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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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schnurlose Telefon.
    »Dauert auch nicht lange. Hallo? Dr. Broadbent?«
    Die Stimme am anderen Ende sagte: »Nein, hier spricht Shane McBride, sein Partner.«
    »Ich bin gerade nach Santa Fé gezogen und habe eine Ranch südlich der Stadt erworben. Jetzt möchte ich gern ein Westernpferd kaufen. Es ist ein Paint Horse, ein sehr schönes Tier, aber ich möchte es vorher von einem Tierarzt untersuchen lassen. Könnte Dr. Broadbent das übernehmen?«
    »Wann denn?«
    »Heute oder am Samstag.«
    »Dr. Broadbent ist im Moment nicht da, aber am Montag hätte er Zeit.«
    »Samstags geht es nicht?«
    »Ich habe am Samstag Dienst, und, Moment … um zwei Uhr hätte ich noch einen Termin frei.«
    »Nehmen Sie es bitte nicht persönlich, Shane, aber Dr. Broadbent ist mir sehr empfohlen worden, und es wäre mir wirklich lieber, er kommt selbst.«
    »Wenn Sie ihn haben wollen, müssen Sie wohl bis Montag warten.«
    »Ich brauchte aber einen Termin am Samstag. Falls das sein freier Tag sein sollte, zahle ich auch gern einen Zuschlag.«
    »Er ist am Samstag gar nicht da. Tut mir leid. Wie gesagt, ich würde das gern für Sie machen.«
    »Das geht nicht gegen Sie persönlich, Shane, aber wie gesagt …« Er ließ seine Stimme enttäuscht verebben. »Trotzdem vielen Dank. Ich rufe am Montag noch einmal an und vereinbare einen neuen Termin.« Er legte auf und zwinkerte Clarissa zu.
    Sie musterte ihn mit undurchdringlicher Miene.
    »Wir sehen uns nachher im Pink, Clarissa.«
    Einen Moment lang sagte sie nichts. Dann beugte sie sich vor und sagte mit gerissenem Lächeln: »Ich mache diesen Job jetzt seit fünf Jahren, und ich bin sehr, sehr gut darin. Wissen Sie, warum?«
    »Warum denn?«
    »Weil ich Schleimscheißer erkenne, wenn sie zur Tür reinkommen. Und Sie ziehen geradezu eine Spur hinter sich her.«

8
    Der Hubschrauber mit dem Spurensicherungsteam konnte nur fast einen Kilometer weiter unten im Canyon landen, und die Leute mussten ihre gesamte Ausrüstung das trockene Flussbett hinaufschleppen. Als sie ankamen, war ihre Laune auf dem Nullpunkt gewesen, doch Calhoun, der das Team leitete und immer zu Scherzen aufgelegt war, hatte sie wieder aufgemuntert, mit Witzchen, Schulterklopfen und dem Versprechen auf eine Runde kaltes Bier, sobald sie fertig waren.
    Calhoun war wie bei einer archäologischen Ausgrabung vorgegangen, hatte den Fundort vermessen und in einem Raster festgehalten und seine Männer Schicht für Schicht abtragen lassen, während der Fotograf jeden einzelnen Schritt dokumentierte. Sie schippten den Sand durch Millimeter-Siebe und bereiteten ihn danach noch in einem Wasserbecken auf, um jedes Haar, jede Faser und sonstige Objekt zu finden. Das war Schwerstarbeit, und sie waren seit acht Uhr früh zugange gewesen. Jetzt war es drei Uhr nachmittags, und es musste fast vierzig Grad heiß sein. Die Fliegen waren gekommen, und ihr Summen erfüllte den engen Canyon.
    Ziemlich bald, dachte Willer, würde es ans »Aufsammeln« gehen – der Moment, wenn eine verweste Leiche in einen Leichensack gerollt wird, und zwar so, dass sie möglichst nicht wie ein zu lange gekochtes Hühnchen auseinanderfiel. In fünf Tagen im heißen Sommer tat sich bei so einer Leiche eine ganze Menge. Feininger, die Gerichtsmedizinerin, stand in der Nähe und überwachte diese besondere Operation. Offenbar war sie die Einzige, die trotz der Hitze kühl und elegant blieb; das graue Haar war mit einem Tuch umwickelt, und auf ihrem faltigen, aber immer noch attraktiven Gesicht zeigte sich kein einziger Schweißtropfen.
    »Wenn Sie alle drei bitte auf die rechte Seite kommen«, sagte sie und winkte die Leute von der Spurensicherung heran. »Sie wissen ja, wie das geht, Sie schieben die Hände darunter, vergewissern sich, dass Sie alles gut im Griff haben, und bei drei rollen Sie ihn dann herum und auf die Plastikplane, hübsch ruhig und ordentlich. Tragen alle Schutzkleidung? Keine Risse oder Löcher in den Handschuhen?« Sie blickte sich um; ihre Stimme klang ironisch, vielleicht sogar ein wenig belustigt. »Sind wir so weit? Dieser hier ist wirklich nicht einfach. Geben wir uns also besondere Mühe, Leute. Auf drei.«
    Leises Stöhnen und Brummen war zu hören, als die Männer in Position gingen. Feininger hatte den Jungs von der Spurensicherung schon vor einer ganzen Weile verboten, bei der Arbeit Zigarren zu rauchen; stattdessen schmierten sich jetzt alle VapoRub dick unter die Nase.
    »Bereit? Eins … zwei … drei … rollen.«
    Mit einer

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