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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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entstanden.
    Ãœber ihren Köpfen erhoben sich steil die Vulkanhänge. Schwarze Felsen und alte Lava ragten aus dem Wald, der sie zu bedecken versuchte. Rauch und Dampfstiegen aus dem Krater und aus den zahlreichen heißen Quellen am Fuß des Vulkans, selbst aus dem Ozean, wo kochendes Wasser durch Spalten aus dem Meeresboden brodelte.
    Â»Kommen Sie, ich führe Sie herum«, sagte Terada und während die Männer Netze und Körbe vorbereiteten, kletterten die beiden über die Steine und folgten einem rauen Pfad den Berg hinauf.
    Â»Lebt hier niemand?« Shigeru schaute sich um, als sie auf halbem Weg eine Atempause einlegten. Er sah zur Küste. Hagi lag im Osten, im Dunst versteckt.
    Â»Es ist als Eingang zur Hölle bekannt«, antwortete Terada. »Ich fördere diesen Ruf gern. Je weniger Leute herkommen, umso besser. Wollen Sie baden? Geben Sie Acht, das Wasser ist sehr heiß.«
    Sie zogen sich beide aus und Shigeru glitt vorsichtig in das Becken, wo seine Haut sich sofort rötete. Terada konnte ein Grunzen nicht unterdrücken, als das Wasser seinen mächtigen Körper berührte.
    Sie saßen ein paar Augenblicke halb untergetaucht schweigend da. Dann sagte Terada: »Wurden Sie in der Schlacht nicht verwundet?«
    Â»Nur ein Schnitt am Kopf. Er ist jetzt verheilt, mein Haar verdeckt ihn.«
    Â»Ah.« Terada grunzte wieder. »Verzeihen Sie mir – und bringen Sie mich zum Schweigen, wenn ich etwas Unpassendes sagen –, aber Sie werden doch nicht immer so zurückgezogen und so geduldig sein?«
    Â»Doch, tatsächlich«, entgegnete Shigeru. »Ich habe mich aus Macht und Politik zurückgezogen. Ich interessiere mich nur für mein Gut und meine Ländereien.«
    Terada betrachtete ihn forschend. »Ich weiß, das sagen die Leute. Aber es gibt noch viele, die heimlich hoffen …«
    Shigeru unterbrach ihn. »Ihre Hoffnung ist vergeblich, genau wie unsere Diskussion.«
    Â»Aber diese Reise«, beharrte Terada.
    Â»Sie ist religiöser Art.« Shigeru nahm einen ernsteren Ton an. »Man hat mir von seltsamen Visionen und Erscheinungen an diesem Schrein erzählt. Ich werde dort einige Nächte allein verbringen und abwarten, ob mir etwas offenbart wird. Davon abgesehen interessiere ich mich für Ihre Arbeit, Ihr Wissen vom Meer und seinen Tieren, außerdem für die Meinungen und das Wohlergehen Ihrer Männer. Und ich reise gern.«
    Â»Ãœber meine Männer brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sie tun, was ich ihnen sage, und ich kümmere mich um sie.« Terada schmunzelte und deutete auf das Land um das Becken herum. »Hier würde ich mein Haus bauen, wenn ich auf Oshima leben würde. Sie können bis nach Hagi sehen und niemand würde Sie je ausnehmen.«
    Â»Dann ist das also Ihre Insel?«
    Â»Ich bin der Einzige, der es wagt, nach Oshima zu kommen, also gehört sie mir. Sie ist mein Schlupfloch. Wenn Ihre Onkel zu gierig werden, dann bleibe ich nicht in Hagi und zahle für ihre Verschwendung.« Er schaute kurz zu Shigeru hinüber und murmelte: »Das können Sie ihnen sagen, das ist mir egal, aber ich werde ihnen Ihre Geheimnisse nicht verraten.«
    Â»Ich werde mit meinen Onkeln über die Gerechtigkeit des Steuersystems reden«, sagte Shigeru. »Offengesagt, es hat mich schon länger beschäftigt. Aber Ihre anderen Geheimnisse sind bei mir sicher.«
    Als sie sich wieder angezogen hatten und zum Kai hinuntergestiegen waren, hatten Teradas Männer Feuer angezündet und Essen zubereitet. Mittags waren sie wieder an Bord. Terada hatte Kissen auf das Oberdeck im Heck gelegt und darauf ließ sich Shigeru nun halb dösend nieder, während die Flut das Boot zurück zur Küste trug. Das Segel flatterte im Wind, die Talismane und Amulette am Mast klimperten, die Brieftauben gurrten leise in ihren Bambuskörben.
    Teradas Sohn kam und setzte sich zu ihm mit einer der schildpattfarbenen Katzen, von denen sich Seeleute Glück erhoffen. Der Junge zeigte ihm, wie man mit einem Stück geharzter Schnur Knoten für Netze knüpft, und erzählte Geschichten über gütige Drachen und magische Fische, wobei er hin und wieder aufsprang, wenn er eine Schar Seevögel oder einen Schwarm Fische sah. Er war ein hübscher Junge, rundlich, kräftig, ganz wie sein Vater.
    Die Sonne stand tief am Himmel, als sie ans Ufer kamen. Das Licht färbte

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