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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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wahrscheinlicher ist es, dass Zenko wieder zur Besinnung kommt und sich beruhigt. Doch ich fürchte, der Kaiser und seine Anhänger im Osten werden ihn weiter ermutigen. Das haben wir deinem Entführer zu verdanken!«
    Er berichtete ihr von seiner Begegnung mit Lord Kono. »Sie betrachten mich als einen Verbrecher. Und da Fujiwara ein Edelmann war, schweigt man über seine Untaten!«
    Â»Vermutlich haben sie Angst, weil du auf einem neuen Rechtssystem beharrst«, sagte Kaede. »Denn bisher hat man nie gewagt, einen Mann wie Fujiwara zu verurteilen oder für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen. Mir war klar, er hätte mich aus einer Laune heraus töten können. Niemand verweigerte ihm den Gehorsamund niemand kam darauf, dass er etwas Unrechtes tat. Dieses Gefühl, Eigentum eines Mannes und damit wertloser zu sein als ein Gemälde oder eine kostbare Vase – denn eine Frau hätte er eher getötet, als einen seiner Schätze zu zerstören –, ich kann gar nicht sagen, wie sehr es mich zermürbt und meinen Körper gelähmt hat. Inzwischen wird der Mord an einer Frau in den Drei Ländern genauso streng bestraft wie der Mord an einem Mann und niemand, egal welcher Geburt oder welchen Ranges, entkommt seiner Strafe. Unsere Kriegerfamilien haben das akzeptiert, aber die Krieger und Edelmänner jenseits unserer Grenzen sehen bestimmt eine Beleidigung darin.«
    Â»Du erinnerst mich daran, wie viel auf dem Spiel steht. Ich werde niemals der Forderung des Kaisers nach Abdankung nachgeben, aber ich möchte auch nicht in den Krieg ziehen. Wenn wir trotzdem im Osten kämpfen müssen, dann je eher, desto besser.« Er erzählte ihr von den Problemen mit den Feuerwaffen und von Fumios Auftrag. »Kahei ist natürlich der Meinung, wir sollten uns sofort auf einen Krieg vorbereiten – wir könnten noch vor dem Winter mit einem Feldzug beginnen. Doch in Terayama haben sich alle Meister dagegen ausgesprochen. Sie haben mir geraten, im nächsten Frühling mit Shigeko in die Hauptstadt zu reisen, und sind offenbar der Ansicht, dass sich dann alles auf wundersame Weise in Wohlgefallen auflöst.«
    Er hatte die Stirn gerunzelt. Kaede rieb mit den Fingern darüber und glättete die Falten.
    Â»Gemba beschäftigt sich neuerdings mit beeindruckenden Zaubertricks«, sagte Takeo. »Aber ich fürchte, das reicht nicht, um den General des Kaisers zu besänftigen. Saga Hideki, den Hundefänger.«

KAPITEL 15

    Der nächste Tag verging mit Vorbereitungen für Kenjis Bestattungszeremonie und mit dem Diktat von Briefen. Minoru hatte den ganzen Tag zu tun, schrieb an Zenko und Hana, um sie über Sunaomis wohlbehaltene Ankunft zu unterrichten, und an Sugita Hiroshi, um diesen zu bitten, so schnell wie möglich nach Hagi zu kommen. Er schrieb auch an Terada Fumifusa, um ihn über Takeos Rückkehr sowie darüber zu informieren, wo sich sein Sohn Fumio derzeit aufhielt, und schließlich nach Inuyama, an Sonoda Mitsuru, um diesem mitzuteilen, dass noch nicht über das Schicksal der Geiseln entschieden worden sei. Dies werde man bei der kommenden Begegnung besprechen.
    Takeo und Minoru wurden von Kaede auf den neuesten Stand gebracht, was die Angelegenheiten der Stadt Hagi und ihrer Einwohner betraf, und Minoru protokollierte sorgfältig alle Beschlüsse, zu denen sie kamen. Am Ende dieses langen, heißen und anstrengenden Tages ging Takeo baden und ließ seine jüngeren Töchter zu sich kommen.
    Sie glitten nackt ins dampfende Wasser. Beide Mädchen wurden allmählich zur Frau, ihre Körper wirkten nicht mehr kindlich, ihre Haare waren lang und dick. Siewaren stiller als sonst, weil sie offenbar nicht recht wussten, ob ihr Vater ihnen ihr wildes Treiben vom Vortag vergeben hatte.
    Â»Ihr seht müde aus«, sagte er. »Ich hoffe, ihr habt den Tag über hart gearbeitet.«
    Â»Shizuka war heute sehr streng«, seufzte Miki. »Sie meint, wir bräuchten mehr Disziplin.«
    Â»Und Shigeko hat uns so unglaublich viel schreiben lassen«, beklagte sich Maya. »Würde Lord Minoru für mich schreiben, wenn ich wie du keine Finger hätte, Vater?«
    Â»Ich musste genau wie ihr das Schreiben lernen«, sagte er. »Und da ich schon älter war, ist es mir viel schwerer gefallen. Je jünger man ist, desto leichter lernt man. Seid dankbar, dass ihr so gute Lehrer habt!«
    Er klang streng,

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