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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Intensivem, aber Beherrschbarem wurde: zu dem unwiderruflichen Entschluss festzuhalten, was ihm geblieben war.
    Es gab keinen, mit dem er reden, dem er sein Leid anvertrauen konnte. Nur Kiyoshige hätte das verstanden und Kiyoshige war tot; er würde nie mehr mit ihm reden, nie mehr sein Lachen hören. Er selbst war von Menschen umgeben, die ihn hassten – seine Onkel, seineeigene Frau. Er hatte seinen Vater verloren, seinen engsten Freund, seinen vertrauenswürdigsten Berater, Irie Masahide – und Akane, die ihn getröstet hätte, die er nie mehr umarmen würde.
    Endo Chikara kam zu ihm und sagte, die Zusammenkunft sei vorbereitet. Shigeru musste sein Leid und seinen Zorn zur Seite schieben und seinen Onkeln gefasst entgegentreten. Jetzt war er Matsuda und den Mönchen von Terayama dankbarer als je zuvor für das harte Training, das ihm Selbstbeherrschung beigebracht hatte. Er begrüßte seine Onkel ohne einen Hinweis auf seine wahren Gefühle, nahm ihre Beileidsformeln und Erkundigungen ruhig entgegen, betrachtete ihre Gesichter genau, aber diskret, beurteilte ihre Haltung und ihr Gebaren. Insgeheim studierte er Masahiro, angewidert von der Vorstellung, Akane könnte sich von solcher Hässlichkeit umarmt haben lassen. Er glaubte es nicht – sie würde nie mit Masahiro schlafen, wenn er sie nicht dazu zwingen würde. Dieser Gedanke empörte ihn so, dass er ihn verdrängen musste, damit er dem Gespräch weiter folgen konnte.
    Das Treffen verlief stürmisch, von Unbehagen und Angst gekennzeichnet, voll gegenseitiger Beschuldigungen: zuerst gegen die verräterischen Noguchi, dann, spitzfindiger, gegen Shigeru selbst, weil er Iidas Feindschaft herausgefordert und den Tohan direkt entgegengetreten war. Es endete gewissermaßen unentschieden, Lord Shoichi lehnte es ab, die Regentschaft abzugeben, weil die Tohan vermutlich nicht mit Shigeru verhandeln würden und deshalb ein anderer die Autorität haben müsse, für den Clan zu sprechen.
    Endo, pragmatisch wie gewöhnlich, war auffallend still, doch Miyoshi unterstützte wärmstens Shigeru und machte deutlich, dass seiner Meinung nach die Menschen in Hagi, eigentlich im ganzen Mittleren Land den Krieg gegen die Tohan begrüßt hatten und es energisch ablehnen würden, sich ihnen zu unterwerfen. Er glaubte, wie Shigeru, dass der Westen die völlige Beherrschung des Mittleren Landes durch die Tohan nicht dulden würde. Sie sollten ihr Vertrauen in das Bündnis mit Maruyama setzen und das als Druckmittel benutzen.
    Â»Wir müssen den Forderungen der Tohan mit eigenen Forderungen begegnen«, riet Miyoshi. »Schließlich hat Sadamu Chigawa angegriffen, ohne provoziert worden zu sein.«
    Â»Unglücklicherweise war er nur zu sehr provoziert«, entgegnete Shoichi. »Durch Lord Shigerus Verhalten seit dem Tod von Miura.«
    Es erschien wenig sinnvoll, immer wieder über das Gleiche zu streiten. Shigeru beendete das Treffen und kehrte an diesem Abend ins Haus seiner Mutter zurück, weil er vertraulich mit Ichiro reden wollte und es nicht ertrug, unter demselben Dach wie seine Onkel oder seine Frau zu sein. Miyoshi wollte ihn begleiten, doch Shigeru überredete ihn, im Schloss zu bleiben – er brauche wenigstens einen treuen Gefolgsmann dort. Miyoshi schickte Verstärkung zum Bewachen des Hauses und Shigeru glaubte zu wissen warum. Zu diesem Zeitpunkt käme sein plötzlicher Tod vielen sehr gelegen. Ein Attentat war sehr wahrscheinlich geworden. Darüber hatte er nie zuvor nachgedacht, seine unbestrittene Stellung hatte ihn beschützt. Als er jetzt zurückritt durch die Straßen, die immer noch von erregten Menschenmengen zu brodeln schienen, erkannte er, wie leicht sich ein Attentäter darin verstecken könnte. Das Haus seiner Mutter wirkte furchtbar ungeschützt, doch wenigstens vertraute er ihrer Dienerschaft, während er im Schloss keinem mehr trauen konnte.
    Er erzählte Ichiro, was bei dem Treffen besprochen worden war, und sein Lehrer erbot sich, zu den Verhandlungen am nächsten Tag mitzukommen. Er meinte wie Miyoshi, dass die Otori Grund zu vielen Klagen hatten, die angesprochen werden mussten.
    Â»Ich werde mir alles merken, was gesagt wird, und einen Bericht darüber machen«, versprach er.
    Als sie gebadet und zu Abend gegessen hatten, war Shigeru wie betäubt vor Müdigkeit. Er wollte Ichiro über Akane

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