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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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Kilometer der katastrophalen Straße zum Kloster zurücklegte, hatte seine Ungeduld sich zu fiebriger Erregung gesteigert.
    Bald ragte der Glockenturm des Klosters über dem Gestrüpp auf, und Tom hielt auf dem Parkplatz. Als er ausstieg, überrollte ihn die eigene Staubwolke. Gleich darauf kam Bruder Wyman von der Kirche heruntergerannt, mit flatternder Kutte wie eine riesige Fledermaus in der Abflugphase.
    »Wie lange haben Sie gebraucht, um den Code zu knacken?«, fragte Tom, als sie gemeinsam den Hügel hinaufstiegen. »Zwanzig Minuten?«
    »Zwanzig Stunden. Und ich habe ihn nicht geknackt.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das war ja gerade das Problem. Es war kein Code.«
    »Kein Code?«
    »Das war es, was mich so verwirrt hat. Diese vielen Zahlen in ordentlichen Zeilen und Reihen, da konnte ich immer nur an eine Chiffre denken. Jeder Test, den ich durchgeführt habe, wies darauf hin, dass die Zahlen nicht zufällig angeordnet waren, dass sie ganz eindeutig Muster bildeten – aber auf welche Weise? Es war kein Primzahlencode; es war weder eine Substitutions- noch eine Transpositionschiffre oder nach sonst irgendeiner mir bekannten Methode verschlüsselt. Ich war völlig ratlos – bis ich darauf kam, dass es gar keine Chiffre ist.«
    »Was ist es dann?«
    »Daten.«
    »Daten?«
    »Wie idiotisch von mir. Ich hätte es sofort erkennen müssen.« Wyman brach ab, als sie sich dem Refektorium näherten, und legte den Zeigefinger an die Lippen. Sie gingen hinein, einen Flur entlang und in einen kleinen, weiß getünchten Raum. Auf einem groben Holztisch stand ein Apple-Laptop unter einem beunruhigend wirklichkeitsnahen Kruzifix. Ford blickte sich schuldbewusst um und schloss sorgfältig die Tür.
    »Wir dürfen hier drin eigentlich nicht sprechen«, flüsterte er. »Ich komme mir vor wie ein ungezogener Schuljunge, der auf der Toilette raucht.«
    »Also, was für Daten sind das?«
    »Werden Sie gleich sehen.«
    »Haben sie Ihnen etwas über die Identität des Mannes verraten?«
    »Nicht direkt, aber hiermit werden Sie ihn ausfindig machen können. Da bin ich sicher.«
    Sie zogen zwei Stühle an den Tisch und setzten sich vor den Computer. Bruder Wyman klappte den Laptop auf, schaltete ihn an, und die beiden warteten, während er hochfuhr. Dann begann Ford schnell zu tippen. »Ich stelle jetzt eine Breitband-Internetverbindung via Satellit her. Unser Mann hat ein Radiometer benutzt und die Daten in sein Notizbuch übertragen.«
    »Was für ein Instrument ist das?«
    »Ich habe eine Weile gebraucht, um dahinterzukommen. Schatzsucher und Prospektoren benutzen für gewöhnlich zwei Instrumente. Das erste ist ein Protonenmagnetometer, im Grunde ein unglaublich komplizierter und leistungsfähiger Metalldetektor. Man führt ihn am Boden entlang, und er misst winzige Variationen im lokalen Magnetfeld. Aber er liefert Daten in Milligauß, und die sehen überhaupt nicht aus wie diese Zahlen. Das zweite Gerät arbeitet mit dem elektromagnetischen Reflexionsverfahren, ist also ein Bodenradar. Es sieht aus wie ein durchlöcherter Teller mit einer Menge kleiner Antennen. Die Funktionsweise ist einfach, es strahlt Radarimpulse in den Boden ab und zeichnet die Reflexionen auf. Abhängig von der Beschaffenheit des Bodens, etwa wie trocken er ist, können die Impulse bis zu fünf Meter tief eindringen, bevor sie reflektiert werden. Auf diese Weise kann man ein grobes dreidimensionales Bild von etwas erhalten, das in den Boden oder in bestimmte Gesteine eingebettet ist. Es zeigt einem Hohlräume, Höhlen, alte Minen, vergrabene Schatzkisten, Erzadern, uralte Mauern oder Gräber – solche Dinge.« Er hielt inne, um Luft zu holen, und fuhr dann hastig und leise fort: »Die Zahlen in Ihrem Notizbuch haben sich als Datenstrom eines hochempfindlichen, eigens angefertigten Bodenradars entpuppt. Zum Glück produzierte das Ding sein Output in einem Standardformat, das einem verbreiteten Gerät von Dallas Electronics nachempfunden ist, so dass man die Bilder mit stinknormaler, überall erhältlicher Software verarbeiten kann.«
    »Dieser Schatzsucher hat es wirklich ernst gemeint.«
    »Allerdings. Er wusste genau, was er tat.«
    »Und, hat er einen Schatz gefunden?«
    »Allerdings.«
    Tom hielt die Spannung kaum mehr aus. »Was denn?«
    Wyman lächelte und hob den Zeigefinger. »Sie werden gleich ein Radarbild davon sehen, aufgenommen mit dem Bodenradar. Darum ging es bei all diesen Zahlen in dem Buch: eine sorgfältige Vermessung und

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