Der Clan
nicht verkauft?« fragte Lincicombe.
»Nein. Alle weg.«
»Wird er für ein weiteres Modell stehen?«
»Nein.«
»Tut es ihm etwa leid, daß er es getan hat?«
»Nein.«
Was Cindy und Marcus miteinander im Bett machten, variierte nicht übermäßig. Sie hatten zwar beide Phantasie, doch schöpften sie ihre Möglichkeiten bei weitem nicht aus, jedenfalls nicht miteinander. Für sie war das wichtigste Element des intimen Umgangs mit Marcus mehr die Wärme, die die Hitze begleitete. Marcus war nicht nur hitzig, sondern auch warmherzig.
Er hatte ihr einmal gesagt, er bedaure es, daß sie verheiratet und Mutter von fünf Kindern sei. Da könne er sie ja nicht gut bitten, Mann und Kinder zu verlassen. Aber, sagte er, er sei bereit, zu warten. Wenn ihre Kinder erst einmal groß und aus dem Haus ...
Aber nein, hatte sie abgewehrt. Nicht doch. Das konnte niemals sein. Sie vertraute ihm indessen an, daß Angelo auch der Vater von Betsys Sohn John war. Sie liebte Angelo. Und ihn, Marcus. Und Betsy liebte Angelo und er sie. Aus diesem Geflecht gab es kein Entrinnen.
Sie gestand ihm allerdings nicht - und er ahnte es auch nicht -, daß sie außerdem Amanda liebte, wenn auch nicht so intensiv und ohne jederlei Verpflichtung, aber eben doch so, daß sie sie nicht aufgeben wollte. Das »Lesbeln« gefiel ihr mindestens so sehr wie das Spiel mit einem »harten« Mann. Mit Amanda machte sie es fast nebenbei und nicht öfter als einmal alle zwei Wochen, doch sie wußten beide, daß sie einander begehrten. Mysteriös war, daß ihrer beider Begehren eigentlich jedesmal genau zur gleichen Zeit kam. Dann fanden sich auch die Gelegenheit, sich zu befriedigen.
Cindy war jetzt vierzig. Sie brauchte die Bestätigung, daß sie sich gut gehalten hatte, und die beste Versicherung dafür war, sich ein weiteres Mal von Amanda malen zu lassen. Diese Leinwand stand auch bereits auf der Staffelei. Sobald Amanda zurückkam, wollte Cindy noch ein wenig Modell sitzen. Sie wußte, sie konnte sich bei Amanda darauf verlassen, daß sie ihr nicht schmeichelte und sie schönte, sondern sie wie immer mit der absoluten Genauigkeit und Unbarmherzigkeit einer Kamera abbildete.
Das noch unfertige Bild zeigte sie in der Tat genauso, wie sie jetzt war: eine Frau mit einigen unübersehbaren Schwangerschaftsstreifen um den vollen und runden Leib, mit Brüsten, die ein wenig weicher geworden waren, als sie vor fünf zehn Jahren aussahen, und mit einem Hinterteil, das eine Spur schlaff geworden war; aber immer noch eine Frau, die sich ohne weiteres sehen lassen konnte und die nichts verloren hatte, was man nicht ohnehin gut entbehren konnte. Sie hatte Buffy am Swimming-Pool gesehen und konnte den straffen, jungen, schlanken Leib des gerade erblühenden Mädchens nur bewundern und beneiden. Trotzdem, es war nun einmal, wie es war. Man konnte nichts tun - oder auch tun, was man nur wollte -, irgendwann verlor man die Schlacht um Jugend und Schönheit nun einmal.
Dieses Bild sollte Amanda selbst behalten, so war es ausgemacht. Es sollte in ihrem Schlafzimmer hängen.
Normalerweise war Marcus Lincicombe im Bett die Ruhe selbst. Er verrichtete seine erotischen Dienste ohne alle Hast und Aufregung. Er gestattete sich niemals, zu rasch und vor allem vor ihr zu kommen. Auch hier, wie bei allem sonst, regierte der kühle Verstand. Manchmal hatte Cindy deshalb den Wunsch, er möchte doch wenigstens einmal plötzlich wild und ungezügelt sein und sich den
Teufel um sie scheren. Aber nein. Stets bewegte er sich gemessen und würdig rein und raus, wie es seiner seriösen Art entsprach. Die Empfindungen mit ihm waren durchaus subtil und genußreich, aber doch niemals aufregend. Außer sich geraten war nicht Marcus Lin-cicombes Fall.
Nun ja, vielleicht versuchte er ja auch nur zu verhindern, daß der Überzieher riß oder aus dem Sitz geriet ... Doch ausgerechnet jetzt zerriß er tatsächlich. Als er sich zurückzog und sich auf seine Fersen setzte, sah er die Bescherung. Das Ding hing nur noch wie ein Kragen um seinen rasch abfallenden Penis und vorne tropften Reste seiner Ejakulation.
Cindy hatte keine Vaginaldusche zur Hand. Sie ließen Wasser in die Badewanne laufen, und sie setzte sich hinein und wusch sich aus, so intensiv, wie sie nur konnte, wenn auch mit wenig Zuversicht.
6
Der stiernackige Leonard Bragg saß zusammen mit seiner Kollegin Patricia Warner an einem Tisch des Red Fox Inn.
Len Bragg war ein Schrank von Mann, breitschultrig und mit einem leichten
Weitere Kostenlose Bücher