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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Kreis vom inneren, dessen Sand weiß war.
    Von der östlichen Seite der Arena, wo sich ungefähr fünfzig weiße Hunde in einem kleinen, mit weißen Quasten geschmückten Pferch befanden, hörte Takeo Gebell. Hinten auf dem Platz hatte man ein Seidenzelt für den Kaiser errichtet, der wie zuvor hinter einem Wandschirm aus Bambus saß.
    Takeo wurde zu einem Platz rechts neben diesemZelt geführt. Dort begrüßten ihn Edelmänner und Edelfrauen, Krieger und deren Ehefrauen, die er zum Teil schon bei den gestrigen Feierlichkeiten kennengelernt hatte. Der Eindruck, den das Kirin gemacht hatte, zeigte bereits Wirkung: Ein Mann präsentierte ihm einen elfenbeinernen Anhänger in Gestalt des Tieres und die Kapuzen mehrerer Frauen waren mit seinem Bild geschmückt.
    Es herrschte eine lebhafte und redselige Stimmung wie bei einem Picknick auf dem Land und Takeo bemühte sich, fröhlich daran teilzunehmen. Doch hin und wieder hatte er das Gefühl, als würde die Szene verblassen und der Himmel dunkel werden, und dann hatte er wieder Taku vor Augen, der in den Nacken geschossen worden war und verblutete.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit den Lebenden und seinen Stellvertretern zu: Shigeko, Hiroshi und Gemba. Die zwei hellgrauen Pferde mit schwarzer Mähne und schwarzem Schweif bildeten einen eindrucksvollen Kontrast zu Gembas Rappen. Die Pferde trabten gelassen im Kreis. Saga ritt ein großes braunes Pferd, seine zwei Mitstreiter, Okuda und Kono, ein geschecktes beziehungsweise ein rotbraunes. Ihre Bogen waren riesig im Vergleich zu dem Shigekos – und alle drei hatten Pfeile mit weißen und grauen Reiherfedern.
    Takeo hatte noch nie einer Hundejagd beigewohnt und die Regeln wurden ihm von seinen Begleitern erklärt.
    Â»Man darf nur bestimmte Stellen treffen: Rücken, Bein, Hals. Der Kopf, der weiche Teil des Bauches unddie Genitalien müssen verschont bleiben, und wenn ein Hund nach einem Schuss blutet oder stirbt, werden Punkte abgezogen. Je mehr Blut vergossen wird, umso schlechter ist der Schuss. Alles dreht sich um vollkommene Beherrschung, und diese ist sehr schwierig zu erreichen, wenn das Pferd galoppiert, der Hund rennt und der Bogenschütze sehr kraftvoll ist.«
    Die Reihenfolge der Wettkampfteilnehmer entsprach ihrem jeweiligen Rang: zuerst die niedersten, dann die höchsten. Okuda und Hiroshi bildeten das erste Paar.
    Â»Okuda reitet als Erster, um Ihnen zu zeigen, wie es geht«, sagte Saga zu Hiroshi und klang großzügig, weil es einen kleinen Vorteil brachte, als Zweiter zu reiten.
    Der erste Hund wurde in den Kreis geführt. Auch Okuda ritt ein, trieb sein Pferd zum Galopp an und ließ die Zügel fallen, während er den Bogen hob und einen Pfeil auflegte.
    Man nahm dem Hund die Leine ab und er begann sofort, hin und her zu springen und das galoppierende Pferd anzubellen. Der erste Pfeil Okudas pfiff an den Ohren des Hundes vorbei, der verdutzt kläffte und mit eingekniffenem Schwanz zurückwich. Der zweite Pfeil traf ihn an der Brust.
    Â»Guter Schuss!«, rief der Mann neben Takeo.
    Der dritte Pfeil traf den Hund am Rücken. Da er mit zu großer Kraft abgeschossen worden war, begann Blut das weiße Fell zu verfärben.
    Â»Ziemlich schlecht«, lautete das Urteil.
    Takeo spürte, wie seine Anspannung wuchs, als Hiroshi in den Ring ritt und Keri zu galoppieren begann. Er kannte das Pferd fast genauso lange wie den Mann – fast achtzehn Jahre. Hatte der Graue die Nerven für diese Art von Wettkampf? Würde er seinen Reiter im Stich lassen? Takeo wusste, dass Hiroshi ein hervorragender Bogenschütze war, aber konnte er mit den besten Schützen der Hauptstadt mithalten?
    Der Hund wurde losgelassen. Vielleicht hatte er gesehen, was seinem Artgenossen widerfahren war, und ahnte, was ihm bevorstand, denn er flitzte sofort zu den anderen Hunden zurück. Hiroshis erster Pfeil verfehlte ihn um eine ganze Fußlänge.
    Der Hund wurde eingefangen, zurückgebracht und noch einmal losgelassen. Takeo sah, dass er Angst hatte und die Zähne fletschte. Offenbar wittern sie das Blut und die Furcht , dachte er. Vielleicht warnen sie einander auch irgendwie . Diesmal war Hiroshi besser vorbereitet, doch sein Pfeil verfehlte trotzdem das Ziel.
    Â»Es ist schwieriger, als es aussieht«, sagte Takeos Nachbar voller Mitgefühl. »Erfordert jahrelange Übung.«
    Takeo starrte den Hund an, als dieser

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