Der bunte Hund von Schreckenstein
läßt du unsern Bonzo fast verbluten, damit du zu deiner Amanda kannst!“
„Führ du ihn lieber Gassi, damit er nicht in den Eßsaal machen muß!“ gab Andi zurück.
„Erst das Vergnügen, dann die Pflicht!“ tadelte Dieter.
„ Chicago! “fuhr Andi ihn an. „Ihr habt selber gesagt, die Verletzung sei gar nicht so schlimm. Er hätte nur einen Schock.“
„Dann hättest du ja dableiben und am Staffeltraining teilnehmen können!“ herrschte Ottokar ihn an.
Stephan winkte ab. „Er wollte doch zu seiner Amanda!“ Dampfwalze platzte. „Sie ist nicht seine Amanda!“
„Entschuldige. Sie ist natürlich deine!“ flachste Klaus. Und nun redeten alle durcheinander auf Andi ein.
Der winkte lässig ab: „Ich hab einen kleinen Abstecher gemacht. Ja und? Den Berg war ich sowieso raufgefahren — gutes Training! Mein Besuch war — wie ihr gleich hören werdet — sehr nützlich.“ Er machte eine Pause.
Emil drehte die Dusche ab, um besser zu verstehen. „Fräulein Doktor Horn hat mir ein Buch mitgegeben“, fuhr Andi fort.
„Du hast die Horn gesprochen?“ staunte Miniritter Herbert.
„Tripolis!“ raunte ihm der kleine Kuno zu.
Dampfwalze bekam seinen Karpfenblick. „Dann hast du Amanda gar nicht gesehen?“
„Aber ja doch. Wir sind zusammen geschwommen. Dann hab ich zur Horn gesagt, daß wir einen verletzten Hund haben und nicht Bescheid wissen. Da hat sie mir ihr Hundebuch mitgegeben…“
Ottokar nickte. „Und heut’ willst du’s zurückbringen?“
Auch Mücke nickte. „Brauchbarer Seitensprung.“
Dampfwalze schnaubte. „Das hast du dir ja sauber eingefädelt, daß du wieder rüber kannst…“
„ Montreal! “Stephan hob den Zeigefinger. „Wenn die Horn weiß, daß wir einen verletzten Hund haben, wird sie ihn Andi gleich mitgeben!“
Ritter feixten, und Hans-Jürgen, der Dichter, reimte:
Hunde klauen bei Gewitter,
rächt sich schnell und rächt sich bitter!
Hätten die Mädchen Bonzo-Mumsi gleich nach dem Dauerlauf in den alten Stall des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes gebracht, wäre alles gutgegangen. So aber mußte ihn Isabella vor dem Frühstück hinüberbringen, und, wie es der Zufall wollte, tat Fräulein Doktor Horn an diesem Morgen, was sie sonst nie tat: Sie schaute in den Gemüsegarten, um festzustellen, ob das Gewitter Schaden angerichtet hatte. Dabei wäre ihr Bonzo nicht unbedingt begegnet. Aber da ihn alles interessierte, was sich bewegte, lief er ihr mit fröhlichem Schwanz wedeln entgegen.
„Ja, wer kommt denn da?“ Die Leiterin beugte sich hinunter, um ihn zu tätscheln, hielt dann aber unvermittelt inne. „Oh, da hast du ja eine tiefe Wunde!“
Isabella hielt den Atem an. Wenn sie jetzt eine Frage stellt, fällt mir nichts ein! — dachte sie.
FDH fragte jedoch nichts. Sie sprach in einem bei ihr besonders albernen Babyton und spielte mit der Wollwurst.
„Dann biddu wohl das Hundili, das der Hasso debissen hat? Bist wieder weddelaufen, dein Herrchen und Frauchen suchen. Und dann biddu in das Dewitter detommen und aus lauter Angst bei uns unterdekrochen…“
Isabella hatte sich gerade eine Erklärung zurechtgelegt. Sie wolle den Hund Gassi führen vor dem Frühstück — wollte sie sagen. Die Leiterin wäre sofort argwöhnisch geworden. Wenn man einen Hund rausführt, heißt das, daß er vorher schon im Haus war. Wie sollte er da hineingekommen sein? Auf Rosenfels waren die Türen nachts geschlossen.
Eine andere Notlüge konnte Isabella sich sparen. Fräulein Doktor Horn hatte ihre ureigene Erklärung bereits erfunden, und die sollte von nun an gelten.
Im Eßsaal glaubten die Mädchen nicht recht zu sehen, wie ihre strenge Leiterin zum Frühstück erschien: mit Bonzo-Mumsi auf dem Arm. In allerbester Laune erzählte sie ihre Geschichte, lobte den Instinkt, der es Hunden ermögliche, sich auch in fremder Gegend zurechtzufinden, und gab der Wollwurst einen weiteren, nach ihrem Gefühl treffenden Namen: Spätzchen.
„Ich bin sehr glücklich über diese Fügung!“ belehrte sie die Mädchen. „Das Spätzchen soll es gut bei uns haben! Ich werde ihm ein Plätzchen in meinem Zimmer einrichten! Ein Hund erzieht den Menschen zu Nachsicht und Verständnis. Ihr sollt euch alle seiner annehmen, mit ihm spielen! Ihr seid jetzt sein Rudel. Aber überanstrengt und vor allem überfüttert ihn nicht! Man muß der Kreatur ihre Freiheit lassen.“
„O wie wahr, Fräulein Doktor Horn!“ flötete Ingrid zuckersüß. „Freiheit ist für alle Lebewesen das
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