Der Cartoonist
er ihrsicher nie begegnet wäre, hätte
sein Leben nicht gewaltsam diese Wendung genommen.
Plötzlich
allein, hätte sich Scott am liebsten zurückgelehnt um zu schlafen. Die
Normalität dieses Zimmers, an dem nichts bemerkenswert war, machte ihm bewusst,
wie nah er einem Nervenzusammenbruch gewesen war, wie fragil die Wirklichkeit
seit Carolines Anruf auf dem Flughafen geworden war. In jenem Moment, bevor er
wie ein nasser Sack zu Boden gesunken war, hatte sich das nackte Entsetzen mit
einem noch stärkeren Gefühl vermengt, in das er sich wie in eine wärmende
schwarze Hülle geflüchtet hatte: Es war die dunkle Sehnsucht danach gewesen,
allem ein Ende zu machen, alle Verbindungen zu kappen und seiner Frau ins
Vergessen zu folgen. Wie hieß es doch gleich in dieser Country-Schnulze? Theregoes
my reason for living... Kein Grund mehr weiterzuleben...
Doch es gab
noch Gründe, andere Gründe, zum Weiterleben, oder nicht? Es musste so sein,
denn er war immer noch da, atmete noch, empfand immer noch Kummer. Kath ist
ein wesentlicher Grund, dachte er, während er innerlich
Bilanz zog. Das war zwar makaber, aber er konnte nicht anders. Was sonst
noch? Dein Berufsleben? Ha! Fünfzehn Jahre — und du kannst das Wissen, die
Erfahrung nicht einmal dazu nutzen, deiner Familie oder dir selbst zu helfen. Er sah auf
das Telefon, als sei es irgendein völlig fremdartiges Gerät. Und
vergiss nicht, dass du Freunde hast ...
Und dann
erfasste ihn eine Welle der Erleichterung, denn ihm wurde klar, wen er als
Erstes anrufen würde. Seinen besten Freund, den Kumpel, mit dem er zusammen
aufgewachsen war, den einzigen Mann auf dieser Welt, der sogar Schläge für ihn
einstecken würde: Gerry St. Georges.
In einer
Minute, dachte er, ließ sich zurücksinken und schloss die Augen. In einer
Minute rufe ich Gerry an. Ohne selbst daran zu glauben,
schlief er ein.
Er schlief
zwei Stunden, bis er, ein Traumbild von Krista vor Augen,
schweißgebadet aus dem Schlaf schreckte. Er hatte sie
kalt und steif in der Leichenkammer des Allgemeinen Krankenhauses von Danvers
liegen sehen, wo man sie in eine tiefgekühlte, herausziehbare Box verfrachtet
hatte.
Als er
schließlich bei Gerry zu Hause anrief, nahm niemand ab. Danach versuchte er es
bei dessen Dienststelle, wo man ihm mitteilte, Gerry habe die nächsten Tage
freigenommen. Die Nächste, die er anrief, war Klara. Als sie sich mit
betrunkenem Lallen meldete, hätte er am liebsten sofort wieder aufgelegt und
sie zum Teufel geschickt. Aber Schnapsdrossel hin oder her: Schließlich war sie
Kristas Schwester und hatte ein Anrecht darauf, zu erfahren, was passiert war.
»Klara, hier
ist Scott .« Seine Stimme zitterte stark. »Leider habe
ich schlechte Nachrichten .«
Klara gab
keine Antwort, allerdings stockte ihr pfeifender Atem plötzlich. In dem
erwartungsvollen Schweigen, das darauf folgte, hörte Scott das Echo seiner
eigenen Worte wie in einem Tunnel. Diese Worte kamen ihm dermaßen absurd vor,
dass er den perversen Drang zu kichern kaum unterdrücken konnte. Scott Benjamin Bowman -
der neue Meister der Untertreibung, schoss ihm als verrückter Gedanke durchs Hirn. »Es geht um Krista,
sie hat einen Unfall gehabt«, sagte er in die Stille hinein, in der nur ein
leises Summen zu hören war. »Sie ist... tot .«
Da waren sie
wieder, diese Worte - die Worte, die er im Aufenthaltsraum der Intensivstation
leise vor sich hin gemurmelt hatte. Es wurde einfacher, wenn man sie
wiederholte. Sie kamen ihm schon nicht mehr so bedeutungsschwer vor wie beim
ersten Mal.
Jetzt konnte
er Klara wieder atmen hören. Zuerst seufzte sie, dann holte sie tief und
zischend Luft, offensichtlich über wältigt von
Fassungslosigkeit und Hysterie. Er bekam mit, dass sie am Telefon, das in ihrem
Wohnzimmer an der viel frequentierten Hausbar stand, nach Worten suchte, aber es
drangen nur unverständliche Grunzlaute heraus.
»Klara«, sagte
Scott, »ich brauche jetzt deine Hilfe, allein schaffe ich das nicht .«
Klara blieb
stumm, aber im Hintergrund hörte Scott ihren Mann Joe, der sich erkundigte, was
es für Probleme gebe
»Reich mir das
Telefon .« Joes Stimme klang jetzt näher Scott fiel auf
(und unter diesen Umständen war das schon seltsam), dass
er zum ersten Mal hörte, wie sich Joe Harper gegenüber seiner Frau behauptete.
Gleich darauf war Joe am Apparat. »Wer ist dran ?« ,
fragte er mit besorgter, hoher Stimme.
»Joe, ich
bin's, Scott. Hör zu ...«
Als er die
bedeutungsschweren Worte erneut
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