Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
Macht der xeteskianischen Berufung dar. Der letzte Mann war vor mehr als sechs Jahren aufgenommen und später in einer Zeremonie freigelassen
worden, die erst wiederholt werden konnte, wenn man weitere Forschungen angestellt hatte. Er war der Unbekannte Krieger, und sie würden ihn nie vergessen.
Vor gar nicht so langer Zeit wäre ein Protektor, der gegen die strengen Regeln seiner Berufung verstieß, noch den schlimmsten seelischen Qualen durch die Dämonen ausgesetzt worden, solange es seinem Gebieter beliebte. Dies war nicht mehr zulässig, auch wenn man es den Dämonen nicht mitgeteilt hatte. Die Dämonen hatten Seelen, die sie quälen konnten, als Entlohnung dafür verlangt, dass sie die Dämonenkette aufbauten und unterhielten. Über diese Kette blieb jeder Protektor an seine Seele gefesselt, die außerhalb des Körpers im Seelenverband tief unten in den Katakomben von Xetesk festgehalten wurde.
Im Grunde wurde die Bestrafung ohnehin nicht gebraucht. Aeb, der sich an der Spitze der Vorhut befand, konnte sich kaum noch an die Jahre vor seiner Aufnahme erinnern. Er war damals wahrscheinlich noch nicht einmal zwanzig Jahre alt gewesen, dachte er. Jetzt kannte er nur noch die Gemeinschaft des Seelenverbandes, in dem seine eigeneSeele mit denen von einigen hundert Brüdern vereint war. So entstand zwischen den Protektoren eine Verbundenheit, die kein anderer Mensch erfassen konnte. Sie alle bezogen auf einer sehr grundlegenden Ebene Kraft, Trost und Verständnis aus dieser Verbindung. Die Nähe verlieh ihnen ihre Macht.
Er wusste, dass man ihn eines Tages fragen würde, ob er sich für die Freiheit entschied. Er war nicht sicher, was er darauf antworten sollte.
Doch einige Regeln blieben unverändert. Ein Protektor konnte keine eigenen Entscheidungen treffen, es sei
denn in einer Kampfsituation, nachdem sein Gebieter gefallen war. Auch erfuhren die Protektoren nie, wohin sie marschierten. Sie gehorchten und kämpften oder drohten, wie man es ihnen aufgetragen hatte. Aeb akzeptierte, dass es so sein musste. Und obwohl die Seelen unglücklich in ihrem Gefängnis in Xetesk schmachteten, freuten sie sich über die Gemeinsamkeit und die Macht, die sie dadurch gewannen. Abweichler gab es nicht. So war es schon immer gewesen, und allein die Vorstellung, dass jemand ausscheren könnte, war unfassbar. Dies hätte die gesamte Ordnung unterlaufen, und das war nicht hinnehmbar. Schrecklich.
Aeb war sich bewusst, dass die Forschungen die Bruderschaft zerbrechen würden, und das machte ihn traurig. Im Augenblick aber fürchteten die Menschen die Protektoren, und das war gut so. Menschen wie die dordovanische Kavallerie, der sie begegnet waren.
Sie waren von Xetesk aus vier Tage lang nach Süden und dann nach Osten gereist. Sie hatten erst spät am Abend gerastet und waren am nächsten Morgen in der Dämmerung wieder aufgebrochen. Sie hatten sich schnell bewegt, und ihre Pausen wurden nur durch die Müdigkeit der Magier und Pferde bestimmt. Eine Wegstunde außerhalb des Magierlandes, in einem Gebiet, wo es einst fruchtbare Felder gegeben hatte, das jetzt jedoch von ständigen Regenfällen heimgesucht wurde, hatten sie gerastet, um sich zu erfrischen.
Den ganzen Tag über war aus rasch dahinziehenden Wolken ein leichter Regen niedergegangen, der vom Wind getrieben wurde und die Sicht behinderte. Die Feuchtigkeit drang unter die Rüstungen und hinter die Masken, und das Land lag still, als habe jedes andere Lebewesen irgendwo Unterschlupf gesucht. Nebelschwaden täuschten
die Augen und ließen Gestalten lauern, wo keine waren. Schon eine ganze Weile, bevor die Dordovaner auftauchten, hatte man dumpfe Hufschläge gehört. Der Regen und der Wind machten es jedoch schwer, die Richtung zu bestimmen, aus der sie kamen. Schließlich standen die Dordovaner vor ihnen. Ihre Anführer hatten abrupt die Pferde gezügelt, als sich die Xeteskianer aus dem Nebel herausschälten.
Aeb gestattete sich einen Hauch von Genugtuung. Er konnte Elx’ dunkle, glänzende Maske sehen und wusste, dass die Reiter beim Anblick der Protektoren erschrocken waren. Aeb übermittelte dem Haupttrupp ihrer Armee eine Botschaft und bezog seine neunzehn Brüder ein, um das Signal über die große Entfernung hinweg zu verstärken.
Die Magier traten ins Zentrum des Weges, als aus der Mitte der dordovanischen Kolonne ein Reiter nach vorne kam. Auch er war ein Magier, doch er war fett, und das Gesicht war unter der Kapuze seines Mantels von ungesunder bleicher
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