Der Clan
sich Amanda an.
»Ich habe keine Angst davor«, sagte sie ihr, »was Angelo dazu sagen wird. Schließlich hat er einen Sohn, der nicht meiner ist. Abgesehen davon kann er glauben, daß auch dieses Kind von ihm ist.«
»Ja, bis er groß ist und vorzeitig eine Glatze kriegt«, sagte Amanda. »Ich weiß nicht, Cindy, ob es dir gelingt, das geheimzuhalten. Schon, weil du es selbst ja wohl fertig bringst, damit zu leben. Aber wie konntest du überhaupt?«
»Ach weißt du, ich wollte immer schon Kinder haben, seit ich verheiratet war. Wir bekamen ja auch eines gleich im ersten Jahr. Dann nahm ich für eine Weile die Pille, damit zwei Jahre zwischen John und Anna waren. Zwischen Morris und Valerie machte ich es wieder genauso und schließlich sogar mit vier Jahren Abstand zwischen Valerie und Mary. Nach Mary nahm ich wieder die Pille und das fünf Jahre lang. Bis mir vor kurzem mein Frauenarzt sagte, es sei Zeit, sie wenigstens für eine Weile abzusetzen. Na ja, und nun .«
Amanda arbeitete noch immer an ihrem dritten Bild von Cindy. Cindy stand jetzt eben auf dem Podium Modell. Amanda kam von ihrer Staffelei zu ihr aufs Podium und küßte sie, zuerst auf den Mund und dann auf beide Brüste, streichelte diese und umarmte Cindy, bevor sie zurück zu ihrer Leinwand ging.
»Marcus möchte es Angelo sagen. Er will sein Baby für sich haben.«
»Er kann es doch nicht selbst aufziehen?« sagte Amanda.
»Na ja, aber ich habe auch nicht viel Zeit. Ich muß mich entscheiden.«
»Fällt dir das schwer? Ich meine, wenn du dich zu einer Abtreibung entschließen würdest, hättest du damit Gewissensprobleme?«
Cindy nickte. »Aber klar. Als wir in Detroit zur Beerdigung von Angelos Vater waren, fragte mich seine Mutter, ob unsere Kinder denn auch getauft seien. Als ich ihr gestehen mußte, daß das nicht der Fall sei, nahm sie mir das Versprechen ab, es nachzuholen. Natürlich will sie sie katholisch getauft wissen. Das kann ich jedoch nicht. Das tut kein Priester, ohne daß ich zuerst gelobt habe, die Kinder katholisch zu erziehen. In der Beziehung ist doch bisher überhaupt nichts geschehen. Ich selbst bin presbyterianisch getauft. Angelo ist katholisch erzogen. Die Sache ist die, wenn ich jetzt abtreibe, bin ich nicht sicher, daß ich imstande bin, ihm das zu sagen. Ich glaube Angelo zu kennen, aber .«
»Laß mich mal etwas fragen, Schätzchen«, sagte Amanda. »Er hat dir gestanden, daß er ein Kind mit Betsy hat. Hat er sonst noch etwas gebeichtet? Ich meine, hat er außer Betsy auch noch andere Frauen gehabt?«
»Na ja«, sagte Cindy achselzuckend, »ich meine, ich habe ihm ja nie etwas von Dietz gesagt, und selbstverständlich schon gar nichts von uns beiden. Oder eben von Marcus. Ich weiß, was er sich denkt. Immerhin, er ist realistisch.«
»Wie bezeichnet ihr das eigentlich, was ihr da führt? Eine sogenannte offene Ehe, oder was?«
Cindy lächelte. »Ja, so ungefähr. Ich bin ein Kind der sechziger Jahre. Obwohl ich nie eine Yuppie wurde. Als ich Mary in die Vorschule brachte, war ich die älteste Mutter dort. Da sagte eine von diesen jungen Müttern beim Tee und Keksen, daß ich ja wohl nicht so seriös sei wie sie, weil Leute meiner Generation nicht dieselben Werte schätzten wie ihre Generation.«
Amanda lachte. »Werte«, sagte sie. »Wenn ich das Wort schon höre, wird mir schlecht.«
»Na, jedenfalls muß ich mich für irgend etwas entscheiden.«
Amanda kam wieder von ihrer Staffelei herbei, stieg aber nicht auf das Podium, beugte sich nur vor und küßte Cindy auf ihre Spalte.
»Ich kann nicht«, flüsterte Cindy und begann ganz unvermittelt zu schluchzen. »Ich kann nicht noch ein Kind haben.«
Amanda umfaßte sie an den Hüften und streichelte ihr den Leib mit ihrem Mund. »Ich helfe dir ja, Schätzchen. Ich hatte selbst zwei Abtreibungen. Da ist eine Klinik in New Haven, meine Ärztin dort ist eine Frau, die kümmert sich schon um dich. Ich fahre dich hin und auch wieder zurück.«
In der nächsten Woche geschah die Abtreibung in New Haven tatsächlich. Die Ärztin riet Cindy, nicht mehr die Pille zu nehmen und sich lieber durch Tubenligation sterilisieren zu lassen. Das tat Cindy in der Woche darauf, wieder in New Haven, als Angelo in Detroit und anschließend auf dem Weg nach Japan war.
Sie hatte Marcus nichts gesagt. Er hatte aber inzwischen seinerseits einen Arzt auf der Park Avenue aufgesucht und sich durch eine Vasektomie sterilisieren lassen. Er sagte es ihr, bevor sie dazu kam, ihm ihre
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