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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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sie lachten über ihre Angst.
    Â»Eine Nacht für Geister«, scherzte einer.
    Alle Türen standen offen und in den Ecken der Zimmer schimmerten kleine Lichter. Takeo konnte den Atem der Schlafenden hören. Ich werde ihren Atem erkennen , dachte er. Sie hat so viele Nächte neben mir geschlafen.
    Er glaubte schon, sie im größten Zimmer entdeckt zu haben, doch als er sich neben die schlafende Frau kniete, stellte er fest, dass es Hana war. Der Hass, den er für Kaedes Schwester empfand, erstaunte ihn, doch er ging weiter.
    In der Residenz war die Luft stickig. Er war noch nass vom Durchqueren des Flusses, doch ihm war nicht kalt. Er beugte sich über mehrere schlafende Frauen und horchte auf ihren Atem. Kaede war nicht unter ihnen.
    Es war Hochsommer und die Sommersonnenwende lag kaum sechs Wochen zurück. Bald würde es dämmern. Er konnte hier nicht bleiben. Er hatte nur ein Ziel gehabt: sie zu finden, und weil ihm dies nicht gelang, wusste er nicht mehr, was er tun sollte. Er kehrte in den Garten zurück, und erst da bemerkte er den vagen Umriss eines allein stehenden Gebäudes, das ihm zuvor nicht aufgefallen war. Als er darauf zuging, wurde ihm bewusst, dass es sich um einen kleinen, über einem plätschernden Bach erbauten Pavillon handelte. Takeo hörte Kaedes Atem, der sich in das leise Rauschen des Wassers mischte.
    Auch hier brannte eine Lampe, und ihr Schein war so schwach, als wäre das Öl fast aufgebraucht. Kaede saß im Schneidersitz da und starrte in das Dunkel. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen.
    Sein Herz pochte heftiger als vor einer Schlacht. Als er auf den Holzfußboden trat, ließ er sich sichtbar werden und flüsterte: »Kaede. Ich bin es – Takeo.«
    Sie griff sofort an ihre Seite und zog ein kleines Messer hervor.
    Â»Ich bin nicht gekommen, um dir wehzutun«, sagte er. »Wie kannst du nur so etwas denken?«
    Â»Du kannst mir nicht noch mehr wehtun, als du es schon getan hast«, antwortete sie. »Ich würde dich töten, aber ich glaube, das gelingt nur deinem Sohn!«
    Takeo schwieg kurz. Er begriff sofort, was vorgefallen war.
    Â»Wer hat dir das erzählt?«, sagte er schließlich.
    Â»Tut das etwas zur Sache? Außer mir scheint es doch sowieso jeder zu wissen.«
    Â»Das ist so lange her. Ich dachte …«
    Sie unterbrach ihn. »Der Akt selbst ist vielleicht lange her. Aber du hast mich seither die ganze Zeit hintergangen. Du hast mich in all unseren gemeinsamen Jahren belogen. Und das werde ich dir niemals vergeben.«
    Â»Ich wollte dich nicht verletzen«, sagte er.
    Â»Du hast zugeschaut, wie mein Bauch mit deinem Kind darin immer größer wurde, und die ganze Zeit befürchtet, ich könnte jenen Sohn gebären, der dich töten würde. Während ich mich nach einem Sohn gesehnt habe, hast du darum gebetet, keinen zu bekommen. Dir war es lieber, dass ich mit Zwillingstöchtern gestraft wurde, und bei der Geburt deines Sohnes hast du gehofft, er würde sterben. Vielleicht hast du sogar für seinen Tod gesorgt.«
    Â»Nein«, sagte er zornig. »Ich würde niemals ein Kind töten, schon gar nicht eines von meinem Blut.« Erversuchte seine Stimme zu beruhigen und vernünftig mit ihr zu sprechen. »Sein Tod bedeutet einen schrecklichen Verlust – er hat dich zu diesen Taten getrieben.«
    Â»Er hat mir die Augen dafür geöffnet, wer du in Wahrheit bist.«
    Takeo erkannte das Ausmaß ihrer Wut und Trauer und fühlte sich beidem hilflos ausgeliefert.
    Â»Dies ist noch ein Betrug in einem Leben, das sowieso schon ein einziger Betrug war«, fuhr sie fort. »Du hast Iida nicht getötet. Du bist nicht als Krieger erzogen worden. Dein Blut ist befleckt. Jetzt weiß ich, dass ich mein ganzes Leben einer Illusion gewidmet habe.«
    Â»Ich habe mich nie als jemand ausgegeben, der ich nicht bin«, erwiderte er. »Ich kenne alle meine Fehler und ich habe oft genug mit dir darüber gesprochen.«
    Â»Du hast Offenheit geheuchelt und zugleich viele schlimme Geheimnisse vor mir verborgen. Was verschweigst du mir noch? Wie viele andere Frauen hat es gegeben? Wie viele andere Söhne?«
    Â»Keine einzige. Das schwöre ich … Es gab nur Muto Yuki, und das in einer Zeit, als ich befürchtete, wir beide wären für immer getrennt.«
    Â»Getrennt?«, wiederholte sie. »Wenn uns jemand getrennt hat, dann du

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