Der Chirurg von Campodios
hatte.
Inkpot verstärkte seine Bemühungen. Er war ein hagerer Alter mit grauem Kraushaar und einem Rücken, den er sich auf den Feldern krumm geschuftet hatte. Langsam wurde die Glut heller und mit ihr das darinliegende Brenneisen. Es zeigte an seinem Ende die Buchstaben TC – TC wie Thomas Collincourt, dem Herrn der Insel und Besitzer der Tabakpflanzung.
»Dass ihr faules Niggerpack nur die Sprache der Peitsche versteht«, brummte Murphy. Er steckte die Pfeife wieder in den Mund und stieß dicke Qualmwolken aus. »Wenn’s darum geht, eure verdammten Weiber zu drücken, seid ihr doch auch nicht so zimperlich. Nur schade, dass so verdammt wenig dabei herauskommt!« Er lachte meckernd über seinen eigenen Witz. »Dabei wär’s Master Thomas verdammt recht, wenn eure Weiber häufiger werfen würden, er müsste dann nicht dauernd für teuren Nachschub sorgen.«
In der Tat war Thomas Collincourt schon mehrfach nach Habana gereist, um dort auf dem Sklavenmarkt neue Arbeitskräfte zu kaufen. Am Anfang hatte er es mit Indianern versucht, aber Sklaven aus Afrika waren williger und widerstandsfähiger. Dennoch: Die Hitze, das Fieber und die schmale, eintönige Kost ließen auch sie selten länger als ein paar Jahre überleben.
In diesem Jahr war Collincourt wieder auf Kuba gewesen und hatte dort acht neue Sklaven erworben. Sieben Männer und eine junge Frau. Die Frau hatte er zunächst nicht kaufen wollen, dann aber, angesichts ihrer straffen, vollen Brüste und der Tatsache, dass sie noch Jungfrau war, sich eines anderen besonnen. Anschließend war er umgehend nach Roanoke Island zurückgekehrt, jedoch nicht, ohne vorher dem Händler zur Auflage gemacht zu haben, ihm die Ware auf seine Insel nachzuschicken.
Der Segler in der Bucht, eine flachgehende Pinasse namens
Santissima Trinidad
, hatte unterdessen das mitgeschleppte Beiboot klargemacht, damit die neuen Sklaven an Land gerudert werden konnten. Murphy, der früher einmal zur See gefahren war, erkannte, dass die Matrosen mit den Riemen nicht sonderlich gut umzugehen wussten. Wasser spritzte auf. Im nahen Schilf flogen einige Enten protestierend davon. »Will zur Hölle verdammt sein, wenn’s nicht noch ’ne Weile dauert, bis die Teufelsbrut an Land ist«, knurrte er und wandte sich an einen zweiten Schwarzen, der eben einen Karren herangezogen hatte. »He, Chopper, hast du die verdammten Jochhölzer mit?«
»Ja, Massa. Chopper haben vier Jochhölzer mit, wie Massa gesagt.« Chopper nahm sich das lederne Zuggeschirr von den Schultern und begann abzuladen.
»Und die Querstangen für die Gabeln? Wie viele verdammte Querstangen hast du mit?«
»Acht, Massa. Wie Massa gesagt.«
»Hm.« Murphy war fürs Erste zufrieden, zumal Inkpot sich nicht hatte ablenken lassen und den Blasebalg weiter heftig drückte. Wenn die Neuen gebrannt wurden, würde es lustig brutzeln.
Dann, plötzlich, verzog der Aufseher voller Ekel die Nase. Der bis dahin ablandige Wind war umgesprungen und blies ihm einen bestialischen Gestank nach Urin, Schweiß und Kot ins Gesicht. Er kam von dem Boot, das sich jetzt zügig näherte. Murphy schluckte und würgte. »Ihr verdammten Sklavenfahrer!«, schrie er hinüber. »Schmeißt die Nigger ins Wasser, damit der verdammte Gestank aufhört!«
Der Bootssteurer lachte. Er hatte olivfarbene Haut und keine Zähne im Mund, obwohl er kaum dreißig Jahre zählte. »Seit wann bist du so zart besaitet, Murphy?«
»Ach, du bist’s, José! Hab dich nicht gleich erkannt.«
José, ein Halbblut, das Spanisch, Englisch und einige afrikanische Dialekte gleichermaßen beherrschte, gab den Matrosen einen Wink, woraufhin sie die Schwarzen, die bislang am Bootsboden gekauert hatten, kurzerhand über Bord warfen. Murphy schätzte, dass die Entfernung zum Strand nur noch dreißig oder vierzig Yards betrug, denn der größte der Schwarzen konnte bereits im Wasser stehen. Er war ein Mann von herkulischer Gestalt, mit ebenmäßigen Gesichtszügen und geschmeidigen Bewegungen. Er wirkte, ebenso wie seine Gefährten, keineswegs unterernährt. Der Sklavenhändler in Habana musste seine Ware tüchtig hochgepäppelt haben, nachdem sie die Überfahrt von Afrika überlebt hatte. Murphy sah es mit Befriedigung.
Einige der Schwarzen schluckten viel Wasser; sie heulten, japsten und jammerten zum Steinerweichen. Das Waten mit gefesselten Händen fiel ihnen schwer, doch sie kamen näher. Als die Wellen ihnen nur noch bis zur Hüfte gingen, griff Murphy zur Peitsche. »Halt,
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