend ansahen und nicht mehr winselten. Die ganze Zeit über gab er beruhigende, tröstende Laute von sich, um ihnen Kraft zu spenden.
Am liebsten hätte er das Rudel wieder in den Wald und zu den Welpen und Weibchen geführt, die noch lebten. Doch sie waren jetzt so dicht vor ihrem Ziel. Der Rudelbruder und die anderen würden die Frau finden, und dort waren auch die Antworten. Er sehnte sich nach dem Wald, aber noch mehr sehnte er sich danach, beim Rudelbruder zu stehen. Er wollte den Menschen helfen. Das war ein Gefühl, das er nicht ganz verstehen konnte, doch es war da und ließ sich nicht verleugnen.
Er wünschte, er könnte das alles dem Rudel mitteilen. Leider gab es keine Laute und Verhaltensweisen, die seine Gedanken übermitteln konnten. Ihm war klar, dass sie nicht verstanden, warum sie hier waren, abgesehen davon, dass er das Rudel anführte und sie
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