Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
vorgefahren. Dort standen auch zwei Helikopter der Luftwaffe von Mosambik. Ich weiß nicht, was kommt, dachte Hong, aber was es auch ist, es ist wichtig. Was veranlasst Handelsminister Ke zu einem eiligen Besuch in einem Land, das nicht einmal im Programm aufgeführt ist? Ein kleinerer Teil der Delegation sollte Tagesausflüge nach Malawi und Tansania machen. Aber Mosambik war nicht erwähnt.
     
    Ein Blasorchester marschierte auf. Gleichzeitig kamen einige Männer aus einem der Zelte. Hong erkannte den kleingewachsenen Mann an der Spitze sofort wieder. Er hatte graues Haar, trug eine Brille und war kräftig gebaut. Der Mann, der jetzt Handelsminister Ke begrüßte, war kein anderer als Mosambiks neu gewählter Präsident Gebuza.
     
    Ke stellte dem Präsidenten die Delegation und seine Begleiter vor. Als Hong ihm die Hand gab, blickte sie in freundliche, aber forschende Augen. Gebuza war sicher ein Mann, der kein Gesicht vergaß, dachte sie. Nach der Vorstellung spielte das Orchester die beiden Nationalhymnen. Hong nahm Haltung an.
     
    Während sie der Nationalhymne von Mosambik lauschte, sah sie sich nach Ya Ru um, konnte ihn aber nicht entdecken. Sie hatte ihn nicht gesehen, seit sie nach Sachombe gekommen waren. Sie musterte die Gruppe der anwesenden Chinesen und stellte fest, dass auch einige andere Personen nach der Landung in Beira verschwunden waren. Sie schüttelte den Kopf. Es nützte nichts, darüber nachzudenken, was Ya Ru gerade tat. Wichtiger war, dass sie selbst endlich verstand, was hier vor sich ging, in dieser Talschlucht, durch die der Sambesi floss.
     
    Sie wurden von jungen schwarzen Männern und Frauen in eines der Zelte geführt. Eine Gruppe älterer Frauen in bunten Kleidern tanzte neben ihnen zum intensiven Rhythmus verschiedener Trommeln. Hong bekam einen Platz in der hintersten Reihe angewiesen. Auf dem Boden des Zeltes lagen Teppiche, und jedem Teilnehmer stand ein weicher Sessel zur Verfügung. Als alle sich gesetzt hatten, trat Präsident Gebuza an ein Rednerpult. Hong setzte sich die Kopfhörer auf. Das Portugiesische wurde in perfektes Chinesisch übersetzt. Hong vermutete, dass der Dolmetscher im führenden Dolmetscher-Institut in Peking ausgebildet worden war, wo nur diejenigen studierten, die den Präsidenten, die Regierung und die wichtigsten Geschäftsleute bei ihren Verhandlungen begleiten sollten. Hong hatte einmal gehört, dass es keine einzige Sprache gab, wie klein das Land auch war, in dem sie gesprochen wurde, für die es in China keine qualifizierten Dolmetscher gab. Das erfüllte sie mit Stolz. Es gab keine Grenzen für die Leistungsfähigkeit ihres Volkes, das noch bis vor einigen Generationen in Unwissenheit und Elend gehalten worden war.
     
    Hong drehte sich um und sah zum Zelteingang, der sich leicht im Wind bewegte. Davor erkannte sie Shu Fu und einige Soldaten, aber nicht Ya Ru.
     
    Der Präsident sprach kurz. Er hieß die chinesische Delegation willkommen und sagte nur einige einleitende Worte. Sie hörte aufmerksam zu, um zu verstehen, was hier geschah. Sie zuckte zusammen, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Ya Ru war unbemerkt ins Zelt gekommen und hatte sich hinter sie gesetzt.
     
    Er schob einen ihrer Kopfhörer beiseite und flüsterte ihr ins Ohr: »Hör gut zu, liebe Schwester, dann wirst du die großen Ereignisse verstehen, die unser Land und die Welt verändern. Hier siehst du, wie die Zukunft aussehen wird.« »Wo bist du gewesen?«
     
    Sie begriff errötend das Unsinnige der Frage. Es war wie damals, wenn er als Kind zu spät nach Hause kam. Sie hatte oft die Rolle der Mutter übernehmen müssen, wenn die Eltern auf einer politischen Versammlung waren.
     
    »Ich gehe meiner eigenen Wege. Aber jetzt will ich, dass du zuhörst und etwas lernst. Wie alte Ideale durch neue ersetzt werden, ohne ihren Inhalt zu verlieren.«
     
    Ya Ru schob ihr den Kopfhörer wieder aufs Ohr und verschwand schnell durch die Zeltöffnung. Draußen erkannte sie den Leibwächter Liu, und wieder fragte sie sich, ob er wirklich all die Menschen getötet hatte, von denen Birgitta Roslin gesprochen hatte. Sie beschloss, gleich nach der Rückkehr in Peking mit einigen ihrer Freunde bei der Polizei zu sprechen. Liu tat nichts ohne einen Befehl von Ya Ru. Wenn die Zeit gekommen war, würde sie Ya Ru damit konfrontieren. Aber erst musste sie wissen, worum es wirklich ging.
     
    Der Präsident erteilte dem Vorsitzenden des Komitees, das von Seiten Mosambiks die

Weitere Kostenlose Bücher