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Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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machen Geschäfte mit allen. Deshalb spielt es für uns keine Rolle, ob das Land, mit dem wir Handel treiben, Zimbabwe, Malawi, der Sudan oder Angola ist. Wir konstatieren, genauso wie wir jede äußere Einmischung in unsere heimischen Verhältnisse und unser Rechtssystem zurückweisen, dass diese Länder selbständig sind und dass wir nicht das Recht haben, Forderungen an sie zu stellen, wie sie ihre Gesellschaft gestalten sollen. Deshalb werden wir kritisiert, doch diese Kritik berührt uns nicht, weil wir wissen, dass sich darunter Neid und Angst verbergen, denn China ist nicht der Lehmkoloss, den sich die USA und Russland allzu lange vorgestellt haben. Menschen im Westen wollen nicht verstehen, dass afrikanische Völker lieber mit uns zusammenarbeiten. China hat sie nie unterdrückt, hat nie ihre Länder in Kolonien verwandelt. Im Gegenteil, wir standen ihnen bei, als sie sich in den 1950er Jahren zu befreien begannen. Deshalb beobachten westliche Länder unsere Erfolge in Afrika mit reinem Neid. Unsere Freunde in den Ländern Afrikas wenden sich an uns, wenn der Internationale Währungsfonds oder die Weltbank ihre Kreditwünsche ablehnen. Wir zögern nicht zu helfen. Wir tun das mit reinem Gewissen, weil wir ebenfalls ein armes Land sind. Wir sind noch immer ein Teil der sogenannten Dritten Welt. Bei unserer immer fruchtbareren Zusammenarbeit mit diesen Ländern haben wir erkannt, dass auf weite Sicht auch dort ein Teil der Lösung für die Bedrohung zu finden ist, von der ich zuvor gesprochen habe. Für viele von Ihnen, und vielleicht auch für mich, wird es ein historisches Paradox, wenn ich erkläre, wie ich denke.
     
    Lassen Sie mich ein Gleichnis dafür benutzen, wie es in diesen Ländern vor fünfzig Jahren aussah. Damals bestand Afrika fast ausnahmslos aus Kolonien, die unter der Unterdrückung des westlichen Kapitalismus litten. Wir solidarisierten uns mit diesen Menschen, wir unterstützten Befreiungsbewegungen mit Waffen und mit gutem Rat. Nicht umsonst waren Mao und seine Generation Beispiele dafür, wie ein überlegener Feind in einem Guerillakrieg besiegt werden konnte, wie tausend unbedeutende Ameisen, die in den Fuß des Elefanten bissen, diesen zu Fall bringen konnten. Wir haben gesehen, wie Land um Land sich mit unserer Unterstützung befreien konnte, wie der Schwanz des Imperialismus immer tiefer sank. Als unser Genosse Nelson Mandela das Gefängnis auf der Insel verließ, auf der man ihn viele Jahre festgehalten hatte, war dies die endgültige Niederlage des westlichen Kapitalismus im Gewand des Kolonialismus. Es gibt noch immer arme Länder, die vor allem unter der imperialistischen Unterdrückung durch die USA leiden. Die Befreiung Afrikas verschob die Erdachse in die Richtung, in der unserer Ansicht nach die Freiheit und Gerechtigkeit am Ende siegen werden. Jetzt können wir sehen, dass in Afrika große, oft fruchtbare Landgebiete brachliegen. Im Gegensatz zu unserem Land ist der Schwarze Kontinent dünn besiedelt. Und wir haben jetzt erkannt, dass wir dort zumindest einen Teil der Lösung des Problems finden können, das unsere Stabilität bedroht.«
     
    Yan Ba trank aus dem Wasserglas, das neben dem Mikrofon stand. Dann sprach er weiter. Jetzt kam er zu dem Punkt, von dem er wusste, dass er später unter den Zuhörenden, doch auch in der Kommunistischen Partei und im Politbüro, zu harten Diskussionen führen würde.
     
    »Wir müssen wissen, was wir tun«, sagte Yan Ba, »aber wir müssen auch wissen, was wir nicht tun. Was wir jetzt Ihnen und den Afrikanern vorschlagen, ist keine neue Welle von Kolonisation. Wir werden nicht als Eroberer kommen, sondern weiterhin als Freunde. Wir beabsichtigen nicht, die Kränkung zu wiederholen, die der Kolonialismus darstellte. Wir wissen, was Unterdrückung bedeutet, weil viele unserer Vorväter im 19. Jahrhundert in den USA unter Verhältnissen gelebt haben, die sich kaum von Sklaverei unterschieden. Wir waren selbst der Barbarei des europäischen Kolonialismus ausgesetzt. Dass es an der Oberfläche, wie Sonnenreflexe, vielleicht Ähnlichkeiten gibt, heißt nicht, dass wir den afrikanischen Kontinent zum zweiten Mal einem kolonialen Übergriff aussetzen. Wir wollen nur ein Problem lösen, indem wir diesen Menschen gleichzeitig helfen. In den Ebenen, in den fruchtbaren Tälern um die großen afrikanischen Flüsse, werden wir den Boden kultivieren, indem wir Millionen unserer armen Bauern dorthin übersiedeln, und sie werden, ohne zu zögern, das

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