Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers
für den dritten Schuss zurückgebracht wurde, und versuchte ihn durch seine Willenskraft zum Stillsitzen zu veranlassen. Er wollte nicht, dass Hiroshi den Hund verletzte, doch er wollte wenigstens einen Treffer. Die Menge verstummte. AuÃer dem Geräusch des galoppierenden Pferdes hörte Takeo noch ein sehr leises Gesumm, jenes Geräusch, das Gemba von sich gab, wenn er zufrieden war.
Kein anderer Mensch konnte es hören, der Hund aber schon. Er hörte auf, sich zu winden und zu winseln, und als man ihn loslieÃ, rannte er nicht weg, sondern saà da und kratzte sich, bis er schlieÃlich wieder aufstand und langsam durch den Ring lief. Hiroshis dritter Pfeil traf ihn an der Flanke und warf ihn zu Boden, ohne dass er blutete.
»Das war leicht! Diese Runde gewinnt Okuda!«
So lautete auch das Urteil der Schiedsrichter. Okudas zweiter Treffer wurde höher bewertet als Hiroshis zwei Fehlschüsse, obwohl der Hund geblutet hatte.
Takeo bereitete sich innerlich auf eine weitere Niederlage vor â und dann wäre der Ausgang des Wettkampfes besiegelt, egal, wie gut Shigeko sich schlüge. Sein Blick ruhte auf Gemba, der nicht mehr entspannt und zufrieden vor sich hin brummte, sondern so aufmerksam wirkte wie nur je. Auch der Rappe, auf dem er saÃ, wirkte konzentriert, spitzte die Ohren und betrachtete die ungewohnte Szene mit groÃen Augen. Lord Kono wartete auÃerhalb der Kreise auf seinem feingliedrigen, temperamentvollen Fuchs. Wie Takeo bereits wusste, ritt er gut und sein Pferd war schnell.
Da Hiroshi die vorherige Runde verloren hatte, musste Gemba als Erster reiten. Der nächste Hund war etwas zahmer und hatte offenbar keine Angst vor dem galoppierenden Pferd. Gembas erster Pfeil schien durch die Luft zu schweben und landete sanft auf dem Hinterteil des Hundes. Ein guter Treffer und kein Blut. Sein zweiter Treffer war ganz ähnlich und der Hund blieb wieder unverletzt. Aber nun war er aufgeschreckt undrannte im Zickzack, so dass Gembas dritter Pfeil danebenging.
Dann kam Kono auf dem Fuchs, den er im äuÃeren Kreis zu einem angeberischen Galopp anspornte. Der rote Sand flog durch die Luft und die Zuschauer jubelten anerkennend.
»Lord Kono ist sehr geschickt und sehr beliebt«, sagte Takeos Nachbar.
»Ja, es ist wirklich eine Freude, ihm zuzuschauen!«, erwiderte Takeo höflich, dachte aber: Ich bin dabei, alles zu verlieren, doch ich werde weder Zorn noch Trauer zeigen.
Die Hunde im Pferch wurden aufgeregter. Das Bellen war zum Heulen geworden, und jeder Hund, den man loslieÃ, war ungestümer als der letzte. Trotzdem erzielte Kono zwei Treffer, ohne dass Blut floss. Bei seinem dritten Versuch bockte das vom Gejubel der Menge aufgeputschte Pferd ein wenig, und der Pfeil segelte über den Kopf des Hundes und knallte gegen die Seite der Holztribüne. Mehrere Jungen sprangen hinunter, um sich den Pfeil zu schnappen, und der glückliche Sieger reckte ihn in die Höhe.
Nach einer langen Diskussion zwischen den Schiedsrichtern wurde die zweite Runde zum Patt erklärt.
»Jetzt könnte es dazu kommen, dass der Kaiser entscheidet«, erklärte Takeos Sitznachbar. »Das ist sehr beliebt â so wird bei einem allgemeinen Patt der Sieger gekürt.«
»Aber das ist eher unwahrscheinlich, denn ich glaube, man sagt, Lord Saga sei bei diesem Sport am geschicktesten«, antwortete Takeo.
»Da haben Sie natürlich Recht. Ich wollte einfach nur nicht â¦Â« Dem Mann schien die Sache sehr peinlich zu sein, und nach einem kurzen, betroffenen Schweigen entschuldigte er sich und ging zu einer anderen Gruppe von Zuschauern. Er flüsterte mit ihnen, doch Takeo hörte seine Worte klar und deutlich.
»Ich ertrage es einfach nicht, neben Lord Otori zu sitzen, der seinem Todesurteil entgegensieht. Ich habe so viel Mitleid mit ihm, dass ich den Wettkampf gar nicht genieÃen kann.«
»Angeblich ist dieser Wettkampf nur ein Vorwand, damit er abdanken kann, ohne in der Schlacht besiegt zu werden. Ihm ist alles egal. Ãberflüssig, Mitleid mit ihm zu haben.«
Dann verstummte die ganze Arena, denn Shigeko ritt in den Kreis und Ashige begann zu galoppieren. Takeo konnte es kaum ertragen, sie anzuschauen, vermochte seinen Blick aber nicht von ihr loszureiÃen. Im Vergleich mit den männlichen Wettkämpfern wirkte sie winzig und zerbrechlich.
Trotz der Aufregung der Zuschauer, des wilden Gekläffs der
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