Der Clan
teilte sie auch Salat aus der großen, hölzernen Salatschüssel aus und reichte den Korb mit Knoblauchbrot um den Tisch herum.
»Wir wollen eine richtig große Hochzeit mit allem Drum und Dran«, sagte Jenny.
»Und möglichst rasch«, ergänzte Angelo. »Wir wollen nämlich in Kürze nach Europa reisen. Ich muß dort Dr. Hans noch einmal aufsuchen, damit er mich nachoperiert. Es ist halt einiges wieder aufgebrochen. Ich möchte bald wieder wie ein normaler Mensch aussehen.«
Vor nun schon drei Jahren hatte Nummer eins darauf bestanden, daß Angelo sich in der Schweiz bei dem berühmten Schönheitschirurgen Dr. Hans die Brandwunden von seinem letzten Grand-PrixRennen beseitigen ließ. Der Chirurg, eine Kapazität auf seinem Gebiet, hatte sogar etwas mehr getan und Angelo ein jugendlicheres Gesicht verliehen. Angelo hatte darüber gewitzelt, daß bestimmt nur wenige Männer ein zweites Gesicht bekämen. Tatsächlich hatte er wirklich ein neues, ein zweites Gesicht bekommen, das ihn wie einen Fünfundzwanzigjährigen erscheinen ließ, obwohl er doch schon in den Vierzigern war. Jetzt allerdings, mit den Verletzungen, die er dem Schlägertrupp zu verdanken hatte, wirkte er wieder grotesk. Es blieb nichts anderes übrig, als erneut zu Dr. Hans zu fahren, damit er ihn ein zweites Mal zurechtflickte.
»Eine Menge Dinge sind in diesem vergangen Jahr passiert«, sagte Dr. Perino.
»Ja, und einige davon werden euch vielleicht nicht so besonders gefallen«, antwortete Angelo. »Erstens werden wir nicht in Detroit bleiben. Cindy und ich haben heute nachmittag in unserem Hotelzimmer lange darüber gesprochen. Wir wollen woanders leben.«
»Können wir euch da häufig besuchen?« fragte seine Mutter sogleich.
»Ja, und wir kommen auch oft her«, sagte Cindy. »So oft, daß wir euch vermutlich auf die Nerven fallen werden.«
»Wie ist das, wollt ihr Kinder haben?« fragte die Mutter mit einem hoffnungsvollen Lächeln.
»Sechs oder sieben«, erklärte Cindy.
»Mögt ihr denn Detroit nicht?« fragte Dr. Perino.
Angelo antwortete: »Es ist heruntergekommen und gefährlich.«
»Aber das ändert sich doch wieder«, meinte sein Vater. »Je mehr die Schwarzen die Stadt übernehmen und sie zu ihrer Stadt machen, desto stärker werden sie den Wunsch haben, sie zu retten und wieder hochzubringen. Bisher hat sie ihnen nie gehört, also war es ihnen auch egal, was aus ihr wurde. Jetzt aber ...«
»Wir haben zwei Gründe«, unterbrach ihn Cindy. »Erstens ... entschuldigt, es ist ja eure Heimatstadt, aber ehrlich, wenn man eine von diesen häßlichen Städten wie Detroit gesehen hat, hat man alle gesehen. Ich jedenfalls will in New York leben.«
»Und der zweite Grund?« erkundigte sich Jenny. »Du hast gesagt, zwei.«
Cindy lächelte schief. »Würden wir hierbleiben, wären wir gezwungen, ständig gesellschaftlich mit so schrecklichen Emporkömmlingen wie diesen Hardemans und den Fords umzugehen. Ich könnte das nicht ertragen, wirklich. Wenn ich mir nur vorstelle, ich müßte zu einem Ball in einen dieser Country Clubs gehen und am Ende mit diesem vierschrötigen, tapsigen und ständig zu zwei Dritteln betrunkenen Henry Ford dem Zweiten tanzen, schüttelt es mich.«
Angelo lächelte. »Da hörst du es, Mutter, wir müssen hier einfach weg. Oder glaubst du, ich könnte ihr diese Idee ausreden?«
»Du willst es auch gar nicht«, sagte seine Mutter. »Mußt du auch nicht. Erinnerst du dich noch an deinen Großvater?«
»Ja, sicher.«
»Es ist schade, daß er nicht mehr lebt. Jetzt mußt du warten, bis ihr euch im Himmel wiederbegegnet. Aber vielleicht solltet ihr euch trotzdem Sizilien anschauen.«
»Nein, nein, Mama«, widersprach da Dr. Perino sofort. »Eines Tages kann Cindy vielleicht Onkel Jake kennenlernen. Aber nach Sizilien fahren? Nein. Unsere Familie hat doch gar keine Verbindungen mehr dorthin.«
»Mein Großvater«, erklärte Angelo Cindy, »wurde nach Sizilien deportiert. Er soll ein Mafiaboß gewesen sein.«
»Ach Gott«, sagte Cindy lächelnd, »von meinem Großvater heißt es, er sei ein Räuberbaron gewesen. Wie sonst hätte er soviel
Geld scheffeln und mir hinterlassen können? Das große Geld ist nur sehr selten hart verdient.«
»Sie hat da ziemlich zynische Ansichten«, erläuterte Angelo achselzuckend.
»Ansichten oder nicht«, sagte seine Mutter. »Jedenfalls ist es allmählich Zeit, Angelo, daß du dich darauf besinnst, was wirklich wichtig ist und was nicht. Du hast eine anständige Bildung
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