Der Chaos-Pakt
kein Fuchs«, sagte Ayrlyn. »Es war eher etwas wie ein Coyote, aber es war nur so groß wie ein Fuchs.«
»Wollen wir das Tier also einen Coyuchs nennen?«
»Wahrscheinlich hat es einen einheimischen Namen, den wir nicht kennen.«
»Wahrscheinlich.«
Nylan sah zum Himmel. Es war ein wolkenloser Abend, die fremden Sternbilder funkelten kalt und abweisend.
»Schafft die Ordnung nun im Wald den Ausgleich zum Chaos? Oder schafft das Chaos den Ausgleich für die Ordnung?«
»Was ist das für ein ...« Er hielt inne und überlegte. »Oh.« Er schluckte. »Nun ja ... die Ordnung liefert zugleich das Gleichgewicht und ist ... ich würde sagen, man kann sie als eine Art Isolator oder Scheidewand betrachten.«
»Wenn das so ist, ist das Chaos dann nicht mächtiger? Rein theoretisch gesehen?«
»Ich weiß es nicht.« Er zuckte mit den Achseln und zupfte einen langen, trockenen Grashalm ab. »Ich vermute, dass dies dort zutrifft, wo man es mit hohen Konzentrationen zu tun hat. Aber wenn man das Chaos in kleine Bruchstücke zerlegt, dann wirkt die Ordnung zunehmend besser.« Der Grashalm zerbrach und Nylan begann automatisch am Ende zu kauen, bis ihn der bittere Geschmack eines Besseren belehrte.
»Was ist, wenn du das ganze Chaos bindest?«
»Damit würdest du gleichzeitig auch die gesamte Ordnung binden. Aber das soll nicht unser Problem sein.« Er seufzte. »Eines Tages wird sich jemand damit beschäftigen müssen, und ich wünsche ihm dafür alles Gute, aber wir haben nichts damit zu tun. Ich versuche nur einen Weg zu finden ...«
»Wie wäre es, wenn wir mit kleinen Portionen experimentierten?«
Natürlich, genau darum war es ihm bei all dem Gerede gegangen. Unbewusst hatte er versucht, sich davor zu drücken, endlich anzufangen. Er hatte Angst vor dem, was die geballte Weiße Energie anrichten konnte.
»Es ist etwas beängstigend.«
Nylan lachte leise. »Etwas beängstigend?« Er drehte sich um und umarmte sie. »Ich liebe deine Untertreibungen. Etwas beängstigend.« Er lachte noch einmal.
»Es freut mich, dass du mich so amüsant findest.«
»Etwas beängstigend?«
»Nylan.«
Er hielt den Mund. Wusste sie es überhaupt? Hatte sie eine Ahnung, welche Kräfte unter Candar verborgen lagen?
»Ich glaube, ich wusste es nicht. Entschuldige.«
»Das alles macht mir Angst.« Der Schmied schüttelte den Kopf. »Eine Menge Angst.«
»Du schaffst das schon.« Ayrlyn drückte seine rechte Hand. »Wir schaffen es zusammen.« Ganz sicher.
»Ich weiß nicht.« Aber er freute sich über ihre Wärme und ihre Bereitschaft, das Risiko mit ihm zusammen einzugehen. Er erwiderte den Druck ihrer Hand.
»Was wäre denn, wenn du einfach nur Fäden der Ordnung ähnlich wie eine Rohrleitung benutzen würdest?«
Nylan runzelte einen Augenblick die Stirn. Vielleicht funktionierte es nicht, aber ein solches Experiment wäre nicht schwierig durchzuführen. Es wäre der Art und Weise ähnlich, wie er den Laserstrahl gebündelt hatte.
»Ich denke, das müsste gehen«, sagte sie leise.
Sicher war er nicht, aber er konnte sich nur Gewissheit verschaffen, indem er es versuchte. Er griff in den Boden hinein, ließ die Sinne wandern und tastete die Grenze zwischen Ordnung und Chaos ab.
»So weit kann ich dir nicht folgen«, sagte Ayrlyn.
»Genau so, wie ich dir nicht folgen kann, wenn du mit dem Wind fliegst«, brummte er. Die ersten Schweißtropfen bildeten sich schon auf seiner Stirn. So sanft wie möglich drängte, schmeichelte und lockte er die Fäden der Ordnung zur Oberfläche und formte sie in einem kleinen Bereich zu einer Art Röhre oder zu einem Trichter mit einem offenen Ende.
Er schluckte, als die Spitze des unsichtbaren Trichters die Erdoberfläche berührte. »Und was jetzt?«
»Den Kreislauf unterbrechen?«
Nein, das war es nicht ... eher, dass er eine Art Gegenpol oder so etwas in der Luft brauchte. Er zuckte zusammen, als der Energietrichter oder was es auch war zu glühen anfing. Er konnte jetzt sogar wieder mit bloßem Auge und nicht nur mit den Sinnen sehen.
Mit lautem Zischen fuhr eine feurige Lanze – war es überhaupt Feuer? – aus dem Boden heraus und erhellte die ganze Umgebung. Gleichzeitig kreischte ein unhörbarer Schrei in Nylans Kopf.
Der Ingenieur schluckte und schloss vor dem Licht, der Energie und der Hitze unwillkürlich die Augen. Sein Mund war schlagartig ausgetrocknet, das Herz hämmerte wie wild in seiner Brust. Die brennende Spur stieg beinahe zehn Ellen weit hinauf, eine Fontäne von
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