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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Hunde und der steigenden Spannung wirkten sowohl Frau als auch Pferd vollkommen entspannt. Das Pferd lief schnell und geschmeidig, die Frau saß ernst und gerade im Sattel. Shigekos Miniaturbogen und die kleinen Pfeile entlockten den Menschen hier und da ein erstauntes Keuchen, das in Bewunderung umschlug, als der erste Pfeil den Hund sanft an der Seite traf. Er schnappte danach wie nach einer Fliege, war aber weder verletzt noch verängstigt, und dann schien er zu spüren,dass die Sache ein Spiel war, und er spielte es freudig. Er lief parallel zum Pferd durch den Kreis und Shigeko beugte sich hinab und schoss den zweiten Pfeil so sanft ab, als streckte sie die Hand aus, um den Hund am Hals zu streicheln. Der Hund schüttelte den Kopf und wedelte mit dem Schwanz.
    Shigeko trieb ihr Pferd zu einem schnelleren Galopp an und der Hund folgte ihr auf den Fersen, mit offenem Maul, flatternden Ohren und fliegendem Schwanz. So umrundeten sie dreimal die Arena. Dann hielt Shigeko ihr Pferd vor dem Kaiser an. Der Hund ließ sich japsend hinter ihr nieder. Shigeko verneigte sich tief, spornte das Pferd wieder zum Galopp an und zog immer engere Kreise um den Hund, der dasaß und ihr zuschaute, den Kopf hin und her drehte und die rosa Zunge aus dem Maul hängen ließ. Der dritte Pfeil flog schneller, aber nicht weniger sanft, und traf den Hund mit kaum hörbarem Laut direkt unterhalb des Kopfes.
    Takeo war überwältigt von Bewunderung für seine Tochter, für ihre Kraft und Geschicklichkeit, für ihre vollkommene, von Sanftmut bestimmte Selbstbeherrschung. Er spürte, dass er dem Weinen nahe war, und befürchtete schon, der Stolz auf seine Tochter würde jene Tränen freisetzen, die er eigentlich aus Trauer hätte vergießen müssen. Er runzelte die Stirn, verzog keine Miene, bewegte keinen Gesichtsmuskel.
    Nun ritt Saga Hideki, der letzte Wettkämpfer, in den Kreis mit dem roten Sand. Sein Brauner zerrte an der Trense und wehrte sich gegen den Reiter, doch der Mann hielt ihn mit seiner Bärenstärke problemlos unterKontrolle. Saga trug ein schwarzes Gewand, auf dessen Rückseite Pfeile prangten, und zum Schutz waren seine Oberschenkel mit Rehfell bedeckt, dessen schwarze Wedel fast bis zum Boden reichten. Als er den Bogen hob, ging ein Raunen durch die Menge. Als er einen Pfeil auflegte, hielt sie den Atem an. Das Pferd galoppierte, Schaum flog ihm vom Maul. Der Hund wurde losgelassen und rannte kläffend und jaulend durch den Ring. Sagas erster Pfeil flog so schnell, dass man ihm mit bloßem Auge nicht folgen konnte. Er war genau bemessen, traf den Hund an der Seite und warf ihn um. Der Hund rappelte sich auf, und da er benommen und außer Atem war, hatte Saga leichtes Spiel und traf ihn mit dem zweiten Pfeil. Auch diesmal war kein Blut zu sehen.
    Die Sonne stand im Westen, und je länger die Schatten wurden, desto heißer war es. Obwohl die ganze Menge rief, die Hunde jaulten und die Kinder schrien, senkte sich eine eisige Ruhe auf Takeo hinab. Er war dankbar dafür, denn sie betäubte alle Gefühle, ob Trauer, Bedauern oder Wut. Er sah teilnahmslos zu, wie Saga, ein Mann, der Körper und Geist, Pferd und Waffe vollkommen beherrschte, wieder im Kreis galoppierte. Takeo kam alles vor wie in einem Traum. Der letzte Pfeil sauste los und traf den Hund wieder mit einem dumpfen Geräusch an der Seite. Er muss ihn verletzt haben , dachte Takeo, doch auf dem weißen Fell und dem hellen Sand war kein Blut zu sehen.
    Nun verstummte die Menge. Takeo spürte, dass alle Blicke auf ihm ruhten, sah aber niemanden an. In Kehle und Bauch spürte er den Geschmack der Niederlage,gallig und bitter. Saga und Shigeko waren auf jeden Fall gleichauf. Zwei Unentschieden und ein Sieg – damit wäre Saga der Gewinner.
    Doch da sah er, wie sich plötzlich ein roter Fleck auf dem weißen Sand der Arena ausbreitete. Der Hund blutete stark aus Maul und Hintern. Die Menge schrie erschrocken auf. Der Hund krümmte den Rücken, schüttelte den Kopf, verspritzte sein Blut in hohem Bogen auf den Sand, jaulte auf und starb.
    Sagas Kraft war zu groß, dachte Takeo. Er vermochte seine männliche Energie nicht zu zügeln. Er konnte den Pfeil zwar verlangsamen, aber nicht dessen Gewalt mindern. Die zwei ersten Treffer hatten die inneren Organe des Hundes zerstört und ihn getötet.
    Die Rufe und den Jubel der Menge hörte er wie aus weiter Ferne. Er erhob sich

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