Der Canyon
Männer eingerichtet, die in den Staatsforsten Wege angelegt haben – etwa ein Dutzend Holzhütten um ein altes Gebäude mit Ess- und Versammlungssaal. Vor ein paar Jahren hat ein Gentleman aus Texas das gesamte Camp gekauft. Er hat das Haupthaus renoviert und zu einem entzückenden Ferienhaus mit drei Schlafzimmern und drei Bädern umgebaut. Alles andere hat er im Originalzustand belassen. Er hat eine Weile da oben gewohnt, aber es war ihm ein bisschen zu einsam, und jetzt vermietet er das Anwesen.«
»Das klingt, als kämen dort auch Touristen hin.«
»Die Anlage ist komplett abgesperrt, das Land darum herum ist Privatbesitz, und das gesamte Anwesen ist von Staatsforst umgeben. Es liegt am Ende einer zwölf Kilometer langen, unbefestigten Straße, die letzten drei Kilometer zum Camp sind nur mit Vierradantrieb zu bewältigen.« Sie blickte auf. »Sie haben doch ein Fahrzeug mit Vierradantrieb?«
»Range Rover.«
Sie lächelte. »Eine solche Straße dürfte Besucher weitgehend fernhalten.«
»Ja.«
»Hier steht auch etwas Interessantes über die Geschichte. Bevor dort das CCC-Camp errichtet wurde, war Perdiz Creek eine alte Goldgräbersiedlung. Es gibt dort einige Minen und« – sie lächelte ihn an – »angeblich sogar ein Gespenst. Das würde ich nicht jedem Interessenten erzählen, aber da Sie ja Schriftsteller sind …«
»Meine Geschichte könnte ein Gespenst vertragen.«
»Hier steht noch: sehr geeignet zum Wandern, Mountainbiking, Reiten. Umgeben von staatlich geschützten Wäldern. Aber natürlich bietet es moderne Annehmlichkeiten wie Strom und Telefon.«
»Das klingt ja ideal. Allerdings möchte ich auf keinen Fall, dass der Besitzer unangemeldet hereinschneit.«
»Er ist in Italien, und ich kann Ihnen außerdem sagen, dass er nicht zu dieser Sorte Vermieter gehört. Wir managen die Vermietung für ihn, und falls jemand dort hinausfahren muss, macht das einer von uns – und dann nur mit triftigem Grund und mindestens vierundzwanzigstündiger Vorankündigung. Ihre Privatsphäre würde vollkommen gewahrt. «
»Miete?«
»Der Preis ist angemessen. Dreitausendachthundert im Monat, wenn Sie für den ganzen Sommer mieten.«
»Klingt perfekt. Ich würde es mir gern ansehen.«
»Wann?«
»Jetzt gleich.« Er klopfte sich auf die Jacketttasche, in der das Scheckbuch steckte. »Ich wäre bereit, den Vertrag heute noch zu unterschreiben. Ich will mich endlich wieder an meinen Roman machen. Es ist ein Krimi, eine Mordgeschichte.«
22
Tom starrte gebannt auf den breiten Bildschirm des PowerBook. Zunächst geschah gar nichts, und dann baute sich ein Bild von oben nach unten auf, eine verschwommene erste Iteration.
»Die Verarbeitung dauert eine Weile«, murmelte Wyman.
Der erste Durchlauf war nun abgeschlossen, das Bild jedoch nur ein Schatten, ein dunkler Fleck. Es sah keineswegs aus wie eine Schatzkiste oder eine vergessene Mine, aber vielleicht sollte das der Umriss einer Höhle werden. Ein zweiter Durchlauf begann, Zeile für Zeile wurde das Bild schärfer. Tom stockte der Atem, als der Fleck zu einem Objekt wurde. Einem unverkennbaren Objekt. Er konnte es kaum glauben und hatte das Gefühl, das müsse eine optische Täuschung sein, es könne gar nicht das sein, wonach es aussah. Beim dritten Durchlauf wurde ihm klar, dass er keiner optischen Täuschung unterlag.
»O Gott«, sagte Tom. »Das ist kein Schatz. Das ist ein Dinosaurier.«
Wyman lachte, und seine Augen blitzten. »Ich habe Ihnen doch gesagt, es würde Sie umhauen. Sehen Sie sich die Maßstabsbalken an. Das ist ein T-Rex, und meinen Nachforschungen zufolge bei weitem der größte, der je gefunden wurde.«
»Aber das ist ja das ganze Tier, nicht nur die Knochen.«
»So ist es.«
Tom verschlug es die Sprache. Das war zweifellos ein Tyrannosaurus Rex – der Umriss war unverkennbar; er lag verzerrt auf der Seite. Aber das war nicht nur ein fossiles Skelett – offenbar waren große Teile der Haut, der inneren Organe und Muskeln mitsamt den Knochen fossilisiert. »Das ist eine Mumie«, flüsterte Tom, »eine fossile Dinosaurier-Mumie.«
»Genau.«
»Unglaublich. Das muss eines der größten Fossilien sein, die jemals gefunden wurden.«
»Stimmt. Es ist praktisch vollständig, bis auf ein paar Zähne, eine Klaue und die letzten dreißig Zentimeter des Schwanzes. Sie sehen ja, wie einige Teile aus dem Gestein herauszuragen scheinen.«
»Der Ermordete hat also nach Dinosauriern gesucht.«
»Exakt. Dieser ›Schatz‹, von dem er
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