Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
zu widersprechen. Wir wären nicht einmal erwischt worden, wenn er nicht eingeknickt wäre. Sobald ihn die Herzogin befragt hatte, war er vor Angst erstarrt. Seinen weit aufgerissenen Augen und dem bleichen Gesicht hatten sie sofort angesehen, dass er etwas angestellt hatte. Dies war das einzige Mal gewesen, dass mir die Herzogin eigenhändig die Rute gezeigt hatte.
»Mir wird schon nichts passieren«, beruhigte ich ihn. Dennoch machte ich mir Gedanken. Wenn dieses Mal etwas schiefging, musste ich mit wesentlich Schlimmerem rechnen als mit der Prügelstrafe. Ich kehrte in mein Zimmer zurück. Ehe wir am Morgen aufbrachen, hatte ich noch viel zu tun. Vor allem brauchte ich ein ganz bestimmtes Buch.
Die Wagen rollten stetig auf die Tore von Albamarl zu. Joe kutschierte das erste Fuhrwerk, ich saß neben ihm. Ich trug eine Armbrust und war als Wächter verkleidet, denn ich hatte keine Lust, irgendjemandem meine wahre Identität zu verraten, wenn wir die Stadt erreichten. Ich war nicht sicher, was seit meinem letzten Besuch vor einem Monat geschehen sein mochte, aber wenn Lord Arundel tatsächlich mit dem König gesprochen hatte, dann konnte ich nicht gerade mit einem warmen Empfang rechnen. Es war besser, vorsichtig aufzutreten.
Penny ritt neben dem Fahrer des zweiten Wagens und war ähnlich gekleidet. Eine Wächterin mochte zwar etwas ungewöhnlich sein, sollte aber nicht allzu viel Aufmerksamkeit wecken, sofern die Stadtmiliz nicht mit meiner Rückkehr rechnete. Falls sie auf einen Mann achteten, der mit einer Kriegerin reiste, erregte sie vielleicht Verdacht. Doch Penny hatte diese Rolle erst nach unserer Abreise übernommen. Es stand zu hoffen, dass sie nicht auf diese Idee gekommen waren. Außerdem zogen sie vermutlich ohnehin nicht in Betracht, ich könnte mich heimlich nach Albamarl schleichen. Wenn es nach dem König ging, saß ich zu Hause und bereitete mich auf eine schreckliche Niederlage vor.
Die Torwächter ließen uns nach ein paar oberflächlichen Fragen passieren. So viele leere Wagen weckten natürlich ihre Neugierde, aber sie sahen keinen Grund, uns aufzuhalten. Schon nach einigen Minuten fuhren wir durch die Straßen von Albamarl. »Wohin zuerst?«, fragte Joe.
»Zum Haus der Lancasters. Dort müsste genug Platz für uns sein. Ich habe noch einige Vorkehrungen zu treffen, ehe wir irgendetwas anderes tun«, antwortete ich.
Die Tore des Anwesens standen offen, als wir eintrafen, was mir ungewöhnlich vorkam. Bei unserem letzten Besuch waren sie geschlossen und bewacht gewesen. Wir fuhren hinein, und ich stieg ab. »Fahrt um das Haus herum. Dort hinten müsste für alle Wagen genug Platz sein«, trug ich Joe auf. Dann ging ich zur Vordertür und öffnete sie.
Das Haus schien leer, also suchte ich gründlicher, um jemanden zu finden, der mir erklären konnte, was geschehen war. James saß im Frühstückszimmer. Er wirkte müde. Das Zimmer selbst schien zwar einigermaßen repariert, die Arbeiten waren aber noch nicht abgeschlossen.
»Mordecai!«, rief er und sprang auf.
»Mylord«, antwortete ich. »Ihr wirkt ungewöhnlich bedrückt.« In der Tat, der gute Herzog machte einen richtiggehend deprimierten Eindruck. Es kam selten vor, dass man ihn so niedergeschlagen sah. Gewöhnlich war er von bester Gesundheit und voller Kraft.
»He«, sagte er. »Da könntet Ihr recht haben. Wärt Ihr schon vor ein paar Stunden hier gewesen, so würdet Ihr auch den Grund verstehen.«
»Was ist passiert?«
»Der König hat Hightower zum Handeln gezwungen. Der Mann kam mit der königlichen Wache und beschlagnahmte alles, was Rose für die nächste Reise gekauft und eingelagert hatte. Außerdem haben sie noch eine Menge mehr mitgenommen, um sicher zu sein, dass sie auch alles hatten«, sagte er.
»Ich habe bemerkt, dass an Eurem Tor keine Wache steht.«
»Sie haben alle verhaftet, die Rose angeheuert hatte, darunter auch meine eigenen Gefolgsleute. Zuerst dachte ich, sie würden auch mich festnehmen, aber anscheinend genieße ich noch immer die Gnade des Königs«, sagte er.
»Rose wird entsetzt sein, wenn sie es herausfindet«, überlegte ich.
»Lord Hightower führte die Wächter persönlich an und nahm Rose mit.«
»Ging sie freiwillig?«, fragte ich.
»Er fesselte sie wie ein wildes Tier. Das war alles andere als freiwillig.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Ich nehme an, sie ist im Haus ihres Vaters eingesperrt. Vermutlich hat er sich lieber persönlich darum gekümmert, weil sie sonst im Gefängnis des
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