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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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sie ab, ließ sie an der Quelle saufen und band sie dann zum Grasen an. Als er zurückkam, hatte Sally eine dünne Decke über einen Tisch gebreitet und ihr Picknick ausgepackt. Mitten auf dem Tisch stand eine eben geöffnete Flasche Rotwein.
    »Das hat doch mal Klasse«, sagte Tom und griff danach. »Castello di Verrazzano, 97er Riserva.«
    »Ich habe ihn in meine Satteltasche geschmuggelt. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
    »Ich fürchte, den hat es ganz schön durchgeschüttelt«, sagte Tom in gespielt tadelndem Tonfall. »Findest du wirklich, dass wir schon zum Mittagessen Alkohol trinken sollten? Außerdem soll man doch nicht trinken und reiten.«
    »Na, na«, ahmte Sally seine Gouvernanten-Stimme nach, »dann werden wir die Regeln wohl ein bisschen großzügiger auslegen müssen, nicht wahr?« Sie nahm zwei gewaltige Bissen von ihrem Sandwich und goss dann Rotwein in einen Plastikbecher. »Hier.«
    Er nahm den Becher, schwenkte ihn herum, nippte und spielte den Weinkenner. »Beere, Vanille und ein Hauch von Schokolade.«
    Sally goss sich ebenfalls einen Becher ein und trank gierig. Tom biss von seinem Sandwich ab und beobachtete sie beim Essen. Grünliches Licht fiel durch das Blätterdach, und jede leichte Brise ließ die Bäume rascheln. Als er aufgegessen hatte, legte er sich auf die Decke, die sie im weichen Gras ausgebreitet hatte. In der Ferne, durch die Pappeln hindurch, konnte er die Pferde im Halbschatten grasen sehen. Plötzlich spürte er eine kühle Hand auf der Stirn. Er drehte sich um und sah Sally, die sich über ihn beugte, wobei ihr blondes Haar ihr wie ein Vorhang ins Gesicht fiel.
    »Was wird denn das?«
    Sie lächelte. »Wonach sieht es denn aus?« Sie stützte die Hände zu beiden Seiten seines Kopfes auf die Decke.
    Tom versuchte sich aufzurichten, doch sie schob ihn sanft zurück aufs Gras.
    »He …«, sagte er.
    »Selber he.«
    Eine ihrer Hände glitt unter sein Hemd und streichelte seine Brust. Sie beugte sich vor und küsste ihn. Ihre Lippen schmeckten nach Pfefferminze und Wein. Sie lehnte sich ganz über ihn, und ihr Haar fiel ihm auf die Brust.
    Er streckte die Hand aus, berührte es, streichelte es, strich dann mit der Hand ihren kräftigen Rücken hinab und merkte, wie sich ihre Muskeln spannten. Als er sie zu sich herabzog, spürte er ihren schlanken Körper und ihre weichen Brüste, die sich an ihn schmiegten.
    Danach lagen sie nebeneinander auf der Decke. Sein Arm war unter ihren Nacken geschoben, und er blickte in ihre unglaublichen türkisblauen Augen.
    »Viel schöner geht es gar nicht mehr, oder?«, fragte er.
    »Nein«, flüsterte sie. »Es ist so schön, dass es einem beinahe Angst machen könnte.«

7
    Maddox spazierte die Canyon Road entlang und bog am Camino del Monte Sol ab. Ein Wald handbemalter Schilder bot sich ihm dar; sie standen zu beiden Seiten der schmalen Straße aufgereiht, und eines versuchte das andere an kunstfertiger Niedlichkeit zu übertreffen. Die Bürgersteige wimmelten von Touristen, ausgerüstet wie für einen Trip in die Sahara, mit breitkrempigen Sonnenhüten, Wasserflaschen in Gürtelhalterungen und klobigen Wanderschuhen. Die meisten von ihnen wirkten blass und verwirrt, als wären sie gerade wie Würmer aus den regnerischen, verrottenden Städten des Ostens hervorgekrochen. Maddox selbst machte heute einen auf reichen Texaner und meinte, den Look mit seinem Resistol-Cowboyhut, den Stiefeln und einer Western-Krawatte mit einem männlich wirkenden, golfballgroßen Türkis gut getroffen zu haben.
    Die Straße führte an einigen viktorianischen Häusern vorbei, die wie alle anderen hier zu Galerien umgebaut worden waren und in deren Schaufenstern indianischer Schmuck und Töpferwaren schimmerten. Er sah auf die Uhr. Mittag. Er musste noch ein bisschen Zeit totschlagen.
    Er spazierte in verschiedene Galerien und Boutiquen und staunte über die schiere Menge an Silber, Türkisen und Töpferkram, den es auf dieser Welt gab – von Gemälden ganz zu schweigen. Kunst, so fand Maddox, war im Grunde nur Betrug, und er ließ den Blick über ein weiteres Schaufenster schweifen: grellbunte Canyons, Kojoten, die den Mond anheulten, und in pittoreske Decken gewickelte Indianer. Eine weitere Methode, leicht Geld zu verdienen, und ebenfalls völlig legal. Warum hatte er die vielen Möglichkeiten nicht früher erkannt? Er hatte sein halbes Leben an den Versuch vergeudet, auf die harte, illegale Tour zu Geld zu kommen, und nicht gemerkt, dass die besten

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