Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
in der kalten, feuchten Dämmerung den Weg.
»Bei den Göttern, Hirad, ist das kalt«, sagte Ilkar.
»Ja, es ist kalt hier.« Hinter einer Gangbiegung erreichten sie den eigentlichen Choul. Der Gestank der Drachen war stark und Ekel erregend. Hirad grinste, als er seine Freunde keuchen hörte.
»Großer Kaan, ich habe Besucher mitgebracht.«
Sha-Kaan hob den Kopf und öffnete ein leuchtendes blaues Auge.
»Willkommen, Ilkar. Willkommen, Unbekannter Krieger.« Seine Stimme war leise und müde, als schlafe er beinahe.
»Sei gegrüßt, Sha-Kaan«, sagte Ilkar. »Ich will nicht erst nach deiner Gesundheit fragen. Hirad hat es uns nachdrücklich erklärt. Es tut mir Leid.«
»Mitleid bringt uns nicht nach Hause.« Seine Mutlosigkeit war nicht zu übersehen. Die Größe und die Ausstrahlung des Großen Kaan waren unverändert, doch ihm fehlte die Tatkraft, und seine trägen Bewegungen verrieten, wie niedergeschlagen er war.
»Hirad hat euren Wunsch erwähnt«, sagte der Unbekannte.
»Es war immer unser Wunsch. Jetzt ist es eine Notwendigkeit.« Sha-Kaan sah die beiden unverwandt an. »Ihr habt eine seltsame Zeit für euren Besuch gewählt. Regen und Dunkelheit sind meines Wissens überhaupt nicht nach dem Geschmack der Menschen.«
Der Unbekannte zuckte mit den Achseln. »Wir brauchen Hirad. Das Wetter ist unwichtig.«
»Und ich habe ihnen gesagt, dass ich ihnen nicht helfen werde«, unterbrach Hirad.
»Wobei helfen?«, wollte Sha-Kaan wissen.
»Densers Tochter zu finden.«
»Ah.« Sha-Kaan öffnete den Mund, die Kiefer klafften unglaublich weit auseinander, die Reißzähne schimmerten im Licht der Laterne. »Ich hätte mir ja denken können, dass dein Zorn mit dem Dieb zu tun hat, Hirad Coldheart. Wahrscheinlich hat er den Rückweg nach Beshara noch nicht gefunden.«
»Nein«, sagte Hirad knapp. »Er hat es noch nicht ganz geschafft, sich bis an die Spitze der xeteskianischen magischen Gesellschaft hochzuschmeicheln.«
Ilkar seufzte.
»Hast du etwas zu ergänzen?«, fragte Sha-Kaan.
»Hirad weiß, dass er meiner Ansicht nach zu streng mit Denser ist, auch wenn ich verstehe, wie frustriert ihr alle über die lange Wartezeit seid. Wir reden hier aber über die Sicherheit Eriennes und ihrer Tochter Lyanna. Sie schweben in großer Gefahr, auch wenn es ihnen selbst möglicherweise nicht bewusst ist. Dordover sucht sie gerade, und Denser glaubt, dass sie Lyanna nicht unbedingt lebendig schnappen wollen.«
»Und ich sagte, dass er einen Haufen Mist erzählt«, wandte Hirad ein. »Dordover hat sie ausgebildet. Warum sollten sie das Mädchen jetzt töten wollen?«
»Ich habe es zu erklären versucht, aber du hast nicht zugehört. Es liegt an dem, was in ihr schlummert, und an dem Ort, zu dem sie vermutlich gegangen sind«, sagte Hirad.
Sha-Kaan schnaufte, es war ein tiefes Grollen, das dumpf in der Höhle hallte.
»Ist dieses Kind eine Magierin?«, fragte er.
»Es wird ihr kaum gerecht, wenn man sie als Magierin bezeichnet«, entgegnete Ilkar. »Sie ist mit ziemlicher Sicherheit
für die Lehren aller vier Kollegien offen, und wahrscheinlich kann sie sogar den Einen Weg verstehen.«
Nos-Kaan und Hyn-Kaan rissen abrupt die Köpfe hoch, und alle drei Drachen starrten Ilkar an, der unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Die Kaan bewegten sich aufgeregt und sahen in diesem Moment aus wie eine Bestie mit drei pendelnden Köpfen und einem einzigen, riesigen Leib.
»Wohin ist sie gegangen?«, wollte Sha-Kaan wissen.
»Denser nimmt an, dass sie jetzt bei den Vertretern des Einen Weges ist. Wir wissen allerdings nicht, ob sie überhaupt noch existieren, ganz zu schweigen davon, wo sie sich aufhalten.«
»Die Al-Drechar«, schnaufte Sha-Kaan. »Wenn sie noch leben, dann müssen sie gefunden werden. Hirad, du musst dabei helfen.«
»Wer sind diese Al… was auch immer?«
»Hüter des Einen Weges sind sie«, erklärte Sha-Kaan. »Septern hat sein Wissen gewiss mit ihnen geteilt. Er war einer von ihnen. Sie können uns nach Hause bringen.«
Die Vorhut der Protektorenarmee bewegte sich einen halben Tag voraus, an der Grenze der Reichweite, innerhalb der sie noch Kontakt zu ihren Brüdern halten konnte, und kümmerte sich um die Erkundung des Geländes. Zwanzig maskierte, schweigsame Männer wurden von vier Magiern begleitet, die ihre Bewegungen organisierten, aber nicht mehr die höchste Strafe für Ungehorsam verhängen konnten.
Die Protektoren stellten die schwindende, aber immer noch Ehrfurcht gebietende
Weitere Kostenlose Bücher