Der Chaos-Pakt
Sylenia deutete mit dem linken Arm nach hinten.
Wieder drehte Nylan sich um. Hinter ihnen war auf einem Hügel eine kleine Staubwolke zu sehen, die von schnell laufenden Pferden herrührte. Geritten wurden die Tiere von weiß uniformierten Bewaffneten, die im Augenblick noch ungefähr drei Meilen hinter ihnen waren.
Nylan hatte gewusst, dass es nicht ungefährlich werden würde ... aber alle anderen Möglichkeiten wären noch schlimmer oder gefährlicher gewesen.
»Lass mich nachsehen.« Ayrlyns Augen wurden stumpf, sie sackte leicht in sich zusammen.
Der Ingenieur lenkte sein Pferd dicht neben ihres, damit er sie festhalten konnte, falls sie aus dem Sattel rutschte. Er war immer sehr beunruhigt, wenn Ayrlyn ihren Körper verließ und die Wahrnehmung ausschickte.
Hinter den mit Gras bedeckten Hügeln im Westen, auf der flachen Straße am Fluss, marschierte die Hauptstreitmacht der Cyadoraner mit so vielen Kämpfern, dass selbst Nylan sie aus mehreren Meilen Entfernung spüren konnte. Ayrlyn hatte ihm erklärt, dass sie die Streitmacht am Morgen überholt hatten, aber sie waren ihr noch nicht sehr weit voraus.
Hinter ihnen kam ein voller Zug Lanzenreiter, vielleicht waren es sogar noch mehr. Im Osten wurden die Hügel steiler, ungefähr fünf Meilen weiter verlief die Straße parallel zu einem gewundenen Tal mit schroffen Wänden, in dem ein schmaler Bach floss, der sich schließlich, gut drei oder vier Tagesreisen vor ihnen, in Rohrn mit dem Fluss vereinigte.
»Sie reiten schnell«, meinte Sylenia.
»Ooh ... Ferdchen«, meinte Weryl, der hinter dem Kindermädchen in seinem Sitz steckte. »Ferdchen.«
»Ja, Pferde. Ich wünschte, sie hätten nicht so viele Pferde«, antwortete Nylan seinem Sohn. Als Ayrlyn ihre Haltung veränderte, wandte er sich aufmerksam an die rothaarige Frau.
»Jetzt haben wir ein Problem.« Ayrlyn hustete und versuchte, sich zu räuspern.
Nylan zog an den Zügeln, damit die Stute schneller lief, und wartete auf ihre Erklärung.
»Nach Osten können wir nicht gehen. Wir sind der cyadorischen Vorhut nicht weit genug voraus, und wenn wir uns in diese Richtung wenden ...« Sie hustete wieder.
»Dann werden sie uns einholen, weil wir querfeldein nur langsam vorankommen.«
Die Heilerin nickte. »Außerdem haben sie direkt vor uns eine ziemlich große Gruppe aufgestellt.«
»Verdammt ...«, murmelte Nylan. »Wir sind also umzingelt und sie haben auf die Leute gehört, die am Bergwerk eingesetzt waren. Sie schicken jetzt große Spähtrupps aus, die nicht so leicht auszuschalten sind.«
»Sie sind nicht dumm«, bestätigte Ayrlyn, »aber das wussten wir ja schon.«
»Können wir nicht zurückreiten und die erledigen, die uns jagen, um dann in einem Bogen ...«
»Ich würde sagen, hinter uns kommen mindestens anderthalb Züge. Ein paar Bewaffnete haben sie nach Osten auf den Seitenweg geschickt, an dem wir vorhin vorbeigekommen sind, um uns den Fluchtweg zum kleinen Fluss abzuschneiden. Vor uns sieht es noch schlimmer aus. Es müssten etwa vier Züge Weiße Lanzenreiter sein und sie haben einen dieser Magier dabei. Ich kann seine Weiße Energie spüren. Ich hätte heute Morgen gründlicher Ausschau halten müssen ... aber es ist ziemlich anstrengend.« Ayrlyn holte tief Luft. »Es tut mir Leid ...« Es tut mir so Leid ...
»Es ist nicht deine Schuld.«
»Doch, es ist meine Schuld, aber ich kann es jetzt nicht mehr ändern«, gab sie zu. »So geht das eben, wenn man versucht, dumme Versprechungen einzuhalten.«
Aber so dumm waren sie doch gar nicht. Wir wollen doch auch verhindern, dass Cyador Candar übernimmt. Denn wohin könnten wir dann noch gehen?
»Ungefähr dahin, wo wir jetzt auch hingehen«, meinte Ayrlyn.
»Verdammt, verdammt ...«, murmelte Nylan. »Warum bekommen wir jedes Mal, wenn wir auch nur den kleinsten Fehler machen, eine derart hohe Rechnung präsentiert?«
»Das Gleichgewicht«, erklärte Ayrlyn trocken.
»Liegt es daran, dass wir empfänglicher oder empfindlicher sind?«
Sie zuckte mit den Achseln und sah sich noch einmal nach Süden um.
»Ich weiß. Dies ist nicht der richtige Augenblick für theoretische Spekulationen.«
»Die Weißen sind näher gekommen«, warnte Sylenia.
»Also geht es um alles oder nichts«, sagte Nylan. »Ich habe so ein Gefühl, dass wir im Handumdrehen außer Gefecht gesetzt sind, wenn wir das Gleichgewicht stören. Also müssen wir etwas tun, das sie auf einen Schlag erledigt.«
»Sie kommen aus allen Richtungen.«
»Wir
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