Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
entging mir seine Haltung freilich nicht. Er kam mir wie eine gespannte Feder vor, die jederzeit und ohne Vorwarnung mit tödlichen Folgen losschnellen konnte. Unwillkürlich fragte ich mich, wie ein Kampf zwischen ihm und Dorian ausgehen mochte.
Er zuckte mit den Achseln. »Wenigstens machen wir uns nichts vor. Mein Name ist Cyhan.«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Nur … Cyhan?«
»Jeder andere Name, den ich einmal hatte, ist schon lange tot. Wenn Ihr mir einen neuen Namen geben wollt, soll es mir recht sein.« Die Miene des Mannes verriet nicht, was in ihm vorging.
»Cyhan ist schon in Ordnung. Müssen wir sonst noch etwas besprechen, ehe wir losgehen? Ich habe heute noch einiges zu erledigen.« Ich war ungeduldig und wollte mich endlich in Bewegung setzen.
»Eines nur«, erwiderte er. »Bevor wir beginnen, müsst Ihr begreifen, wie die Dinge zwischen uns stehen. Ich bin nicht Euer Diener. Ich bin auch nicht Euer Freund. Ich bin hier, um eine Aufgabe zu erledigen, und ich kümmere mich um nichts anderes als um diese Aufgabe. Wenn es so aussieht, als käme mir dabei etwas in die Quere, dann sorge ich dafür, dass es mich nicht lange aufhält. Wenn Ihr mitspielt, werden wir gut auskommen. Wenn nicht, wird meine Aufgabe rasch beendet sein.« Selbst als er mich bedrohte, änderte sich seine Miene nicht. Insgesamt fand ich ihn zwar beängstigend, aber ich wollte verdammt sein, wenn ich mir das anmerken ließ.
»Habt ihr meinem Vater das Gleiche gesagt?«, fragte ich.
»Wie bitte?«
»Ihr habt es gehört. Ich weiß, dass Ihr meine Mutter ausgebildet habt, also müsst ihr irgendwann eine ähnliche Unterhaltung mit ihm geführt haben. Ich bin neugierig, wie er darauf reagiert hat.«
»Er war jünger, als Ihr es jetzt seid, aber er wusste bereits, was notwendig war, und deshalb mussten wir ein solches Gespräch nicht führen. Außerdem hatten wir bereits begonnen, die Kandidaten auszubilden. Er musste nur noch wählen.«
Seltsam, dass er meine Mutter aus einer ganzen Reihe von Kandidaten ausgewählt hatte. »Habt Ihr mehr als einen ausgebildet?«
»Damals lebten noch mehrere Magier, und aus diesem Grund hatten wir eine kleine Schule, in der immer einige Kandidaten bereitstanden – für den Fall, dass sie gebraucht wurden.« Auch das erklärte er mir wie alles andere in völlig nüchternem und sachlichem Ton.
Meine Neugierde war nicht mehr zu bezähmen. »Was ist mit denen geschehen, die nicht ausgewählt wurden?«
»Einige wurden Ritter, andere haben die nächste Generation ausgebildet.«
»Wie Ihr selbst?«
»Ja, nur dass wir nach dem Tod Eures Vaters dachten, es gäbe keine Magier mehr.«
Sein Blick beunruhigte mich, aber ich konnte den Grund nicht erkennen und schob das Gefühl zur Seite. »Also gut, dann lasst uns gehen. Der Tag währt nicht ewig.«
Cyhan nahm einen schwer aussehenden Packen auf, und wir gingen hinaus. Unterwegs warf Penny ihm ein paar anerkennende Blicke zu, und ich wurde mächtig eifersüchtig. Dann fielen mir die jüngsten Erlebnisse ein, und ich konnte ihre Gefühle – während ich Rose betrachtet hatte – etwas besser verstehen. Trotzdem gefiel es mir nicht. Schließlich ergriff der kräftige Krieger wieder das Wort. »Wohin gehen wir?«
»Zur königlichen Bank«, erklärte Penny.
Cyhan sah sie an, als bemerkte er sie erst jetzt. Langsam musterte er sie von oben bis unten. Das war mir egal, denn so hätte auch ein Fleischer eine Rinderhälfte vor dem Zerlegen gemustert. »Entschuldigt meine Manieren. Wir wurden uns noch nicht vorgestellt …«, sagte er.
»Penelope Cooper«, antwortete sie rasch. »Ich werde die Bindung mit ihm eingehen.« Mit dem Daumen deutete sie auf mich.
Cyhan grinste und entblößte dabei seine großen weißen Zähne. Das war der stärkste Gefühlsausdruck, den ich bisher bei ihm gesehen hatte, und er beunruhigte mich sehr. »Freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Miss Cooper. Wir haben noch viel Zeit, einander kennenzulernen, aber ich glaube, Ihr werdet nicht sehr angetan davon sein.«
»Was meint Ihr damit?«, fragte sie unsicher.
Der große Dreckskerl lachte nur. »Oh, das werdet Ihr noch früh genug merken. Es wäre nicht schön, Euch jetzt schon den Spaß zu verderben.« Danach gab er kein Wort mehr von sich und weigerte sich, ihre Fragen zu beantworten, obwohl sie ihm unablässig zusetzte, während wir durch die Stadt liefen.
Schließlich hielt ich es für angebracht, das Thema zu wechseln. »Cyhan, ich habe eine
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