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Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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begleiten.«
     
    »Warum?«
     
    Hong war wirklich erstaunt. Sie hatte nie nähere Beziehungen zu Handelsminister Ke gehabt, hatte ihn vor der Abreise nach Harare nur eben begrüßt.
     
    »Handelsminister Ke lässt grüßen und ausrichten, dass Sie ihn begleiten sollen. Mehr nicht. Es wird eine kleinere Delegation sein.«
     
    »Wann fahren wir? Und wohin?«
     
    Shu Fu wischte sich den Schweiß von der Stirn und breitete die Arme aus. Er zeigte auf seine Uhr. »Ich kann keine näheren Erläuterungen geben. Die Wagen zum Flugplatz fahren in fünfundvierzig Minuten ab. Verspätungen werden nicht toleriert. Die Mitreisenden werden gebeten, leichtes Gepäck mitzunehmen und eine mögliche Übernachtung einzuplanen. Die Rückreise kann aber auch schon heute Abend stattfinden«
     
    »Wohin fahren wir? Was ist der Zweck?«
     
    »Das wird Handelsminister Ke erklären.«
     
    »Sagen Sie mir wenigstens, wohin wir reisen.«
     
    »In die Stadt Beira am Indischen Ozean. Nach meinen Informationen dauert der Flug eine knappe Stunde. Beira liegt im Nachbarland Mosambik.« Für weitere Fragen blieb Hong keine Zeit mehr. Shu Fu eilte schon den Pfad hinunter. Hong stand reglos in der Tür. Es gibt nur eine Erklärung, dachte sie. Es ist Ya Ru, der das will. Natürlich ist er einer von denen, die Ke begleiten. Er will mich dabeihaben. Sie erinnerte sich an etwas, was sie während des Flugs nach Afrika gehört hatte. Präsident Kaunda in Sambia hatte von der nationalen Fluggesellschaft Sambia Airlines verlangt, eines der damals größten Verkehrsflugzeuge, eine Boeing 747, zu kaufen. Für ein so großes Flugzeug gab es im Liniendienst zwischen Lusaka und London keine Nachfrage. Es hatte sich bald gezeigt, dass Präsident Kaunda das Flugzeug eigentlich für seine regelmäßigen Besuche in anderen Ländern nutzen wollte. Nicht weil er luxuriös reisen wollte, sondern um die Opposition und die Regierungsmitglieder und höchsten militärischen Führer, denen er nicht traute, darin unterbringen zu können. Er steckte die Leute, die gegen ihn konspirieren oder gar einen Putsch versuchen könnten, während er außer Landes war, einfach in das Flugzeug.
     
    Galt das auch für Ya Ru? Wollte er seine Schwester in der Nähe haben, um sie kontrollieren zu können?
     
    Hong dachte an den Zweig, der draußen im Dunkel geknickt worden war. Es war wohl kaum Ya Ru selbst gewesen, der dort im Schatten gestanden hatte. Eher jemand, den er als Spion geschickt hatte.
     
    Da Hong nicht gegen Ke opponieren wollte, packte sie schnell die kleinere ihrer beiden Taschen und machte sich zur Abreise bereit. Einige Minuten vor der genannten Zeit kam sie zur Rezeption. Weder Ke noch Ya Ru waren zu sehen. Dagegen glaubte sie, Ya Rus Leibwächter Liu gesehen zu haben, war sich aber nicht sicher. Shu Fu lotste sie zu einer der wartenden Limousinen. Mit ihr fuhren zwei Männer, von denen sie wusste, dass sie in Peking im Landwirtschaftsministerium arbeiteten.
     
    Der Flugplatz befand sich nicht weit außerhalb von Harare. Die drei Wagen, die die Kolonne bildeten, wurden von einer Motorradeskorte begleitet und fuhren sehr schnell. Hong bemerkte, dass an jeder Straßenecke Polizisten standen und den Verkehr anhielten. Sie fuhren geradewegs durch die Tore des Flughafens und konnten sofort an Bord des wartenden Düsenjets gehen, einer Maschine der Luftwaffe von Zimbabwe. Sie stieg im hinteren Teil ein und sah, dass die Kabine in der Mitte unterteilt war. Sie vermutete, dass es sich um Mugabes Privatjet handelte. Nur wenige Minuten nachdem Hong an Bord gegangen war, hob das Flugzeug ab. Auf dem Platz neben ihr saß eine von Kes Sekretärinnen.
     
    »Wohin fliegen wir?« fragte Hong, als die Maschine Flughöhe erreicht und der Pilot mitgeteilt hatte, der Flug würde fünfzig Minuten dauern.
     
    »In das Tal des Sambesi«, sagte die Frau.
     
    Ihr Tonfall verriet Hong, dass es sinnlos war, weitere Fragen zu stellen. Sie würde früh genug erfahren, was diese plötzliche Reise zu bedeuten hatte.
     
    Wenn sie denn so plötzlich war. Ihr wurde bewusst, dass sie nicht einmal das mit Sicherheit sagen konnte. Vielleicht war alles Teil eines Plans, den sie nicht kannte?
     
    Bevor das Flugzeug zur Landung ansetzte, beschrieb es einen langgezogenen Bogen über dem Meer. Hong sah das blaugrüne Wasser glitzern und kleine Fischerboote mit einfachen Dreieckssegeln auf den Wellen tanzen. Die Stadt Beira glänzte weiß im Sonnenlicht. Außerhalb des Stadtkerns aus Beton

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