Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
seiner Ansicht nach möglich war.
Der Regen ließ gerade wieder nach, doch die haushohen Wellen rollten erbarmungslos heran. Er befahl, die Segel zu trimmen, damit sie etwas langsamer fuhren, betrachtete den Leuchtturm am Südhimmel und betete, dass die Al-Drechar noch am Leben waren. Er klopfte seinem Rudergänger auf die Schulter.
»Halte sie geradeaus, Mann«, sagte er. »Halte sie geradeaus.«
34
Es hatte ängstliche Momente in der Nacht gegeben. Der Rest des Nachmittags war unter schweren Wolken, starken Winden und gelegentlichen Güssen sowie den allgegenwärtigen Donnerschlägen und Blitzen rasch vergangen.
Sie waren den Dordovanern mehrere Stunden voraus, als der Abend kam, und noch etwa eine Stunde hinter der Meerulme . Jeder vernünftige Kapitän hätte längst befohlen, den Anker zu werfen, sobald sie in den Kanal zwischen den äußersten Inseln des Ornouth-Archipels eingefahren waren, doch dies war eine Möglichkeit, die Jevin nicht offen stand.
Die Meerulme wurde nicht langsamer, und Jevin konnte es sich nicht erlauben, das schlanke, schnelle Elfenschiff aus den Augen zu verlieren. Auch durften die Dordovaner, die ihnen folgten, nicht zu ihnen aufschließen. So musste seine Mannschaft eine schlaflose Nacht verbringen. Wer nicht unmittelbar damit beschäftigt war, das Schiff zu segeln, war an Backbord, Steuerbord, am Bug und am Heck als Wache eingeteilt. Bleilote wurden
ausgeworfen und hinabgelassen, um festzustellen, wie viel Platz noch unter dem Kiel war. Die Wellen wurden kleiner, sobald sie die geschützten Gewässer erreichten. Die Ausgucke riefen ständig Lagemeldungen herunter.
Ren war die ganze Nacht auf dem Ruderdeck geblieben und hatte Jevin Hinweise auf sichere Durchfahrten gegeben und seine Nerven beruhigt, als sein Schiff der Meerulme folgte und dabei einer Felswand, vor der sich die tiefste Fahrrinne befand, gefährlich nahe kam.
Nachdem die Besprechung beendet war und die Magier sich ins Bett gelegt hatten, um ihre Mana-Reserven aufzufrischen, blieben Hirad, der Unbekannte und Darrick in der Kapitänskajüte sitzen, sprachen Verteidigungsstrategien durch und schätzten ihre Kräfte ein. Auf dem Tisch standen noch die Reste der Mahlzeit, und die drei Männer pickten darin herum und spülten mit einem leichten, mit Wasser verdünnten Wein nach.
Der Unbekannte war in Gedanken; er hatte das verletzte Bein ausgestreckt und massierte unablässig seine Hüfte, während er eine Grimasse schnitt.
»Es wird Zeit, dass du uns sagst, wie es aussieht«, meinte Hirad. »Wir müssen deine Verfassung in unserer Planung berücksichtigen.«
»Ich will Aeb auf meiner linken Seite haben«, erklärte der Unbekannte. »Davon abgesehen brauche ich keine besondere Behandlung, klar? Das können wir uns nicht leisten.«
»So leicht kommst du mir nicht davon. Sag mir, wie es sich anfühlt.«
»Steif und schwach«, gestand der Unbekannte. »Ich hatte nicht genug Zeit, um die Muskulatur wieder aufzubauen, deshalb ist im Augenblick nur das da, was Erienne geflickt hat. Es behindert mich, und auch wenn Erienne
sagt, es werde sich geben, habe ich nicht die Bewegungsfreiheit, die ich gern hätte.« Er nagte an der Unterlippe. »Das Kämpfen wird nicht leicht.«
»Also?«
»Also werde ich das Zweihandschwert nicht benutzen. Ich habe nicht genug Kraft, um damit wirkungsvoll zuzuschlagen. Die Elfen haben einige Reserveklingen an Bord. Nicht ganz das, woran ich gewöhnt bin, aber wir haben keine Wahl. Ich werde in der linken Hand wohl einen Dolch haben.« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, Hirad, es sieht so aus, als sei ich ein Schwachpunkt.«
Hirad zog die Augenbrauen hoch. Darrick konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
»Ein Schwachpunkt?«, entgegnete der General. »Du bist möglicherweise von ›besser als alle anderen‹ auf ›besser als die meisten‹ reduziert, aber das ist auch alles.«
»Wir können es im Moment sowieso nicht ändern«, ergänzte Hirad. »Sage mir, Unbekannter, nach allem, was wir von Ren und Erienne erfahren haben, wo liegen deiner Meinung die größten Probleme?«
Der Unbekannte blies die Wangen auf. »Nun, sie werden nicht von der Landestelle aus direkt den Weg hinaufstürmen, oder? Da dürften ohnehin Schutzsprüche eingerichtet worden sein; sie können fliegen und sind fähig, Schwertkämpfer über kurze Distanzen zu tragen. Daher müssen wir mit Angriffen aus allen Richtungen rechnen. Wenn wir nicht einige Zugänge des Hauses versperren können, werden wir
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