Der Clan
Bauchansatz. Er war völlig kahlköpfig. Seine Brauen saßen jedoch dick und dicht über seinen Augen und verdeckten sie schier. Sein grauer Anzug saß schlecht, er hatte zugenommen, seit er ihn gekauft hatte.
Trish Warner sah hart aus, so als habe sie sich nie bemüht, etwas weiblicher zu erscheinen. Sie trug ihr blondes Haar kurzgeschnitten. Ihr Gesicht war eckig und kantig mit kräftigen Kiefern. Die Nase war nicht ganz gerade, und auf der rechten Wange hatte sie eine Narbe.
Loren kam ins Lokal, steuerte auf sie zu und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
»Ich darf Ihnen noch eine Arztrechnung überreichen«, sagte Trish Warner kühl. »Achthundertfünfundsiebzig Dollar.«
»Soviel habe ich nicht bei mir«, sagte Loren. »Ich lasse es Ihnen zukommen.«
»Er sagt, er kann mir die Narbe wegmachen.« Sie fuhr darüber. »Nur die Nase soll nie mehr richtig hinzukriegen sein.«
»Und ich habe noch immer Kopfschmerzen«, klagte Len Bragg.
»Am schlimmsten ist«, fuhr Trish Warner fort, »daß ich jetzt Bammel habe. Sie haben Len eine seiner Visitenkarten abgenommen, sie wissen also, wer wir sind.«
»Sie haben uns nicht gewarnt«, klagte Bragg vorwurfsvoll.
»Was wollen Sie denn«, wehrte Loren ab und wandte sich an Trish Walker. »Ich habe gesagt, ich bezahle die kosmetische Operation, damit Ihr Gesicht wieder zusammengeflickt wird. Und das habe ich auch getan. Obwohl nicht sicher ist, daß ich dazu verpflichtet gewesen wäre. Aber ich bezahle jedenfalls.«
»Was meinen Sie denn damit, daß Sie nicht verpflichtet wären?« fragte Bragg finster.
»Ja, schließlich gehört Gefahr zu Ihrem Berufsrisiko, nicht? Und Sie werden mir nicht erzählen, daß dies das erstemal war, wo Sie eins auf die Mütze kriegten.«
»Moment mal. Wir sollten Perino und das Weib lediglich beobachten. Und ein paar Fotos machen, wenn möglich. Sie haben uns mit keinem Wort gesagt, wer dieser Perino ist.«
»Was denken Sie denn, wer er ist?«
»Sie haben uns nicht gesagt, wer sein Großvater war. Das ist der springende Punkt.«
Loren winkte den gerade auf ihren Tisch zukommenden Kellner herbei und bestellte einen doppelten Scotch mit einem Schuß Soda. Als der Kellner sich wieder entfernt hatte, fuhr er fort: »Na und, Sie haben ein paar Beulen abbekommen. Auf wen sind Sie sauer, auf mich? Sie haben einen völlig legalen Auftrag erhalten und ausgeführt: jemanden zu beobachten und zu versuchen, ein paar Fotos zu machen. Perino hat sie vermöbeln lassen. Er, nicht ich. Seit einem halben Jahr jammern Sie mir deshalb die Ohren voll über Ihre diversen Wehwehchen und über die große Ungerechtigkeit. Warum tun Sie nichts dagegen?«
»Zum Beispiel was?« fragte Trish Warner und fuhr sich mit dem Finger über die Nase; ein nervöser Tick, den sie seitdem entwickelt hatte. »Was hätten Sie denn gern? Daß wir ihn umlegen?«
Loren zog die Augenbrauen hoch. »Na, für, sagen wir mal, eine halbe Million?«
Len Bragg wehrte sofort kopfschüttelnd auf. »An dem Geld könnten wir uns mit Sicherheit nicht lange erfreuen.«
»Warum denn nicht? Wenn Sie es intelligent anstellen? Wozu erstens schon mal gehört, daß es nicht in Detroit passieren darf.«
»Intelligent ...«
»Ja, intelligent! Überlegen Sie es sich, rechnen Sie es sich aus. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich gebe Ihnen zehntausend für Spesen, und sie rechnen es sich aus. Ich kann Ihnen sagen, wo er wohnt, wo er absteigt, wenn er auf Reisen ist, und all so was. Und Sie denken sich einen Plan aus.«
»Und dann?«
»Sie machen Ihren Plan, tun aber absolut nichts, bevor ich es Ihnen nicht ausdrücklich sage. Ob es bald oder später geschieht, ist nicht so wichtig. Es muß nur zur richtigen Zeit sein. Sie haben mindestens genauso viel Grund, auf Angelo Perino wütend zu sein, wie ich. Aber das darf Sie nicht zu Unbedachtsamkeit verleiten. Es geht nur, wenn sie kühl bleiben und einen genauen Plan haben. Sie kriegen in den nächsten Tagen etwas Bargeld von mir, auch die achtzehnhundertfünfundsiebzig für die Arztrechnung.«
7
Angelos Vater Dr. John Perino starb am 6. August 1988 im Alter von zweiundachtzig Jahren.
Der Anruf kam um zwei Uhr morgens. Angelo war nicht da, Cindy war am Telefon. Sie versuchte die nächsten vier Stunden, Angelo zu erreichen, was ihr schließlich mit Keijos Hilfe gelang. Angelo war bei Tadashi Komatsu im Country Club außerhalb Tokios, wo sie das Projekt eines Elektroautos diskutierten.
Angelo nahm das nächste Flugzeug, das er kriegen konnte,
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